Mami Bestseller 60 – Familienroman. Rosa Lindberg

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Mami Bestseller 60 – Familienroman - Rosa Lindberg страница 2

Mami Bestseller 60 – Familienroman - Rosa Lindberg Mami Bestseller

Скачать книгу

entgegnete Juliane und hätte am liebsten ihr ganzes Gesicht in den Strauß gesteckt. »Hier…« Annegret reichte ihr ein Cellophanpäckchen.

      »Was ist das?«

      »Blumenfrisch, das kriegt man gratis dazu, wenn der Strauß teurer als zwanzig Euro ist!«

      Juliane mußte lachen, wie sie oft über Annegret lachen mußte. Der Tag, an dem sie Annegret kennengelernt hatte, in einer dunklen Stunde ihres kleinen Lebens, konnte einem zweiten Geburtstag gleichgestellt werden. Niemals vorher hatte sie gewußt, was es war, eine wirkliche Freundin zu haben. Einen Kameraden, einen Kumpel, der da war, wenn man ihn brauchte. Hinzu kam noch, daß Annegret zu der speziellen Sorte Mensch gehörte, die nicht viel Fragen stellten, nicht neugierig waren und sich nicht anmaßten, Urteile abzugeben über das Verhalten und die Art ihrer Mitmenschen. Was weiter wichtig war, war die Distanz, die immer noch zwischen ihnen bestand, bei aller Freundschaft. Eine Art Freiraum, den man nur auf Aufforderung betrat, ihn aber niemals verletzte.

      »So viel Geld!« meinte Juliane, genoß aber dabei das Gefühl von Luxus, einen solchen Strauß zu besitzen.

      Sie bemerkte den aufmerksamen Blick Annegrets und die kleine aber steile Falte zwischen deren schmalen dunklen Brauen und fragte:

      »Ist irgend etwas mit mir?«

      Annegret entledigte sich ihres Blazers und warf ihn achtlos irgendwohin. Wenn man sie so betrachtete, wie sie mit ihren Sachen umging, verwunderte es jeden, der sie nicht näher kannte, daß sie trotzdem stets aussah wie aus dem Ei gepellt.

      Selbst für Juliane ein kleines Phänomen.

      »Nichts, Mütterchen«, antwortete Annegret, »es ist nur einfach eine Schande!«

      Juliane hatte ein Vase hochgenommen, um die Blumen hineinzutun.

      »Eine Schande?« fragte sie verwundert und sah sehr jung aus mit den halb angehobenen Armen, in der rechten Hand die Vase, in der linken die Blumen.

      »Ja«, Annegret zog die hochhackigen Schuhe aus, stieß sie aus dem Weg und war auf der Stelle klein und zart, »daß eine Frau von deiner Schönheit nicht von den Männern mit Blumen bombardiert wird! Rosen! Orchideen! Du müßtest…«

      Mit raschen Schritten ging Juliane zur Tür, die zur Küche führte. Unter dem Rauschen des Wassers rief sie:

      »Höre mir auf mit Männern! Mir reicht meine eine Erfahrung.«

      Annegret stand jetzt in der Tür, lässig gegen den Rahmen gelehnt und die Arme vor der Brust verschränkt.

      »Eine ist entschieden zuwenig!«

      »Drei Kinder sorgen dafür, daß es bei der einen bleibt!«

      »Bist du eigentlich unglücklich?«

      Juliane war so überrascht, daß sie mitten in der Bewegung erstarrte.

      »Unglücklich?«

      »Genau. Also?«

      »Nein«, Juliane ordnete die Blumen, die, von ihrer Verschnürung befreit, jetzt erst ihre ganze Schönheit entfalteten, »nein…«, wiederholte sie noch einmal, »jetzt nicht mehr.«

      »Bist du sicher?«

      Juliane lächelte und dachte an die drei, die jetzt noch im Krankenhaus waren und die ihr gehörten und auch sonderbarerweise nur ihr ähnelten. Sie hatte einen weltfernen Augenausdruck bekommen, und Annegret, die überzeugte Junggesellin und erfolgreiche Karrierefrau, hatte für einige Wimpernschläge lang das Gefühl, daß Juliane hätte sie fragen müssen, ob sie eigentlich unglücklich sei! Und nicht umgekehrt. Sonderbarer Gedanke! Sie verscheuchte ihn.

      »Ganz sicher!« antwortete Juliane da, hob die Vase an und trug sie ins Wohnzimmer.

      Annegret folgte ihr auf Strümpfen.

      »Und wenn er zurückkäme?« fragte sie beiläufig, »könnte doch sein…«

      Juliane sah die Freundin an und lächelte noch einmal.

      »Ich liebe ihn nicht mehr…«, war ihre ruhige Antwort, und damit war alles gesagt.

      Während sie den Sekt öffnete und Gläser holte, fragte Juliane sich, ob sie Joachim wirklich nicht mehr liebte. Nein!

      Er hatte alles zerstört. Alles.

      Damals, ja, damals, da hatte sie geglaubt, kein Mensch auf der Welt könne unglücklicher sein als sie. Sie hatte es nicht begreifen können, daß Joachim fortging. Fort von ihr, fort von den Kindern.

      Sie hatte auf der Brücke gestanden, die über den Fluß führte; mitten in der Nacht hatte sie dort gestanden und hinuntergestarrt in das träge fließende Wasser. Es lockte in seiner Trägheit, lockte, ruheversprechend und fließend: komm – komm – und sie hatte tatsächlich so etwas verspürt wie Todessehnsucht.

      Dann hatte ein Wagen am Straßenrand gehalten, eine Tür war aufgegangen und eine Frauenstimme hatte gesagt:

      »Ich würde es nicht tun…«

      Juliane drehte den Kopf in Richtung der Stimme und sah in ein schmales Gesicht mit großen dunklen Augen. Es war ein junges Gesicht, ebenso jung wie sie ihr eigenes.

      »Tun…?« hatte Juliane verständnislos gefragt und bemerkte erst dann, daß sie mit beiden Händen die steinerne Brüstung umfangen hielt, als wolle sie sich daraufschwingen zum Absprung in die Tiefe. Sie nahm die Hände zurück.

      Die Frau wies mit dem Kopf, ohne dabei Julianes Augen loszulassen, hinab zum Wasser des Flusses.

      »Sie wollten doch hinunterspringen, oder?«

      Die Stimme war ganz sachlich, die so etwas Ungeheuerliches aussprach.

      »O nein, nein – nein…« Juliane mußte nach Atem ringen.

      »Dann«, vermutete die junge Frau ruhig, »haben Sie aber bestimmt mit dem Gedanken gespielt.«

      Juliane hatte wild den Kopf geschüttelt, und die Frau lächelte nur.

      »Ich fahre Sie nach Hause«, sagte sie dann, und sie sagte das so bestimmt, daß Juliane ihr, die auf den Wagen zuging, ohne sich nach ihr umzusehen, folgte. Ganz automatisch.

      Es war ein kleiner Wagen mit einem verblüffend lauten Motor.

      »Wo wohnen Sie?«

      Juliane nannte die Adresse, und ihr wurde siedend heiß. Denn zu Hause, das hieß: Die Kinder, die ahnungslos in ihren Betten schliefen. Und sie – sie hatte – o Gott!!

      Hemmungslos begann sie zu weinen.

      »Weinen Sie nur«, sagte die Frau, die den kleinen Wagen durch die nächtliche Stadt steuerte, als wäre das die natürlichste Sache der Welt.

      »Es – es ist…«, begann Juliane, doch sie wurde unterbrochen:

      »Sie brauchen mir nichts zu sagen, wenn Sie es nicht wollen oder können…«, ein Blick hatte sie gestreift, »vielleicht später einmal. Ja? Einverstanden?«

Скачать книгу