Steirerblut. Claudia Rossbacher
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Wenn es bloß nicht so stockdunkel hier wäre, dachte sie und begann sich langsam, Schritt für Schritt, entlang der gartenseitigen Hausmauer vorwärtszutasten. Bis sie das wütende Bellen vor Schreck erstarren ließ. »Mephisto? Ganz ruhig. Ich bin’s doch nur!«, rief sie in den finsteren Garten. Gott sei Dank! Die Zwingertür war geschlossen, sonst wäre der Schäferhund längst an ihrem Bein gehangen. Sandra setzte sich wieder in Bewegung, während Mephistos Bellen in ein noch viel furchteinflößenderes Knurren überging.
»Nach dem Schäferstündchen ein Schäferhündchen«, hörte sie eine Männerstimme sagen. Mephisto schlug erneut an, und Sandra sah zum Balkon hinauf. Dort oben stand Bergmann und zog an einer Zigarette. Die Glut leuchtete zwar nicht hell genug, um sein Gesicht erkennen zu können, aber so ein dämlicher Spruch fiel nur ihm ein. Außerdem lag sein Balkon direkt neben ihrem.
»Witzig, Bergmann! Mach wenigstens das Licht an, damit ich die verdammte Türe endlich finde!«, rief sie ihm zu. Im selben Moment ging die Hintertür auf, und Michl trat aus dem Haus ins Freie. Rasch ging Sandra auf ihn zu. »Ich bin’s, Michl: Sandra! Ich hab den Lichtschalter nicht gefunden.«
»Sandra! Warum schleichst du dich denn über die Hintertür rein? Vorn ist doch eh noch offen. Kusch, Mephisto! Jetzt halt’s schon zamm!«, rief er dem Hund zu und ließ seinen Hausgast eintreten.
»Zum Glück ist der im Zwinger«, meinte Sandra erleichtert und blieb im Vorraum, der einerseits zum Korridor im Erdgeschoss, andererseits zum Treppenhaus führte, stehen. Michl sperrte die Tür hinter sich zu. Sandra mochte Hunde, aber vor Schäferhunden hatte sie gehörigen Respekt. Immerhin gingen die meisten Bissverletzungen auf das Konto dieser Rasse. Die gefährlichsten Exemplare waren jene aus der Polizeizucht, die schon als Junghunde ausgesiebt wurden, weil sie sich charakterlich nicht für den Dienst eigneten und deshalb an Privatpersonen abgegeben wurden. In den falschen Händen waren diese Tiere wie ungesicherte Waffen, die jederzeit losgehen konnten. Im besten Fall fielen sie irgendwann andere Hunde oder das eigene Herrchen an, im schlimmsten kleine Kinder. Sandra war als junge Polizistin mit einigen tragischen Fällen konfrontiert worden, die sie von Mal zu Mal vorsichtiger werden hatten lassen.
»Untertags ist der Mephisto ganz ein Lieber. Nur im Finstern kann er nicht zwischen Gästen und Einbrechern unterscheiden. Deshalb sperren wir ihn in den Zwinger, bevor’s dunkel wird.«
»Er schlägt also immer an, wenn sich nachts wer hinterm Haus aufhält?«
»Ja. Manchmal sogar bei mir und der Mutter. Kommt ganz auf den Wind drauf an. Ich glaub, er sieht schlecht im Dunkeln. Er erkennt uns wohl erst am Geruch oder an der Stimme.«
»Dann müsstet ihr ihn doch auch in der Mordnacht bellen gehört haben. Die Spuren deuten zweifelsfrei darauf hin, dass Eva Kovacs und ihr Mörder am Zwinger vorbeikamen, bevor sie durch euren Garten in den Wald liefen.«
»Also ich hab nichts gehört. Ich hab tief und fest geschlafen.«
»Wo liegt denn dein Zimmer?«
»Ganz oben. In der Mansarde. Auf der Straßenseite.«
»Verstehe. Und in der Früh bist du dann mit dem Hund in den Wald spazieren gegangen«, wiederholte Sandra seine Aussage, die er unmittelbar nach dem Leichenfund zu Protokoll gegeben hatte.
»Eigentlich wollte ich dort gar nicht hin. Aber als ich den Zwinger aufgesperrt hab, ist der Mephisto hinausgerannt wie ein Irrer und gleich abgezischt in den Wald. Ich hab befürchtet, dass er Wild gewittert hat und bin so schnell ich nur konnte hinter ihm her. Gott sei Dank hab ich die Taschenlampe dabeigehabt. Es war ja noch stockfinster.«
»Der Hund hat leider ganz was anderes gewittert. Schlaues Kerlchen …«
»Magst du noch was trinken? Wir haben gleich Sperrstund.«
»Nein danke, Michl. Ich bin müde und muss morgen früh raus. Wir werden noch einige Leute befragen. Mit dir und der Mizzi tät ich gern beim Frühstück anfangen. Passt euch viertel nach sieben?«
»Wir haben dir und dem Max doch gestern schon alles erzählt, was wir wissen.«
»Mein Kollege Bergmann hat aber auch noch ein paar Fragen an euch. Das ist doch okay, oder?«
»Ja, klar. Brauchts ihr die Branka und den Vilko auch noch einmal?«
Sandra verneinte. Weder hatte sie an das Hausmädchen noch an den schwulen slowenischen Koch weitere Fragen. Als Täter schieden für sie beide aus. Branka hatte ein Alibi – ihr Mann hatte bezeugt, dass sie die ganze Nacht neben ihm geschlafen hatte. Und Vilko kam mit seiner sexuellen Gesinnung, dem zarten Körperbau und Schuhgröße 41 für die Tat ebenso wenig infrage. Sandra glaubte ihm, dass er die Mordnacht schlafend in seinem Bett verbracht hatte, auch wenn es dafür keinen Zeugen gab.
»Trinkst du Tee oder Kaffee zum Frühstück?«, erkundigte sich Michl.
»Tee mit Zitrone. Ach ja, noch was: Wird Franziska morgen wieder da sein? Sie arbeitet doch bei euch, oder nicht?« Das hatte ihr Max erzählt und noch einiges mehr über die Familie Edlinger. Oder das, was von ihr noch übrig war.
»Ja, wieso?« Michl wirkte überrascht.
»Ich frage ja nur, weil ich sie noch nicht gesehen habe, seit ich hier angekommen bin.«
»Ach so. Die Franzi konnte nicht arbeiten mit ihrem verstauchten Knöchel. Der war richtig dick angeschwollen. Aber jetzt geht’s ihr schon wieder besser.«
»Wobei hat sie sich denn verletzt?«
»Beim Radlfahrn. Sie ist blöd umgeknickt beim Absteigen.«
»Oje. Na dann, bis morgen.«
»Gute Nacht, Sandra.« Michl ging vorbei an den beiden Türen, die zu den Gästetoiletten führten, in Richtung Gaststube.
Sandra nahm die Treppe in den ersten Stock. Auf halbem Weg stand Bergmann plötzlich vor ihr. »Mein Gott, Sascha! Musst du mich so erschrecken? Mir hat der Hund schon gereicht. Was machst du denn hier im Treppenhaus?«
»Ich wollte nach dir sehen. Nachdem ich das Balkonlicht eingeschaltet und noch mal hinuntergeschaut habe, warst du plötzlich verschwunden.«
»Michl Oberhauser hat mich hereingelassen. Er hat wohl den Hund gehört.«
»Das hab ich doch längst mitbekommen.«
»Hast du etwa gelauscht?«
»Was dachtest du denn? Ich bin Polizist … Komm, gehen wir auf mein Zimmer. Wer weiß, wer uns hier alles zuhört«, flüsterte er.
»Es war ein langer Tag, Sascha. Ich wollte gerade liegen gehen«, protestierte sie.
»Was wolltest du? ›Liegen‹ gehen?«, fragte er grinsend.
»Schlafen gehen, meinte ich. ›Liegen‹ ist der steirische Ausdruck dafür.« Kaum war sie hier, fiel sie automatisch in das ländliche Kauderwelsch ihrer Kindheit zurück.
»Liegen gehen«, wiederholte Bergmann kopfschüttelnd, und