Agnes Grey. Anne Bronte
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Durch diese Mittel hoffte ich, mit der Zeit sowohl den Kindern zu nützen als auch die Billigung der Eltern zu erlangen und außerdem meine Lieben zu Hause zu überzeugen, dass es mir nicht so an Geschick und Klugheit mangelte, wie sie dachten. Ich wusste, dass die Schwierigkeiten, mit denen ich zu kämpfen hatte, groß waren, aber ich wusste auch – ich glaubte es zumindest –, dass sie mit unerschütterlicher Geduld und Ausdauer zu überwinden waren, und für dieses Ziel erbat ich abends und morgens göttlichen Beistand. Aber entweder waren die Kinder so unverbesserlich, die Eltern so unvernünftig oder ich verschätzte mich mit meinen Plänen oder war nicht fähig, sie zu verwirklichen: Meine besten Absichten und größten Bemühungen waren anscheinend nur dazu angetan, bei den Kindern Belustigung, bei den Eltern Unzufriedenheit und bei mir Qualen hervorzurufen.
Der Unterricht war für Körper und Geist gleichermaßen anstrengend. Ich musste hinter meinen Schülern herlaufen und sie einfangen, sie zum Tisch tragen oder zerren und sie dort oft mit Gewalt festhalten, bis eine Aufgabe erfüllt war. Häufig stellte ich Tom in eine Ecke und setzte mich auf einen Stuhl vor ihn, in der Hand das Buch mit dem Absatz, den er aufsagen oder lesen sollte, ehe ich ihn wieder freiließ. Da er nicht stark genug war, mich und den Stuhl beiseitezuschieben, stand er da und verzerrte Körper und Gesicht in den phantastischsten und seltsamsten Verdrehungen – die für einen unbeteiligten Zuschauer sicher komisch gewesen wären, aber nicht für mich – und gab lautes Geheul und empörte Schreie von sich, die Weinen vortäuschen sollten, aber von keiner einzigen Träne begleitet wurden. Ich wusste, dass er das nur tat, um mich zu reizen, und bemühte mich deshalb, sosehr ich im Innern vor Ungeduld und Ärger auch zitterte, alle äußeren Anzeichen von Unmut tapfer zu unterdrücken, und gab vor, vollkommen ruhig und gleichgültig dazusitzen und abzuwarten, bis es ihm gefiel, seinen Spaß zu beenden und seine Bereitschaft zu einem Lauf durch den Garten zu signalisieren, indem er seinen Blick aufs Buch richtete und die wenigen Worte las oder wiederholte, die von ihm verlangt wurden. Manchmal hatte er sich vorgenommen, seine Schreibaufgabe besonders schlecht zu machen, und ich musste seine Hand festhalten, um ihn daran zu hindern, die Blätter absichtlich zu beklecksen oder zu verderben. Ich drohte ihm häufig, er müsse noch eine zusätzliche Zeile schreiben, wenn er sich nicht bessere; daraufhin lehnte er es störrisch ab, auch nur diese eine Zeile zu schreiben, und um Wort zu halten, musste ich schließlich zu dem Mittel greifen, seine Finger um den Federhalter zu pressen und seine Hand mit Gewalt auf und ab zu führen, bis die Zeile trotz seines Widerstands beendet war.
Aber Tom war keinesfalls der schwierigste meiner Schüler; zu meiner großen Freude hatte er ab und zu so viel Verstand einzusehen, dass es die beste Taktik war, seine Aufgaben zu erledigen, nach draußen zu gehen und sich zu vergnügen, bis ich und seine Schwestern ihm folgten, wozu es oft überhaupt nicht kam, weil Mary Ann in dieser Hinsicht nicht sein Beispiel nachahmte: Sich auf dem Boden herumzuwälzen, zog sie jedem anderen Zeitvertreib vor. Wie ein bleiernes Gewicht ließ sie sich fallen, und wenn es mir mit vieler Mühe gelungen war, sie hochzuziehen, musste ich sie immer noch mit einem Arm aufrecht halten, während ich mit der anderen Hand das Buch hielt, aus dem sie ihre Lektion lesen oder buchstabieren sollte. Wenn das ganze Gewicht des großen sechsjährigen Mädchens für den einen Arm zu schwer wurde, hielt ich sie mit dem anderen, oder, wenn beide von der Last lahm waren, schleppte ich sie in eine Ecke und sagte ihr, sie dürfe aufstehen und herauskommen, wenn ihr klar geworden wäre, wozu Füße zu gebrauchen seien; aber im Allgemeinen blieb sie lieber bis zum Mittagessen oder Tee wie ein Hund dort liegen, um dann – ich konnte ihr ja nicht die Mahlzeiten vorenthalten und musste sie gehen lassen – mit einem triumphierenden Grinsen auf ihrem runden, roten Gesicht hervorzukriechen. Oft weigerte sie sich hartnäckig, ein bestimmtes Wort ihrer Lektion auszusprechen; und heute tut es mir leid um die vergebliche Mühe, die mich der Versuch gekostet hat, ihren Starrsinn zu brechen. Wenn ich alles als nebensächlich behandelt und übergangen hätte, anstatt, wie ich es tat, umsonst zu versuchen, die Schwierigkeiten zu überwinden, wäre es für beide Seiten besser gewesen. Aber ich hielt es für meine unbedingte Pflicht, diese schlechte Veranlagung im Keim zu ersticken, und das war es ja auch, wenn ich es nur vermocht hätte; und wären meine Befugnisse nicht so begrenzt gewesen, hätte ich sicher Gehorsam erzwingen können, aber wie die Dinge lagen, war es ein einziger Machtkampf zwischen ihr und mir, aus dem sie im Allgemeinen siegreich hervorging, und jeder Sieg trug dazu bei, sie für den nächsten Zwist zu ermutigen und zu stärken. Vergebens argumentierte, schmeichelte, flehte, drohte, schimpfte ich; vergebens hielt ich sie im Haus und vom Spiel fern oder lehnte es ab, wenn ich dazu gezwungen war, sie mit nach draußen zu nehmen, mit ihr zu spielen, freundlich mit ihr zu sprechen oder überhaupt etwas mit ihr anzufangen; vergebens versuchte ich, ihr die Vorteile vor Augen zu führen, die es für sie hätte, wenn sie gehorchte und dafür geliebt und gut behandelt würde, und die Nachteile, wenn sie auf ihrem dummen Eigensinn bestünde. Wenn sie mich manchmal bat, das eine oder andere für sie zu tun, antwortete ich:
»Ja gern, Mary Ann, wenn du nur erst das Wort sagst. Komm, am besten sagst du es gleich und hast keinen Ärger mehr damit.«
»Nein.«
»Dann kann ich natürlich auch nichts für dich tun.«
Als ich so alt war wie sie oder noch jünger, war es die schlimmste aller Strafen für mich, wenn man sich nicht um mich kümmerte und mir die Zuneigung entzog, aber auf sie machte derlei keinen Eindruck. Manchmal, wenn ich mich bis zum Äußersten verausgabt hatte, schüttelte ich sie heftig bei den Schultern, zog an ihrem langen Haar oder stellte sie in die Ecke, wofür sie mich mit lautem, schrillem Geschrei bestrafte, das wie ein Messer in meinen Kopf stach. Sie wusste, dass ich das hasste, und wenn sie aus Leibeskräften geschrien hatte, sah sie mich mit rachsüchtiger Genugtuung an und rief: »Na, sehen Sie, das ist für Sie!« Und dann schrie sie immer wieder, bis ich mir die Ohren zuhalten musste. Dieses fürchterliche Gekreische veranlasste Mrs. Bloomfield häufig, heraufzukommen und zu fragen, was denn los sei.
»Mary Ann ist ein ungezogenes Mädchen, Madam.«
»Aber weshalb dieses schreckliche Geschrei?«
»Sie schreit aus Zorn.«
»Noch nie habe ich ein so fürchterliches Gebrüll gehört! Sie werden sie noch umbringen. Warum ist sie nicht mit ihrem Bruder draußen?«
»Ich kann sie nicht dazu bringen, ihre Aufgaben zu beenden.«
»Aber Mary Ann muss doch ein braves Mädchen sein und ihre Aufgaben machen.« Dies sagte sie in sanftem Ton zu dem Kind. »Und ich werde hoffentlich nie mehr ein derart schreckliches Geschrei hören!«
Und dann heftete sie ihre kalten, starren Augen mit einem unmissverständlichen Blick auf mich, schloss die Tür und ging wieder.
Ab und zu versuchte ich, das kleine störrische Wesen zu überrumpeln, und fragte beiläufig nach dem Wort, während sie an etwas anderes dachte, und häufig fing sie auch wirklich an, es auszusprechen, um dann plötzlich mit einem herausfordernden Blick innezuhalten, der zu besagen schien: »Pah! Für Sie bin ich doch etwas zu schlau, und Sie kriegen es auch mit List nicht aus mir heraus.«
Bei einer anderen Gelegenheit gab ich vor, das Ganze zu vergessen, und redete und spielte mit ihr wie immer bis zum Abend, als ich sie zu Bett brachte. Während sie zufrieden lächelnd und gut gelaunt dalag, beugte ich mich, bevor ich ging, über sie und sagte so heiter und freundlich wie zuvor:
»Komm, Mary Ann, sag das Wort, und dann gebe ich dir deinen Gutenachtkuss; du bist jetzt ein braves Mädchen und willst es bestimmt sagen.«
»Nein, ich will nicht.«
»Dann