Luisas Abenteuer. Carola Wegerle

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Luisas Abenteuer - Carola Wegerle

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Sie ist mit meinem Pferd mitgefahren. Ja, Racker. Das ist mein Pferd. – Ja, ich kann es mir vorstellen. – Frau Heimann, heute Nacht gehen hier keine Züge mehr. Aber gleich morgen früh bringe ich Ihre Tochter zum Bahnhof in die Stadt und – ja, natürlich kaufe ich ihr eine Karte, ich bitte Sie. Ja.“ Er hält Luisa das Telefon ans Ohr. „Luisa?“, ruft ihre Mutter total aufgelöst. „Luisa, bitte, sag was!“

      „Hallo Mama“, sagt sie, weil ihr absolut nichts einfällt, was sie jetzt zu ihrer Mutter sagen könnte.

      „Geht es dir gut?” „Ja, Mama, alles in Ordnung, wirklich. – Nein. Papa, äh, ja, Papa. Mach ich. Ja, klar. – Ja.“

      Sie drückt das Gespräch weg. „Ich soll Ihnen sagen, dass meine Eltern selbstverständlich für Ihre Unkosten aufkommen. - Äh, eigentlich ich. Ich verdiene nämlich.“

      „Ich weiß, bei Herrn Hauser im Reitstall.“

       „Nein, dort verdiene ich schon, aber nur die Stunden mit Racker. Ich reite ihn aus, wissen sie.“

      „Und wo verdienst du dann?“

      Racker wiehert. Seine Stimme würde Luisas über zehn Kilometer erkennen. Über zwanzig, fünfzig Kilometer ...

      „Oh bitte, ich will wieder rein zu Racker. Darf ich?“ Der Mann nickt. Sören. Er lässt sie vorangehen. Racker wendet den Kopf, schnaubt. Jans Massage scheint er jedoch zu genießen. Luisa greift nach frischem Stroh.

      Sören blickt Jan an. Dann wenden beide sich Luisa zu.

      „Jetzt kommt sie, seine ziemlich beste Idee heute“, grinst Jan. Und Sören sagt: „Wir haben ein Gästebett. Frisch bezogen. Aber wir könnten dir auch ´ne Matratze hier in den Stall legen, was meinst du?“

      Luisa strahlt. „Ja!“

      Jetzt grinsen beide natürlich schon wieder.

      „Ist natürlich nur, um Racker sanft einzugewöhnen. Eigentlich müssten wir dir etwas bezahlen, nicht du uns, wenn ich mir das recht überlege.“

      Luisa muss lachen. Jetzt lachen auch die Männer, und zwar sehr herzlich.

      „Aber Badezimmer, Essen, Trinken gibt es nur im Haus.“

      Sie ist froh für die warme Dusche. Und für die Zahnbürste, die Jan aus den Vorräten zieht. Und für die heißen Würstchen und den Früchtetee. Sogar einer aus getrockneten Früchten, nicht aus einem Beutel. Wenn es Racker auch so gut geht hier, denkt sie albern, denn sie ist total überdreht von der langen Fahrt, dann ist das schön.

      Jan stellt ihr einen kleinen Heizofen in den Stall. „Der tut auch Rackers Beinen gut“, lacht er. Die Matratze liegt schon. Und ein Kissen ist da und ein dicker Daunenschlafsack.

      „Danke! Gute Nacht.“

      Luisa umarmt Racker, dem ebenfalls die Augen zufallen. Und dann schlafen beide innerhalb von zwei Sekunden ein.

      4

      Sie schreckt hoch, weiß nicht, wo sie ist, als Sörens hellwache Stimme sie früh am nächsten Morgen aus dem Schlaf reißt, sanft an ihrer Schulter rüttelnd. Was ist – Racker! Ihr Pferd mampft Hafer. Schnaubt sie freundlich an.

      Abschied? Nein, bitte nicht! Bitte nicht! Nicht!

      „Wiedersehn, Racker“, sagt sie leise und umarmt ihn. Dann zieht sie sich ihre Schuhe an und wendet sich zur Tür der Box. Racker hält inne, wendet ihr den Kopf zu. Schnaubt. Luisa schluckt. Und stürzt aus der Tür. Racker wiehert. Luisa schluchzt auf. Sie rennt aus dem Stall. Racker trommelt mit den Hufen an die Boxenwand. Wenn das so weiter geht, braucht er bald neue Hufe, denkt Luisa unter einem Tränenfilm, und dabei ist er gerade frisch beschlagen worden.

      Racker macht Krach. Unvorstellbaren Krach. Es ist nicht leicht, bei so einem Riesenkrach des geliebten Pferdes zu gehen, es einfach im Stich zu lassen.

      Sie stoppt, kurz vor Sörens Auto, in dem Jan sitzt, um sie zum Bahnhof zu bringen. „Moment“, ist alles, was sie sagen kann, denn Jan ist so nett und hat sicher keine Zeit, lange auf sie zu warten. Und dann rennt sie zurück in den Stall und zu Racker und fällt ihm um den Hals, und Racker wird ruhig und Luisas Tränen fließen noch heftiger.

      „Racker, ich muss gehen“, sagt sie, „ich kann nicht bleiben. Sören magst du doch, nicht? Guck mal, da ist der Sören, den du magst.“ Racker schnaubt an Sören herum, findet ihn eindeutig nett, aber dass Luisa geht, hier, in einem fremden Land, und ihn allein lässt, das will er nicht. Sofort beginnt er wieder zu wiehern, aus Leibeskräften, die Wände des Stalles hallen wider. Die anderen Pferde werden unruhig.

      Sören hält Luisa am Arm fest. „Bring ihn dazu, dass er von dem Wasser trinkt. Da ist ein bisschen Valium drin, für den Übergang.“ Luisa bezweifelt, dass ihrem Quarter Valium Ruhe bringt, sie denkt an die unruhigen Stunden im Pferdehänger. Aber sie hält Racker die Wasserschüssel vor die Nase.

      „Du musst trinken, mein Schöner“, sagt sie leise zu ihm und reibt ihre Nase an seinem samtigen Maul. „Trink, bitte, mir zuliebe!“

      Endlich senkt Racker den Kopf und trinkt. Trinkt in großen Zügen, und weil er am Tag zuvor vor Aufregung ganz vergessen hatte zu trinken, kann er gar nicht mehr aufhören, und Sören zieht Luisa am Jackenärmel aus der Box und aus dem Stall und schiebt sie beinahe in sein Auto.

      „Ich bleibe lieber hier“, meint er, „Jan fährt dich. Ich glaube, ich sollte jetzt bei Racker bleiben.“

      Luisa nickt. „Sei gut zu ihm, ja?“ Denn gestern hat er ihr das „Du“ angeboten. Jan auch. Da war sie so todmüde, dass sie alles akzeptiert hätte, und jetzt muss sie wohl dabei bleiben, wenn sie nicht unhöflich sein will.

      Es ist stockfinster. Neusunderklam muss sehr abgelegen sein. Die Straße ist schmal und nahezu unbeleuchtet. Sie ist Jan dankbar, dass er sie jetzt nicht mit Feelgood-Music zudröhnt.

      Er sagt nichts. Aber er kramt im Handschuhfach, bis er Tempotaschentücher findet, und drückt sie Luisa in die Hand. Sie schnäuzt sich. „So ein kalter Wind“, sagt sie.

      „Du hast ihn sehr gern, nicht?“ Luisa schnaubt, schnäuzt sich gleich noch einmal. „Sören und ich, weißt du, wir haben gestern, als du schon im Stall warst, gedacht, dass du vielleicht in den Schulferien kommen und Racker besuchen könntest.“

      Luisa guckt ihn ungläubig an.

      „Unsere Gästezimmer hast du ja gestern nicht gesehen, aber sie sind umwerfend. Bauernmöbel, geblümte Vorhänge im Landhausstil und immer frische Blumen auf dem Tisch. Das macht Irene. Sie sorgt fürs Haus.“

      „Aber ich kann doch nicht ..., ich meine, ihr kennt mich doch gar nicht.“

      „Racker kennt dich, das ist doch genug.“

      „Aber – denkt ihr denn nicht, dass ich total durchgeknallt bin nach der Nummer im Pferdehänger gestern?“

      Jan lacht. Dann schüttelt er todernst den Kopf. „Eigentlich konnte uns doch gar nichts Besseres passieren. So hat Racker die Fahrt und die erste Nacht viel besser überstanden.“

      Das überzeugt Luisa nicht. Jan will einfach nett

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