Fürstenkrone Staffel 6 – Adelsroman. Marisa Frank
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Für sich aber hatte Rüdiger Herrenberg noch einen ganz besonderen Traum: Er wartete auf eine schöne, reiche Witwe, möglichst kinderlos, die er mit seiner Liebe und seinen juristischen Fähigkeiten glücklich machen konnte. Die zwei, drei Damen, mit denen er in den vergangenen Jahren zu tun hatte, waren ihm entweder zu alt, nicht reich genug oder nicht schön genug – und eine war sogar schon vergeben gewesen.
Als sich nun Gräfin Roswitha Sternheim einen Termin bei ihm geben ließ, war er fest entschlossen, daß sie die zukünftige Baronin Herrenberg sein sollte. Da war zwar eine Tochter – aber was man so hörte, könnte da etwas zu machen sein.
Für den heutigen Termin hatte er sich so elegant wie nur möglich gemacht und wartete nun ungeduldig auf das Erscheinen der in ihren Kreisen für ihre Schönheit – und ihr Geld! – berühmten Gräfin.
Er sprang auf, als sich die Tür öffnete und seine Sekretärin ihm Roswitha anmeldete.
»Verehrte Gräfin!« Er ging ihr mit raschen Schritten entgegen und küßte ihr die Hand, nicht ohne dabei die brillantfunkelnden Ringe zu taxieren.
»Lieber Baron«, erwiderte Roswitha mit schmelzender Stimme, »ich wäre Ihnen viel lieber auf einem Fest begegnet. Ich habe lange mit mir gekämpft, aber ich sehe keinen anderen Ausweg.«
»Was immer ich für Sie tun kann«, versicherte er und ließ seine Brillengläser feurig funkeln. Er rückte ihr den Sessel gegenüber seinem antiken englischen Schreibtisch zurecht und setzte sich selbst hinter den Schreibtisch, auf dem dekorativ die verschiedensten Akten und Bücher lagen.
Roswitha sah mit einem Blick, wie elegant und exklusiv das Büro eingerichtet war. Ihr Armani-Hosenanzug war also genau das richtige für diesen Termin.
»Was ich Ihnen anvertraue, lieber Baron«, begann sie.
»Sie können sich auf meine absolute Verschwiegenheit verlassen, Gräfin«, unterbrach er in beschwichtigendem Ton.
Sie lächelte dankbar, mit niedergeschlagenen Augen. Dann begann sie leise ihren ›sogenannten‹ Kummer vor ihm auszubreiten.
»Mein verstorbener Mann und ich…«, sie seufzte mitleidheischend, »hatten, wie Ihnen vielleicht bekannt ist, nur ein Kind. Ein Mädchen. Es…« – eindrucksvolle Pause – »war eine sehr schwere Geburt, bei der ich innere Verletzungen erlitt…«, sie schlug die Augen auf und schenkte ihm einen verzweifelten Blick, »aber das Kind – das arme Mädchen –, es kam zu Behinderungen.«
Herrenberg spitzte seine Ohren und nickte mitfühlend.
»Körperlich – und – ich kann es kaum aussprechen! – geistig.«
»Wie furchtbar«, murmelte der Baron und machte sich ein paar Notizen. Irgend etwas stimmte da nicht – er wollte die Angelegenheit überprüfen…
»Mein armer Mann – er wurde damit nicht fertig. Ich auch nicht!« Roswitha lächelte tapfer. »Aber – er weigerte sich, zuzugeben, daß Angelina – auch geistig – Sie verstehen –«
»Er wollte es nicht wahrhaben«, nickte Herrenberg. »Ich kann ihn zwar gut verstehen, aber er hat dem Kind damit keinen Gefallen getan.«
»Nicht wahr! So sehe ich das auch!« rief Roswitha, erleichtert, daß er diesbezüglich einer Meinung mit ihr war. »Und jetzt – hat er sie zu seiner Universalerbin eingesetzt.«
»Ach, um Himmels willen, Gräfin!« Herrenberg schüttelte entsetzt den Kopf.
Da war etwas ganz unglaublich faul.
»Nach einem Studium, das sie befähigt, die Betriebe meines lieben, verstorbenen Robert weiterzuführen, soll sie alles übernehmen: Schloß, Gut, Wälder, Industriebeteiligungen. Für mich bleibt eine Apanage, ein begrenztes Wohnrecht, vorläufig noch auf Sternheim, später in unserem Stadtpalais. Ich meine, sobald Angelina übernimmt.«
»Tz-tz-tz!« machte Herrenberg und schüttelte wieder erschüttert den Kopf.
»Selbstverständlich möchte ich, daß es Angelina an nichts fehlt, aber wie kann sie diesen Besitz verwalten? Führen? Und aus mir unverständlichen Gründen haßt sie mich. Was, um Gottes willen, lieber Baron Herrenberg, raten Sie mir?«
Tja, einfach war das nicht. Herrenberg dachte nach und klopfte mit seinem goldenen Füller nachdenklich auf die Lederplatte seines eleganten Schreibtisches.
»Hm, haben Sie eine entsprechende Ausbildung, Gräfin?«
»Du liebe Zeit, nein! Ich war ja noch ein halbes Kind, als ich heiratete – viel zu früh«, setzte sie kaum hörbar hinzu.
Er nickte wieder mitfühlend. Man glaubte es ihr gerne – solange man nicht den eiskalten, harten Ausdruck ihrer Augen sah. Aber ihm gefielen solche Frauen. Keine Hausmütterchen, sondern solche, die ihre Rechte zu wahren wußten, im Leben ihren Mann standen.
»Ich werde darüber nachdenken, wie wir das am besten anfassen«, sagte er und betrachtete sie prüfend. »Wir brauchen für die – hm – geistige Schwäche Ihrer Tochter mindestens ein ärztliches Attest. Und Sie müssen beweisen, daß Ihnen Helfer zur Seite stehen, die imstande sind, ein Vermögen dieser Größe zugunsten Ihrer Tochter und selbstverständlich auch zu Ihren Gunsten zu verwalten.«
»Ich verstehe«, hauchte Roswitha und sah ihm in seine Brillengläser, die, spiegelnd, den Ausdruck seiner Augen verbargen. »Dürfte ich auf Ihren Rat hoffen?«
»Nichts lieber, als einer so bezaubernden Frau zur Seite zu stehen!« versicherte Herrenberg schwungvoll. »Haben Sie Ihre Unterlagen dabei? Das Testament, ärztliche Bescheinigungen…«
»Dummerweise gibt es keine ärztlichen Atteste, da, wie gesagt, mein armer Robert sich dagegen sträubte, das Unglück zu akzeptieren.«
»Aha«, murmelte Herrenberg und überlegte fieberhaft, wie er es am geschicktesten anstellen könnte, um das Ziel der schönen, habgierigen Gräfin zu seinem eigenen zu machen.
»Wo ist Ihre Tochter jetzt?«
Ein tiefer Seufzer.
»Mein Mann gab sie in ein Internat.« Sie nannte den Namen der bekannten Schule. »Dort ist sie immer noch.«
»Und wie kommt sie dort zurecht?«
Gräfin Roswitha zuckte die Achseln.
»Solange sie sechs, sieben war, ging es einigermaßen. Seit sie in die Pubertät kam – vor zwei Jahren – es fiel mit dem Tod meines Mannes zusammen…« Wieder hob sie die Schultern.
»Ich verstehe«, murmelte der Baron. »Würden die Schwestern…?«
»Niemals!« unterbrach Roswitha ihn scharf. »Die hoffen darauf, daß sie dem Orden beitritt, um bei der Gelegenheit das gesamte Vermögen einzustreichen.«
»Jaja, die Mutter Kirche hat einen großen Magen!« zitierte Herrenberg.
Die Gräfin lachte ungeduldig.
»Selbstverständlich bin ich eine gläubige Christin, aber ich gestehe freimütig, daß ich trotzdem etwas vom Leben haben will. Mehr wie Princess Diana – weniger wie Mutter Theresa«, schloß sie mit leicht spöttischem Unterton.
»Es