Corona Magazine #353: April 2020. Uwe Anton
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Natürlich geht es sowohl in Dawn Of The Dead als auch seinen vier ebenfalls von Romero inszenierten Fortsetzungen und diversen Neuverfilmungen vorwiegend um den hohen Splatter-Faktor. Der Film enthält Gewaltdarstellungen, die auch für abgebrühte Zuschauer der damaligen Zeit nur schwer zu verkraften waren, und entwickelte sich allein deshalb zu einem riesigen Erfolg. Es gab dutzendweise Nachahmungen unterschiedlichster Qualität. Trotzdem muss ganz klar hervorgehoben werden, dass Romeros Dead-Reihe auch sehr offene sozialkritische Züge besitzt: Nicht zuletzt geht es darin auch um die fortschreitende Entmenschlichung während der Pandemie, die bei Weitem nicht allein die seelenlosen Untoten betrifft.
Einem (allerdings nur auf den ersten Blick) recht deutlich an Romero angelehnten Stil folgt die populäre, mittlerweile 10 Staffeln umfassende TV-Serie The Walking Dead (seit 2010). Sie basiert auf der kürzlich eingestellten Comic-Reihe gleichen Titels von Robert Kirkman und Tony Moore. Produziert wird sie von Frank Darabont und Gale Anne Hurd für den Bezahl-Fernsehsender FOX. Auch hier erfährt man so gut wie nichts über die Umstände, die zur geschilderten Zombie-Apokalypse geführt haben. Nach Romero-Art wurde auch hier der Großteil der Bevölkerung der Erde von einem namenlosen Virus im Zuge einer weltweiten Pandemie in fleischfressende Untote verwandelt. Der ehemalige Sheriff Rick Grimes (Andrew Lincoln) schart eine Gruppe von Überlebenden um sich, darunter den toughen Daryl (Norman Reedus), die einstmals unterdrückte Hausfrau Carol (Melissa McBride), die Schwertkämpferin Michonne (Danai Gurira) und viele weitere mehr. Gemeinsam versuchen sie, wenigstens ein Stück der verlorengegangenen Zivilisation wieder neu zu errichten. Dabei stellen sich ihnen im Laufe der Staffeln vielerlei Gegner in den Weg, darunter der brutale Negan (Jeffrey Dean Morgan) und die psychopathische Alpha (Samantha Morton), die jedoch auf ihre Weise ebenfalls nichts anderes wollen, als lediglich in dem endzeitlichen Szenario zu überleben.
The Walking Dead, welches mit Fear The Walking Dead bereits seit 2015 eine Ablegerserie bekommen hat und ab demnächst mit The Walking Dead: World Beyond eine weitere erhalten wird (beide zu sehen bei Amazon Prime), zeichnet sich durch eine Mischung aus niemals zuvor im TV gezeigter Splatter-Härte (… die Romero mitunter vor Neid erblassen lassen würde …) und großer Tiefe der Charaktere aus. Diese werden als Menschen mit Sorgen und Nöten und nicht nur als reines Kanonenfutter für Gore-Szenen gezeigt. So geht es unter anderem auch um die Auswirkungen auf Überlebende, die versuchen, wieder zu einer halbwegs zivilisierten Lebensweise zurückzufinden, sowie um das stets geschilderte Trachten danach, die eigene Menschlichkeit zu erhalten.
Einem ähnlichen Muster folgte der bereits 2002 von Danny Boyle (Trainspotting) inszenierte 28 Days Later. Im Gegensatz zur namenlosen Zombie-Apokalypse Romeros erfährt der Zuschauer hier von einem in britischen Labors generierten »Wut-Virus«, mit dem als Versuchstiere gehaltene Schimpansen infiziert wurden. Als militante Tierschutzaktivisten die Affen befreien, kommt es zu einer englandweiten Pandemie, während der die Infizierten ebenfalls in fleischfressende Untote verwandelt werden. Im Gegensatz zu den schwankenden Romero-Untoten sind diese körperlich jedoch ziemlich gewandt und entsprechend schnell. 28 Tage später (daher der Titel) erwacht Jim (Cillian Murphy) in einem Londoner Krankenhaus, wo er von der Seuche bisher verschont geblieben ist. Nachdem Jim festgestellt hat, dass seine Eltern verstorben sind, macht er sich zusammen mit seinen unfreiwilligen Gefährten Selena (Naomi Harris), Mark (Noah Huntley), Hannah (Megan Burns) und Frank (Brendan Gleeson) auf den Weg nach Manchester, wo es in einer vom Militär kontrollierten Sperrzone unter dem Kommando von Major West (Christopher Eccleston) angeblich ein Heilmittel gegen die Seuche geben soll …
Der sehr intensive Streifen enthält deutlich weniger harte Gore- und Splattereffekte als Romeros Filme und gestaltet sich um einiges psychologischer, indem er sich mehr den Auswirkungen der Zombie-Apokalypse widmete sowie der Frage, was diese Apokalypse mit den Menschen macht.
Die 2007 entstandene Fortsetzung 28 Weeks Later des spanischen Regisseurs Juan Carlos Fresnadillo (Intruders) aus dem Jahre 2007 hingegen schildert den weiteren Fortgang der Geschehnisse aus der Sicht von Tammy (Imogen Poots), Andy (Mackintosh Muggleton), Scarlett (Rose Byrne) und Don (Robert Carlyle). Nachdem England zunächst wieder für »sicher« erklärt wurde und mit amerikanischer Unterstützung unter anderem durch Sergeant Doyle (Jeremy Renner) und seine Leute wiederbevölkert werden soll, erweist es sich, dass man dem »Wut-Virus« doch nicht so leicht beizukommen vermag, wie man sich erhofft hatte.
Obwohl sich auch dieser Film von zumeist billig produzierter Zombiefilm-Einheitskost durch seine Eindringlichkeit und höchstmöglichen Realismus abhebt, kann er dem ersten Film der Reihe dennoch nicht das Wasser reichen. Trotzdem ist das Spiel mit dem Wechsel aus Angst und Hoffnung in den Zeiten der Pandemie, die das zentrale Thema ist, hier durchaus hervorzuheben.
Gnadenloser Realismus
Zum Abschluss dieses Artikels soll es noch um zwei Filme gehen, die im Zeitraum von etwas mehr als 15 Jahren herauskamen und die Gefahr einer Pandemie in ähnlicher Weise thematisieren, sich dabei jedoch auf verschiedene Facetten konzentrieren.
Outbreak – Lautlose Killer ist der Titel des ersten der beiden Filme und entstand 1995. Unter der Regie des deutschen Hollywood-Imports Wolfgang Petersen (Das Boot) sind Dustin Hoffman, Rene Russo, Morgan Freeman und Donald Sutherland Akteure in einem sowohl actionreichen als auch beklemmenden Pandemie-Szenario, das es insbesondere in Sachen Schockeffekte mit so manchem gestandenen Horrorfilm aufnehmen kann. Ein besonderer Aspekt von Outbreak ist die in der Handlung immer wieder thematisierte Kluft zwischen den humanen und den militärischen Interessen in der gezeigten bedrohlichen Situation.
Ein jahrzehntelang für besiegt gehaltenes Virus aus dem afrikanischen Busch tritt dort erneut auf. Der Militärvirologe Daniels (Dustin Hoffman) findet bei der Untersuchung einer Blutprobe heraus, dass es sich um eine gefährliche mutierte Variante des Ebola-Erregers handelt. Daniels ahnt jedoch nicht, dass das »Motaba« genannte Virus seinen Vorgesetzten, den Generälen Ford (Morgan Freeman) und McClintock (Donald Sutherland) schon lange bekannt ist. Kurze Zeit später tritt das Virus in der kalifornischen Kleinstadt Cedar Creek auf und fordert schnell erste Todesopfer. Daniels schlägt zusammen mit seiner Ex-Frau Robby Keough (Rene Russo) gegen den Willen seiner Vorgesetzen eine mobile Forschungsstation in der Stadt auf. Während sich das Virus mehr und mehr ausbreitet, kommt der Virologe schließlich einer mörderischen Militärverschwörung auf die Spur …
So wie mehrere der in diesem Artikel genannten Filme ist Outbreak trotz des grundsätzlich realistischen Szenarios gleichfalls in erster Linie Unterhaltungskino mit entsprechenden Attributen. Dennoch handelt es sich um einen Film, der im Gedächtnis bleibt. Regisseur Petersen versteht es meisterlich, die Bedrohung durch das Virus auf sehr plastische Weise über die Grenzen der Kinoleinwand hinaus zu transportieren. So gibt es beispielsweise eine enorm eindrucksvolle Szene, in der mittels entsprechender Tricktechnik die Verbreitung des Virus durch Tröpfcheninfektion dargestellt wird – in einem vollbesetzten Kino. Der Verfasser dieses Artikels erinnert sich an überaus heftige Besucherreaktionen im Lichtspieltheater seiner damaligen Heimatstadt. Angesichts der Tatsache, dass viele verordnete Sicherheitsbestimmungen in der realen Pandemie-Situation durch den COVID-19-Erreger ignoriert werden, können Filmszenen wie diese einen durchaus pädagogischen Effekt auf Leute haben, die sich von der Gefahr nicht angesprochen fühlen.
Der zweite Film, der in diesem Zusammenhang genannt werden soll, trägt den Titel Contagion und wurde im Jahr 2011 von Regisseur Steve Soderbergh (Solaris) mit Matt Damon, Kate Winslet, Jude Law, Marion Cotillard und Gwyneth Paltrow in den Hauptrollen inszeniert. Während Outbreak bei aller ernsten Thematik eher dem Action-Genre zuzuordnen ist, lässt sich Contagion trotz gewisser Thriller-Elemente eher als eine psychologische Charakterstudie