Mit Lola durch Berlin. Bettina Arlt

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Mit Lola durch Berlin - Bettina Arlt страница 4

Mit Lola durch Berlin - Bettina Arlt

Скачать книгу

ertönt eine tiefe und laute Stimme aus einer Ecke der Rotunde, die noch im Dunkeln liegt. „Wie lange wollt ihr ihn noch auf die Folter spannen. Sagt ihm doch endlich, dass er tot ist… tot… tot…“ Die letzten Worte hallen gespenstisch von den hohen Wänden wider und werden von schweren Tritten begleitet. Die Götter und Göttinnen halten erschrocken inne und wenden sich ängstlich zu dem Sprecher um. Eine große und furchteinflößende Skulptur mit finsterem Blick und einer Krone auf dem Haupt wird langsam im Halbdunkel sichtbar und kommt auf sie zu.

      Professor Raat (erschrocken und mit piepsiger Stimme)

      Tot?

      Hades, Herrscher der Unterwelt (emotionslos)

      Tot.

      Da hockt sich der Professor auf einen nahegelegenen Sockel und legt den Kopf in die Hände.

       Professor Raat

      O Gott, o Gott, o Gott… Da sitze ich ja schön in der Patsche!

      Die Götterstatuen stehen im Kreis um ihn herum und sehen mitleidig auf ihn herab. Da hockt sich Hera, die Gattin des Zeus, neben ihn und fängt an zu erzählen.

       Hera

      Als du vor 80 Jahren hierher kamst, warst du ganz aufgelöst und offensichtlich auch ein wenig orientierungslos, denn du hast ständig was von einem Gymnasium gestammelt, dass du dein Lehrerpult suchst und alle Schüler bestrafen willst.

       Aphrodite

      Ja, und du hast immer wieder einen blauen Engel erwähnt. (legt den rechten Zeigefinger an den Mund, nachdenklich) Komisch, eigentlich… Blauer Engel. Aber ich finde, der Damenstrumpf ist der beste Beweis dafür, dass es sich dabei um eine Dame handelt, meint ihr nicht? (wendet sie sich an die anderen Götter)

      Professor Raat (der sich erinnert)

      Ja! Kurz bevor ich vorhin aufwachte, hatte ich einen seltsamen Traum. Es ging um eine Frau… Und ich muss gestehen, dass ich mich im Traum so weit vergaß, dass ich sie… (zögert) ermorden wollte!

      Die Götterstatuen sehen einander ernst an.

       Zeus

      Das ist schlimm. Kein Wunder, dass er als unruhiger Geist umherwandert. Mörder finden niemals Ruhe.

      Die anderen schweigen betreten. Nach einer Weile:

      Aphrodite (die mit dem Fuß aufstampft)

      Nein! Ich glaube nicht, dass unser Professor ein Mörder ist. Das würde nicht zu ihm passen. Er hat so liebe Augen. (streicht ihm zärtlich über das zersauste Haar) Aber damit deine Seele Frieden findet, musst du herausfinden, was tatsächlich passiert ist. Und da kann dir nur dein Engel helfen.

      Professor Raat (ratlos)

      Aber wie soll ich ihn bloß finden?

      Poseidon (dem das Meerwasser die Beine herunterrinnt)

      Auf der Schlossbrücke, die diesem Museum gegenüberliegt, stehen vier Engel. Vielleicht könntest du die mal fragen.

      Aphrodite (jauchzend und in die Hände klatschend)

      Ja, das ist eine fabelhafte Idee! Das solltest du auf jeden Fall versuchen.

      Zeus (belehrend)

      Das sind keine Engel, ihr Dummerchen. Das sind Statuen unserer Kusine Nike, der Siegesgöttin, von den Römern auch ‚Viktoria’ genannt. Bloß weil sie Flügel hat, ist sie noch lange kein Engel.

       Poseidon

      Aber sie kann dem Herrn hier bestimmt trotzdem weiterhelfen. Immerhin steht sie draußen und kriegt von der Welt der Menschen wesentlich mehr mit als wir.

      Der Professor sieht fragend von einem zum anderen. Er weiß noch immer nicht, ob er träumt oder ob diese wundersame Begegnung Wirklichkeit ist. Dann steht er mühevoll von dem Sockel auf.

       Professor Raat

      Gut. Wenn Sie meinen… Dann werde ich mein Glück versuchen.

      Die Götter winken ihm freundlich hinterher und Aphrodite ruft „Viel Glück, Professorchen“, als er die Rotunde verlässt und sich auf die Suche nach dem Museumsausgang macht.

      2.

      Nachts im Museum

      „… lebensgroße bemalte Büste der Königin, 47 Zentimeter hoch. Mit der oben gerade abgeschnittenen blauen Perücke (die Helmkrone), die auf halber Höhe noch ein umgelegtes Band hat. Farben wie eben aufgelegt. Arbeit ganz hervorragend. Beschreiben nützt nichts, ansehen.“

      So beschreibt der Archäologe Ludwig Borchardt (1863–1938) seinen sensationellen Fund in seinem Tagebuch. Im Herbst 1912 machte eine Expedition der Deutschen Orientgesellschaft Ausgrabungen in Tell-el-Amarna, einem abgelegenen Ort am Ostufer des Nil in Mittelägypten. Am 6. Dezember entdeckte Borchardt die Büste in den Resten eines antiken Hauses.

      ‚Die Schöne ist gekommen’ bedeutet Nofretete aus dem Ägyptischen übersetzt. Aber auf die Berliner Museumsinsel kehrte die Schöne erst 2005 zurück. Wo war sie davor?

      Nach ihrem Fund wurde die Büste 1913 aus Ägypten nach Berlin gebracht und nach kurzem Aufenthalt in der Villa eines Berliner Kunstmäzens dem Ägyptischen Museum geschenkt. Während des Zweiten Weltkriegs bewahrte man sie im Tresor der Reichsbank auf, später dann in einem Flak-Bunker und zum Schluss im Stollen eines thüringischen Salzbergwerks. Nach dem Zweiten Weltkrieg errichteten die amerikanischen Besatzer in Wiesbaden ein zentrales Sammellager für Kunstschätze. Dorthin wurde auch die Büste der Nofretete gebracht. Die Kiste, in der sie transportiert wurde, war mit der Aufschrift Die bunte Königin versehen. Nach einer längeren Ausstellung im Wiesbadener Stadtmuseum kam sie 1956 wieder nach Berlin, zunächst in das Museum Dahlem und elf Jahre später in das Ägyptische Museum in Berlin Charlottenburg. Seit dem 13. August 2005 befand sich die Büste der Nofretete vorübergehend im Alten Museum auf der Museumsinsel. Eine lange Odyssee, die einer alt-ägyptischen Königin durchaus die Orientierung rauben kann…

      Unser Professor hat die Eingangsrotunde des Alten Museums mit der Versammlung der antiken Götterstatuen hinter sich gelassen und schleicht durch das nächtliche Museum. Er brummelt ungehalten vor sich hin.

       Professor Raat

      Kruzifix noch einmal, was für ein undurchdringliches Labyrinth! Wie soll ich hier jemals den Ausgang finden? Oh Jemine! Was habe ich mir da nur wieder eingebrockt… Hoppla! Ich bitte vielmals um Verzeihung, gnädige Frau!

      Im Dunkeln ist Professor Raat mit einer Frauensperson zusammengestoßen. Artig zieht er seinen

Скачать книгу