Sophienlust Extra 13 – Familienroman. Gert Rothberg

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Sophienlust Extra 13 – Familienroman - Gert Rothberg Sophienlust Extra

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denke immer, hier sind zu viele Kinder für Marietta. Sie findet doch keinen Kontakt zu uns, aber sie liebt Tiere. Diese scheinen in ihren Augen bessere Freunde zu sein. Das siehst du doch an ihrer Liebe zu Tuck. Bei Andrea könnte sich Marietta mit allen Tieren von ›Waldi & Co.‹ anfreunden. Das wäre vielleicht ein Weg, sie endlich einmal etwas aus ihrer Reserve herauszulocken. Was hältst du davon, Nick?«

      Der Junge sprang vom Rand des Springbrunnens. »Ich kann ja mit Mutti und mit Andrea mal sprechen. Willst du mitkommen?«

      »Selbstverständlich.«

      Pünktchen stand auch bereits auf dem Boden. Aber jetzt horchte sie auf. »Was ist denn das für ein Geschrei? Da muss etwas passiert sein.«

      »Marietta kommt angerannt.« Auch Nick war erschrocken.

      Pünktchen lief dem laut weinenden Kind entgegen. Sie sah es zum ersten Mal in dieser Verfassung. In den vierzehn Tagen, die Marietta nun schon in Sophienlust war, hatte sie noch nicht einmal geweint. »Marietta, was ist denn?« Pünktchen fing das Mädchen auf.

      »Mein Tuck … mein Tuck …«, stieß Marietta hervor.

      »Was ist mit deinem Tuck, Marietta? So sprich doch! Sollen wir dir helfen?« Pünktchen kämpfte selbst schon mit den Tränen. Auch wenn sie noch gar nicht wusste, warum sich Marietta so aufregte.

      »Ja, ihr müsst … Tuck suchen … Er ist fort.« Marietta zeigte mit ausgestrecktem Arm auf die hohen Baumwipfel. »Dort oben … Er kommt nicht mehr zurück.«

      Nick und Pünktchen sahen einander ratlos an. Was sollten sie tun? Wenn Tuck nicht auf Mariettas Rufen zurückkam, konnte ihn auch ein anderer nicht zur Rückkehr bewegen.

      »Tuck wird nur einen kleinen Ausflug gemacht haben, Marietta«, versuchte Pünktchen das Kind zu trösten. »Komm, zeige uns den Baum, auf den er entwischt ist. Wenn du dich darunterstellst, wirst du sehen, dass Tuck wieder zu dir zurückkommt. Etwas anderes gibt es doch gar nicht.«

      »Natürlich kommt er wieder zu dir zurück«, versicherte auch Nick, um Pünktchens Ansicht zu bekräftigen. Aber seine Stimme klang dabei nicht sehr überzeugt.

      »Nein!« Marietta schüttelte den Kopf. »Tuck kommt nicht mehr zurück. Ihm gefällt es nicht in Sophienlust.« Jetzt drückte sich Marietta ganz fest an Pünktchen und versteckte ihr tränenüberströmtes Gesicht bei ihr. Dumpf und abgerissen kamen ihre nächsten Worte: »Er ist höher … immer höher … geklettert. Er hat gar nicht mehr auf mich gehört …« Marietta drehte sich um. In ihren Augen stand große Verzweiflung.

      »Komm!« Pünktchen nahm Mariettas Hand. »Wir gehen unter den Baum.« Sie zog das Kind über den Rasen, bis es selbst auf drei hohe dickkronige Eichen zustrebte.

      Jetzt hob Marietta die Hand. »Dieser Baum war es. Aber ich sehe Tuck nicht mehr. Jetzt ist er schon ganz fort. Tuck, Tuck!«, rief sie laut.

      Das lockte auch die anderen Kinder herbei. Bald liefen alle durch den Park und suchten die Bäume ab. Doch auf keinem konnten sie das zahme Eichhörnchen entdecken.

      Denise von Schoenecker stand am Fenster eines Zimmers im ersten Stock. Sie hatte beobachtet, was im Park passiert war. Doch sie traute sich nicht hinunter. Niemand konnte Marietta jetzt helfen. Denise war überzeugt, dass Tuck nicht zurückkehren würde. Vor Kurzem erst hatte ihr Schwiegersohn, der Tierarzt Dr. von Lehn, gesagt: »Einmal muss sich in diesem Eichhörnchen der Naturtrieb bemerkbar machen, auch wenn es nicht in der Freiheit der Natur aufgewachsen ist.«

      Nun schien es soweit zu sein. Resigniert dachte Denise von Schoenecker: Und das musste gerade auf Sophienlust passieren. Nun wird dem Kind der Aufenthalt hier noch mehr verleidet sein.

      An diesem Tag kam im Kinderheim niemand mehr zur Ruhe. Bis zum Abend suchten alle das Eichhörnchen Tuck. Selbst der alte Justus beteiligte sich an der Suche. Zwar wollte niemand glauben, dass ein Eichhörnchen auf das Rufen zurückkommen würde.

      Als es draußen dunkel war, saß das Mädchen zusammengekauert im Aufenthaltsraum. So seltsam manche Kinder Marietta bisher gefunden hatten, jetzt litten sie alle mit ihr. Wollte jemand Marietta einreden, Tuck könne ja morgen noch zurückkommen, schüttelte sie nur stumm den Kopf. Man sah ihr an, dass sie keine Hoffnung mehr hatte.

      Marietta behielt recht. Niemand sah das Eichhörnchen Tuck noch einmal im Park von Sophienlust. Es schien sich gleich in die große weite Welt hinausgewagt zu haben und dort seine Freiheit zu genießen.

      Pünktchen schimpfte erbost: »So undankbar kann auch nur ein Tier sein. Hat es Tuck bei Marietta nicht schöner gehabt als draußen? Vor allem auch im Winter? Was meint ihr, wie da die Eichhörnchen manchmal hungern müssen, wenn sie nicht genug Vorrat haben. Und manche sind auch noch so dumm, zu vergessen, wo sie ihre Nüsse, Bucheckern und Eicheln versteckt haben. Ja, das könnt ihr glauben. Das haben wir in der Schule gelernt. Es kann aber auch so viel Schnee geben, dass die Eichhörnchen nicht mehr an ihre Vorräte herankommen. Das alles wäre Tuck erspart geblieben. Aber nein, er muss ausreißen.«

      Dominik blinzelte Pünktchen zu. »Vielleicht, weil er nicht ganz so gescheit ist wie du, Pünktchen.«

      Pünktchen war erbost. Aus dem Herzen heraus und weil sie sich mit Dominik gern bis zum Streit neckte, sagte sie: »Du kannst dich leicht lustig machen. Du hast ein Pferd, das dir nicht abhaut. Die Ponys und Hunde hauen auch nicht ab. Versuch halt erst mal, ein Eichhörnchen zu zähmen.«

      »Siehst du, Pünktchen, das ist es ja! So etwas versucht man erst gar nicht. Nick tat überheblich. »Eichhörnchen sind keine Haustiere. Das hat sich eben wieder einmal bewiesen. Und als Wunder sollte man es auch nicht ansehen, wenn es einmal gelingt, so ein kleines junges Ding für einige Zeit an einen Menschen zu gewöhnen. Der Naturtrieb und der Instinkt treiben es dann doch wieder in die Freiheit zurück.«

      Pünktchen fegte mit der Hand durch die Luft. »Behalte deine Weisheiten für dich, Nick. Damit hilfst du uns nicht. Außerdem stammen die doch nur von deinem Schwager, dem Herrn Tierarzt. Lass uns Mädchen jetzt allein. Wir müssen beraten, wie wir Marietta helfen können.«

      Nick ging zur Tür. Was blieb ihm auch anderes übrig, wenn die Mädchen ihn fortschickten? »Als ob bei euren großen Sitzungen schon einmal etwas herausgekommen wäre«, rief er erbost, als er bei der Tür angekommen war.

      »Einmal wird etwas dabei herauskommen«, gab Vicky schlagfertig zurück. »Aber du könntest wirklich auch etwas tun. Du bist doch ein sportlicher Typ. Such mal die Bäume im Park nach Tuck ab.«

      »Ja«, rief Angelika, »oder fange für Marietta ein anderes Eichhörnchen ein.« Schon begeisterte sie sich an diesem Gedanken. »Das wäre doch die Rettung. Ein fuchsrotes Eichhörnchen, Nick. Die sehen doch alle ziemlich gleich aus. Marietta würde es dann vielleicht nicht merken, dass das neue Eichhörnchen nicht ihr Tuck ist.«

      Nick war an der Tür stehen geblieben. Jetzt lehnte er sich dagegen und seufzte so tief, dass es durch das ganze Zimmer klang. »Und ich lasse mir die Finger durchbeißen, was? Die brauche ich morgen sehr nötig. Für meine Lateinex.«

      »Ist vielleicht besser, du könntest sie nicht mitschreiben.« Vicky forderte ihn von neuem heraus.

      »Bei euch piepst’s da oben ganz schön.« Nick tippte sich an die Stirn. »Am meisten bei Pünktchen, aber bei dir, Vicky, und bei dir, Angelika, auch nicht weniger. Und denken könnt ihr nicht einmal von gestern auf heute. Selbst wenn ich ein Eichhörnchen einfangen könnte, meint ihr dann, das würde so zahm sein wie Mariettas Tuck? Nein, jetzt gehe ich wirklich,

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