Seidenstadt-Schweigen. Ulrike Renk
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Seidenstadt-Schweigen - Ulrike Renk страница 11
»Ich bin im Haus … hier. In unserem Haus in Traar.«
Ein ganzer Berg schien ihm vom Herzen zu fallen. Unserem. Alles würde gut werden.
»Mein Vermieter ist gerade gekommen …«, sagt Jürgen.
»Meldest du dich anschließend, Jürgen?«
»Natürlich.«
Der Vermieter war an der Tür stehen geblieben, schaute verlegen zu Boden.
»Entschuldigung. Wir können jetzt.« Fischer führte ihn durch die Räume. Nach wenigen Minuten war sie fertig. Einen Augenblick zögerte Fischer, dann ließ er den Schlüsselbund in die Hand des Vermieters fallen. Jetzt war es endgültig und für Fischer gab es kein Zurück. Martina wusste noch nicht, was mit ihrem Haus in Moers werden sollte. Sie schwankte zwischen verkaufen und vermieten, konnte sich zu keiner der beiden Lösungen wirklich durchringen.
Jürgen traute ihrem Entschluss, mit ihm zusammenzuziehen, noch nicht ganz. Sie hatte immer noch eine Rückzugsmöglichkeit. Er hatte seine gerade aufgegeben.
Als er auf der Straße stand, klingelte sein Handy erneut. Sabine Thelens Dienstnummer erschien auf dem Display.
»Jürgen? Ich weiß, du hast Urlaub.« Sie hörte sich verlegen an.
»Stimmt.« Fischer fuhr sich durch das raspelkurze Haar.
»Zwei Dinge.« Sabine räusperte sich, zögerte dann.
»Ja?« Jürgen wurde ungeduldig. Er wollte nach Traar, wollte zu Martina, überlegte, wo er einen großen Strauß Blumen kaufen könnte.
»Zum einen hat ein Kollege von dir aus Münster angerufen. Irgendein Hansi Soundso … er wollte dich persönlich sprechen.«
»Hans-Jürgen Müller? PHK Schupo Münster?«
»Ja, ich glaube schon. Dienstgruppenleiter der Berta?« Es war eine Frage, keine Antwort.
»Ein alter Freund von mir. Was wollte er?«
»Keine Ahnung, das wollte er persönlich klären.«
»Er hat meine Handynummer.« Jürgen wurde immer ungeduldiger.
»Mag ja sein, er hat trotzdem hier angerufen und nach dir gefragt. Ich überbringe nur Nachrichten.« Sie schluckte hörbar.
»Was ist noch? Du hast von zwei Dingen gesprochen.«
»Nun ja.« Wieder zögerte Sabine. »Da ist noch was, richtig.« Sie hielt inne, versuchte die passende Formulierung zu finden.
»Spucke es aus, Mädchen.«
»Es geht um Guido. Er ist verunglückt.«
»Was?«
»Er hatte einen Autounfall und ist in der Uni-Klinik in Köln.«
»Oh mein Gott!«
Beide schwiegen. Jürgen vor Entsetzen und Sabine, weil sie nicht wusste, wie sie fortfahren sollte.
»Wie geht es ihm?«
»Ich habe keine Ahnung. Vor einer Stunde war er noch im OP.«
Fischer suchte nach seinen Zigaretten. Er hatte die letzte aus der Schachtel vorhin geraucht, fiel ihm ein.
»Gibt es irgendetwas, was wir tun können? Weiß es Sigrid schon?«
»Ja, sie weiß es, natürlich. Tun … nun ja … ich weiß, du hast Urlaub …« Sabine stockte.
»Urlaub hin oder her, wenn ich etwas tun kann, dann mache ich das.«
»Du bist als seine Vertretung eingetragen, Jürgen.«
Das hatte er vergessen.
»Stimmt.« Der Drang nach einer Zigarette wurde immer größer. Fischer stieß die Luft aus. »Und das heißt? Ich habe Urlaub, Sabine.« Die letzten Worte hätte er am liebsten wieder zurückgenommen, als ihm klar wurde, weshalb seine Anwesenheit gefordert wurde. »Was ist mit Roland?«
»Der leidet unter Montezumas Rache. Ein heftiger Magen-Darm-Virus mit Fieber scheint umzugehen. Fast die Hälfte der Belegschaft ist schon krank.«
Fischer schnaubte. »Na gut. Kann man nicht ändern. Liegt etwas an?«
»Nicht wirklich. Nur der Tote im Zoo. Altmann will deswegen zur Abendbesprechung kommen.«
»Der Tote im Zoo? Doch nicht etwa der tote Soldat aus dem Krieg? Eine über 60 Jahre alte Leiche? Und Altmann will ein Verfahren einleiten oder was? Wissen wir denn, wer es war?«
»Ich hab keine Ahnung, weshalb der Staatsanwalt mit uns reden will, aber es geht um den Soldaten, ja.« Sabines Stimme war ganz hoch und dünn. Sie tat Fischer auf einmal leid. Schließlich konnte sie nichts dafür.
»Halb sechs, wie immer?«, fragte er und bemühte sich sachlich zu klingen.
»Hmm.« Sabine brummte nur.
Fischer beendete das Gespräch und schaute auf die Uhr. Es war ein Uhr mittags.
Er hatte noch jede Menge Zeit bis zur Besprechung. Die Straße herunter neben dem Bari-Videoverleih war ein Kiosk. Dort hatte er schon oft Zigaretten geholt. Jetzt war es vermutlich das letzte Mal.
Dann ging er zu seinem Wagen, der bis oben hin vollgepackt war, setzte sich hinein und nahm wieder das Handy hervor. Er wählte Ermters Nummer. Es klingelte bestimmt 15-mal, bevor endlich der Anrufbeantworter ansprang. Fischer legte auf. Natürlich, Sigrid, die Frau des Polizeichefs, war in Köln bei ihrem Mann.
11. Kapitel
Um kurz nach fünf machte Fischer sich auf den Weg zum Präsidium.
Er hatte ein langes Gespräch mit Martina geführt. Sie hatte sich noch mal entschuldigt.
Leise fluchend stieg er die Steintreppe in den vierten Stock hoch. Gestern erst hatte er sich in den Urlaub verabschiedet und heute war er wieder da. Wenn er mit Martina auf die Malediven geflogen wäre, hätten sie ihn auch nicht erreichen können.
Die Tür des Besprechungszimmers stand auf. Die pralle Sonne beschien den Raum und trotz weit aufgerissener Fenster war es so heiß wie in der Sauna. Zwei Mechaniker schraubten an den Rollladenkästen.
Sabine Thelen trug einen Stuhl aus dem Raum.
»Jürgen, schön, dass du da bist.« Sie biss sich auf die Lippe, grinste dann schief. »Wir treffen uns in meinem Büro.«
»Was ist denn mit dem Rollladen?«
»Kaputt. Ich hoffe, sie bekommen es schnell in den Griff oder das Wetter schlägt um. Ist ja kaum auszuhalten da drin. Mein Büro liegt im Schatten.«
»Dein Büro ist winzig.«
»Richtig, aber wir sind ja