Signaturen der Erinnerung. Thomas Ballhausen

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Signaturen der Erinnerung - Thomas Ballhausen

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die die künstlerischen Potentiale des dargebotenen Mediums unterstützen, wenn nicht sogar gänzlich hervorbringen soll. Um Juliane Rebentisch zu zitieren:

      „Das geringste Problem hierbei ist allerdings die buchstäbliche, das heißt körperliche Immobilisierung des Zuschauers im Kino, von der Boris Groys meint, sie schon führe zwangsläufig zu intellektueller Immobilität. Denn die Möglichkeit einer aus der Latenz der Produktivität einer ästhetischen Erfahrung freigesetzten Bewußtseinstätigkeit ist nicht an die körperliche Bewegungsfreiheit des einzelnen Betrachters gebunden. Sie ist selbstverständlich prinzipiell auch im Kino möglich. Dafür steht nicht nur der Experimental- oder Kunstfilm. Die Bewußtseinstätigkeit des Zuschauers kann sich prinzipiell auch im klassischen Erzählkino so steigern, daß die Filmerfahrung vom traumähnlichen Zustand der Unterhaltung schließlich in eine qualitativ andere, eine ästhetische Erfahrung umschlagen mag. (…) Was dadurch, daß der Betrachter der Installation Beziehungen zu dieser beziehungsweise zwischen deren Elementen auch durch seine körperliche Aktivität herstellt, aber in besonderer Weise reflexiv thematisch wird – also dadurch, daß er sich in ihr bewegt und aus verschiedenen Perspektiven schaut –, ist der generell selbstreflexiv-performative Charakter der in unserem Sinne ästhetischen (Film-)Erfahrung. Wie in der Konfrontation mit der Minimal Art scheint auch in der Filminstallation dieser Grundzug ästhetischer Erfahrung besonders hervortreten zu können.“ (Rebentisch, 2003, 189f.)

      Hier spiegelt sich die Aufforderung an das gesamte Publikum zur Teilhabe und Interaktivität, die deutliche Einladung an den Vereinzelten zur intellektuellen und körperlichen Begehung des skulpturalen Raum(bild)s. Das Bild selbst, das von vermeintlicher Immaterialität geprägt ist – spart man archivtheoretische Aspekte an diesem Punkt aus –, verbindet sich in seinem Kippen von Zeitlichkeit in Räumlichkeit spielerisch mit drei konzeptuellen Strängen: Es sind die Stränge des eigentlichen künstlerischen Akts, des Kontextes und schließlich der zuvor schon erwähnten, jeweiligen Aufführungsform. In dieser Grenzsituation entstehen neue Bildformen, die produktive Wechselbeziehung mit dem klassischen Filmmedium wird durch das reflexive Vermögen des Videos erneuert und auf gesamtgesellschaftliche Zusammenhänge hin ausgebaut. Die Reflexion reicht dabei von der simplen Abrufbarkeit über die Installation, bis hin zur hautnahen Performance.

       1.4.5 Freiheit vs. Tugend

      Die (bissige) Zeit taucht im Rückspiegel auf, die Geschichte im past imperfect – so wie sie uns im Film erscheint, so wie sie im Kino wiederaufgeführt wird. Die Wirklichkeit tritt uns als Geflecht entgegen, die ihr entgegengesetzte Widerständigkeit steht in einem Verhältnis zur Macht, aus der sie sich schöpft. Nicht weniger Geflecht als die sogenannte Realität, ist diese Widerständigkeit kein monolithisches Massiv, sondern eher eine Vielzahl von Punkten, Aktionen und eben auch Filmen. Was also ist das Schicksal im Nachbeben, was ist das Schicksal der Bilder, die uns einzuholen drohen, uns erinnern? Utopia kann – unabhängig von ihrer Anschaulichkeit, die Diedrich Diederichsen (Diederichsen, 2008) prägnant herausgearbeitet hat – nicht uneingeschränkt eingelöst werden, es kann immer nur eine Richtung, eine Zielvorgabe sein. Dieses Potential des Uneingelösten sollte zu unserem Vorteil gewendet werden, es kann im Rahmen einer Verlebendigung der Bilder zum Einsatz kommen. Nicht nur die Künste haben einander viel zu geben, Film als ständig neu zu erschließendes Mysterium hat der Gesellschaft etwas zu geben, er gibt es ihr freimütig und manchmal eben auch frech. Sich der die Künste betreffenden Debatte Freiheit vs. Tugend zu stellen, macht schließlich auf zweierlei aufmerksam: Einerseits, dass wir wohl nicht leicht davonkommen werden; andererseits, dass wir die Hände frei haben, dass wir also Spuren zu sichern, zu denken und zu fragen haben: Ein kritischer Blick und gefährliche Fragen sind unsere Instrumente, unser (hoffentlich) intellektueller und intelligibler Werkzeugkasten, der das Archiv zum Ort der Wertschöpfung, zur Fabrik des Denkens und Träumens machen kann. Solange wir etwas bewegen können und wollen, wir als Filmmenschen der Öffentlichkeit und dem Medium verpflichtet sind, werden wir auch der Zweiwertigkeit der Bilder – um einen Gedanken von Jacques Rancière aufzunehmen – gerecht werden können: ihrer materiellen, zu bewahrenden physischen Präsenz und ihrer mitunter verschleierten Geschichtsschreibung. Nicht jeder Film nimmt uns in unerwünschte Geiselhaft; so wie der Film uns fesselt, so macht er uns hoffentlich auch freier, leitet zum Denken an, lädt zum Wünschen und Sehnen ein. Die immer noch gültige und wirksame Macht des Zeigens und Bezeichnens transformiert ein problematisches history repeating zur akzentuierten, sich wandelnden repeating history der Filmrollen. Es ist alles sehr ernst geworden, so, als wäre es nicht ohnehin immer schon ernst gewesen. Erinnern wir uns an die Möglichkeit (und Begrenztheit) der Künste, insbesondere Literatur und Film, nicht nur rückwärtsgewandte Prophetie oder Zustandsanalyse zu bieten, sondern auch einen prägnanten Ausblick auf das Kommende. Das an den Anfang gestellte Bekenntnis, die Versicherung der andauernden Lebendigkeit des Mediums Film und des Aufführungssystems Kino, kann uns von der past perfect hin zur Zukunft, vielleicht sogar in Richtung einer future (almost) perfect, begleiten. Es liegt (immer noch) ganz bei uns.

2. REGELN UND RELATIONEN

       2.1 Korrektiv und Bildverschiebung: 1895, Pöch, Freud, Röntgen und Kino

       2.1.1 Geister sehen. Zur Veränderung der visuellen Kultur und ihrer (Seh-)Räume um 1895

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