Sophienlust - Die nächste Generation 3 – Familienroman. Ursula Hellwig
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»Die beiden werden vom ersten Tag an gute Freunde sein«, versicherte Fabian. »Anglos ist der friedfertigste Hund der Welt, und auch der Bernhardiner Barri ist ein ganz lieber Kerl. Es wird keine Probleme geben. Das kann ich dir versprechen. Die Hunde werden glücklich miteinander sein, ich habe endlich meine Freunde wieder bei mir, und dir wird es in Sophienlust prima gefallen. Ich glaube, es hat bisher noch nie ein Kind gegeben, das nicht gerne in Sophienlust gewesen wäre.«
Ella war unglaublich neugierig auf das Kinderheim und konnte die kommenden drei Tage, bis es endlich auf die Reise ging, kaum noch abwarten.
*
Andrea hatte den Tisch im Esszimmer gerade festlich gedeckt, als sie hörte, wie ein Wagen vorfuhr. Bei einem Blick aus dem Fenster erkannte sie Manolo und Liana da Silva, die gerade aus dem Fahrzeug stiegen und sich interessiert umschauten. Es dauerte nur Sekunden, bis Andrea das Haus verlassen hatte und bei ihren Gästen war. Auch Hans-Joachim, der gerade seinen letzten Patienten verabschiedet hatte, kam hinzu und begrüßte seine Gäste.
»Wir freuen uns sehr, dass wir euch sehen«, bekundete er. »Andrea hat zur Feier des Tages eine spanische Tortilla zubereitet, damit ihr euch vom ersten Augenblick an heimisch fühlt.«
»Das ist wirklich sehr nett.« Liana strahlte Andrea an. »Aber es wäre nicht nötig gewesen. Du sollst dir unseretwegen keine Umstände machen. Wir hätten euch beide auch in ein Restaurant einladen können.«
»Bei uns ist es viel gemütlicher als in einem Restaurant«, stellte Andrea fest. »Kommt mit, ich habe den Tisch schon gedeckt. Seid ihr eigentlich allein gekommen? Ich meine, euer Baby müsste inzwischen doch schon auf der Welt sein. Oder habt ihr euren Nachwuchs in der Obhut der Großeltern gelassen? Was ist es denn geworden, ein Junge oder ein Mädchen?«
Manolo und Liana wechselten Blicke. Dann atmete Liana seufzend aus. »Es war ein kleines Mädchen. Vier Wochen nachdem ihr damals abgereist seid, habe ich das Baby verloren. Die Ärzte haben getan, was in ihren Kräften stand, aber alle Bemühungen waren umsonst. Wie unendlich hatten wir uns gefreut. Doch dann sind wieder alle Hoffnungen zerstört worden, und diesmal sogar endgültig. Ich werde niemals wieder schwanger werden und schon gar kein Kind austragen können. Das Schicksal hat sich gegen uns verschworen.«
»Das tut mir sehr leid«, bekundete Andrea aufrichtig und nahm Liana spontan in ihre Arme. »Wir hatten uns so mit euch beiden gefreut und gehofft, dass aus euch bald eine glückliche kleine Familie wird.«
»Das haben wir auch gehofft.« Auch Manolo seufzte auf. »Aber das Leben ist eben manchmal unfair. Wir werden nicht nach unseren Wünschen gefragt. Das Schicksal entscheidet nach eigenen Plänen, die wir oft nicht verstehen können.«
Um das traurige Thema zu wechseln, bat Andrea betont heiter zu Tisch, und schon bald saßen alle beisammen und ließen sich die Tortilla schmecken. Auch der Salat, den Andrea angerichtet hatte, erfreute sich großer Beliebtheit. Nur Peterle interessierte sich relativ wenig für den Salat. Sein Augenmerk war auf das Dessert gerichtet: Pudding mit Karamellsauce.
Manolo nahm den kleinen Jungen auf seinen Schoß und fütterte ihn mit der Süßspeise. Mit seinen drei Jahren war Peter durchaus in der Lage, allein mit dem Löffel zu essen und dabei sogar erstaunlich wenig zu kleckern. Aber er hatte bemerkt, dass Manolo sein eigenes Dessert für ihn opferte, und das wollte sich der schlaue Junge natürlich nicht entgehen lassen. Zuerst durfte er die Nachspeise des netten Mannes verzehren, der zu Besuch gekommen war, und anschließend auch noch seine eigene. Da konnte man sich ruhig füttern lassen, auch wenn er sich dafür eigentlich schon viel zu groß fühlte.
»Ich habe das Gästezimmer für euch herrichten lassen und hoffe, dass ihr lange bei uns bleibt«, bemerkte Andrea. »Nette Gäste haben wir gern im Haus.«
»Wir werden mehrere Wochen bleiben«, erklärte Liana. »Aber eure Gastfreundschaft nehmen wir trotzdem nicht so lange Zeit in Anspruch. Wir freuen uns, wenn wir jeweils an den Wochenenden hier bei euch sein dürfen. Während der Woche werden wir häufig in Frankfurt sein. Ihr wisst doch, dass ich als junges Mädchen eine Ausbildung zur Hotelfachfrau absolviert habe. Das war in Frankfurt in einem der beiden Hotels meiner Tante.«
»Und jetzt wollt ihr deine Tante besuchen«, mutmaßte Andrea. »Das ist eine hübsche Idee. Dann könnt ihr auch von eurem Hotel in Galicien berichten und von all den Erfahrungen, die du dort gemacht hast.«
Liana da Silva schüttelte den Kopf. »Nein, drüber werde ich mit meiner Tante leider nicht mehr sprechen können. Sie ist vor einigen Wochen an einem Krebsleiden gestorben. Ich habe nie gewusst, dass sie krank war. Wenn wir miteinander telefoniert haben, hat sie kein Wort davon erwähnt. Auch, dass sie ein Testament zu meinen Gunsten verfasst hat, wusste ich nicht. Tante Leonie hat mir beide Hotels vererbt. Es handelt sich um große und luxuriöse Häuser mit jeweils gut sechzig Zimmern in bester Lage der Stadt. Aber es sind nicht nur die Hotels. Tante Leonie hat mir auch die Villa vermacht, die sie vor zehn Jahren hat erbauen lassen. Ich habe diese Villa noch nicht persönlich gesehen, aber der Notar hat uns Fotos und Grundrisse geschickt. Es ist ein wunderschönes Anwesen auf einem riesigen Grundstück. Es gibt vier Gästezimmer und eine Einliegerwohnung für die Haushälterin.«
»Dann seid ihr beide jetzt richtig reiche Leute«, stellte Hans-Joachim ohne jeden Neid fest. »Es wird eine ganze Weile dauern, bis ihr alles geregelt habt, bis ihr wisst, wie es mit der Leitung der Hotels weitergeht, Mieter für die Villa gefunden habt und wieder nach Galicien zurückkehren könnt.«
»Wir werden nicht mehr nach Galicien zurückkehren«, erklärte Manolo nun. »Jedenfalls nicht für immer. Selbstverständlich bleibt Galicien meine Heimat, und wir werden unsere Urlaube dort verbringen. Aber wir möchten die Hotels in Frankfurt gerne persönlich führen. Das wäre bestimmt auch im Sinne von Lianas Tante gewesen. Unser kleines Hotel in Galicien wird trotzdem nicht verfallen. Meine Eltern haben all ihr Herzblut in dieses Hotel fließen lassen und sind glücklich darüber, dass sie es weiterhin erhalten können. Mit den Nobelhotels in Frankfurt ist unser relativ kleines Haus in Galicien natürlich nicht vergleichbar. Aber Hotel bleibt Hotel. Wenn man gelernt hat, damit umzugehen, und Freude an der Arbeit hat, dürfte es nicht allzu schwer sein, auch große Häuser zu führen, so wie die beiden in Frankfurt. Wir sind beide sehr zuversichtlich, dass wir das gut bewältigen werden.«
»Daran habe ich nicht den geringsten Zweifel«, ließ Andrea sich vernehmen. »Wir können euch zu dieser Erbschaft nur gratulieren, auch wenn es natürlich immer traurig ist, wenn ein Mensch gestorben ist. Wie alt ist deine Tante Leonie denn geworden?«
»Eigentlich war sie nicht meine Tante«, gab Liana Auskunft. »Sie war die Schwester meiner Großmutter, also meine Großtante, und sie ist fünfundachtzig Jahre alt geworden. Der Tod kommt zwar immer zu früh, aber wenn jemand fünfundachtzig glückliche Jahre ohne Sorgen oder finanzielle Nöte gelebt hat und sich jeden Wunsch erfüllen konnte, dann kann man den Tod ein bisschen leichter verkraften.«
Hans-Joachim und Andrea teilten diese Ansicht, und sie hofften, dass Liana und Manolo in der Führung der Hotels ihre Erfüllung finden würden. Wenn ihnen schon der Herzenswunsch nach Kindern versagt blieb, war ihnen wenigstens beruflich ganz viel Glück zu gönnen.
*
Bis zur letzten Minute hatte Ella befürchtet, dass doch noch etwas passieren würde, was ihre Abreise verhinderte. So jung sie auch noch war, hatte sie bereits gelernt, dass man besonders dann sehr oft enttäuscht wurde, wenn man sich ganz besonders auf etwas freute. Aber dann saß sie doch endlich neben Fabian in einem Zugabteil. Gero hatte es sich zu den Füßen der beiden bequem gemacht.
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