8 Krimis: Killer kennen kein Gebot: Krimi Sammelband 8009. Frank Rehfeld

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8 Krimis: Killer kennen kein Gebot: Krimi Sammelband 8009 - Frank Rehfeld

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und ich saßen im Anschluss an die Sitzung in unserem gemeinsamen Dienstzimmer und arbeiteten die Unterlagen durch. Ich sah mir vor allem die Liste der Personen an, die damals bei der Schießerei verdächtigt worden waren, daran beteiligt gewesen zu sein. Der Einzige, in dessen Fall es immerhin eine Anhörung vor der Grand Jury gekommen war, hieß Ray Barros. Er war mehrfach wegen Körperverletzung und illegalem Waffenbesitz vorbestraft und war damals Türsteher im ‚Abraxas’ gewesen. Inzwischen galt er als rechte Hand und Mann fürs Grobe in Benny Vargas’ Organisation. Da seine letzte Bewährung wegen einer Schlägerei erst in einem Monat auslief, war seine Adresse bekannt.

      „Steht da irgendwo, weshalb es nicht zum Prozess gekommen ist?“, fragte Milo.

      „Vermutlich reichten die Beweise einfach nicht aus“, erwiderte ich.

      Gegen Mittag fuhren wir zu O’Rourkes ehemaligem Revier in der Bronx und besprachen uns mit seinem direkten Vorgesetzen Captain Rudy Cassavetes, dem Leiter der Drogenabteilung.

      „Brian O’Rourke war ein hervorragender Polizist, der gute Erfolge verbuchen konnte“, sagte Cassavetes. „Es ist schade, dass seine Karriere diesen Knick bekam und man ihn nach Queens abschob. Aber da war er ja nicht allein betroffen.“

      „Es wurde noch ein Lieutenant namens Sean McKenzie verdächtigt, Beweismittel manipuliert und Kleinkriminelle zu Spitzeldiensten erpresst zu haben“, sagte ich.

      „Ja. McKenzie verrichtet heute in der Lower East Side seinen Dienst. Ich habe ihn neulich beim Schieß-Training getroffen. Er arbeitet jetzt im Innendienst. Und das, obwohl gegen keinen der beiden auch nur ein Prozess eröffnet worden ist!“

      „Den Kollegen der Inneren Abteilung erschien es wohl besser, die beiden aus der Schusslinie zu nehmen.“

      „Ja, so kann man das auch nennen!“, erwiderte er gallig.

      „Die Innere Abteilung hatte bei Ihren Ermittlungen noch einen dritten Beamten im Visier“, stelle ich fest. „Sein Name war Lieutenant Tom Atkins.“

      „Tom ist noch hier im Revier. Allerdings können Sie heute nicht mit ihm sprechen.“

      „Warum nicht?“

      „Er ist zu einer Fortbildung nach Quantico gefahren. Ihre Kollegen bringen da den Angehörigen von Drogenabteilungen im ganzen Land die Anwendung neuer Drogen-Schnelltests bei.“

      „Dann ist er morgen wieder hier?“

      „Er hat zwei Wochen Urlaub genommen. Ich glaube, der Tod von O’Rourke hat ihn sehr mitgenommen.“

      „Die beiden standen sich nahe?“

      „Ja, sie waren eng befreundet und arbeiteten im Dienst als Team zusammen, McKenzie, O’Rourke und Atkins. Und ich hatte selten ein so erfolgreiches Team in meiner Abteilung.“

      „Sie haben dafür gesorgt, dass Ethan Benitez und die Führungsriege der ‚Matadores’ hinter Gitter kamen!“

      Cassavetes machte einen etwas überraschten Eindruck. Sein Lächeln wirkte verkrampft. „Sie scheinen ja bereits gut informiert zu sein.“

      „Ein Informant namens Harry Gonzales spielte dabei eine entscheidende Rolle.“

      „Schon möglich!“, murmelte Cassavetes. „Worauf wollen Sie hinaus? Die Sache war sauber. Gonzales hat sich – im Gegensatz zu ein paar anderen, die sich erst bezahlen und nachher von Erpressung und Manipulation herumschwadronieren – nie an die Justiz gewandt.“

      „Vielleicht, weil er gesehen hatte, dass die anderen Verfahren nicht einmal durch die Grand Jury gingen.“

      „Verwundert es Sie, dass die Geschworenen, wenn sie auf der einen Seite die verworrene Aussage eines Junkies und Drogendealers haben, während auf der anderen Seite die Karriere eines Musterpolizisten auf dem Spiel steht, sich dafür entscheiden, letzterem zu glauben?“

      „Ja, das könnte Gonzales auch gedacht haben.“

      „Fangen Sie jetzt auch an, uns irgendetwas anzuhängen?“, fragte Cassavetes etwas ungehalten. Eine tiefe Furche erschien auf seiner Stirn.

      „Ich frage mich, warum Sie sich angegriffen fühlen, es ging doch um O’Rourke – und nicht um Sie!“, erwiderte Milo.

      „Und letztlich versuchen wir nur, die Sache aufzuklären, um seinen Mörder zu fassen. Daran sollte doch auch Ihnen gelegen sein – gleichgültig, was da vielleicht noch nachträglich über Ihren Musterpolizisten ans Tageslicht kommen mag“, ergänzte ich.

      Cassavetes atmete tief durch.

      „Wissen Sie, auf einem Revier wie diesem, können Sie nur zurechtkommen, wenn das Team zusammenhält“, sagte er dann.

      „Ich hoffe, dass schließt nicht ein, Straftaten zu decken“, hielt ich ihm entgegen.

      Er zögerte mit seiner Antwort und erklärte schließlich. „Sie können mir glauben, dass ich mindestens ebenso daran interessiert bin, O’Rourkes Mörder zu fassen wie Sie!“

      „Kommen wir zu Harry Gonzales zurück. Hatten auch McKenzie und Atkins Kontakt zu ihm?“

      „Soweit ich weiß, ja.“

      „O’Rourke hat sich nachweislich nach seinem Ausscheiden aus diesem Revier noch mit Gonzales getroffen. Haben Sie dafür irgendeine Erklärung?“

      Cassavetes runzelte die Stirn. „Nein, das wundert mich.“

      „Weshalb?“

      „Gonzales gilt sein ein paar Wochen als spurlos verschwunden. Glauben Sie, dass er was mit Brians Tod zu tun hat?“

      „Seine Eltern und seine Schwester wurden im Gefolge der Verhaftung von Ethan Benitez und seinen ‚Matadores’ umgebracht.“

      „Die Morde konnten leider nicht aufgeklärt werden, sonst säße Ethans Bruder Langdon, der sich großspurig ‚El Rey’ – der König – nennen lässt, längst auf Rikers.“

      „Aber wenn Gonzales für seine Dienste erpresst wurde, hätte er allen Grund, auch sauer auf O’Rourke zu sein.“

      „Das ist allerdings wahr…“, murmelte Cassavetes nachdenklich.

      „Warum ist Gonzales nicht ins Zeugenschutzprogramm gekommen?“, fragte jetzt Milo. „Eigentlich wäre das doch in seinem Fall üblich.“

      Cassavetes vollführte eine ruckartige Bewegung mit dem Kopf und sah erst Milo und dann mich einen Moment lang an. „O’Rourke meinte, er hätte ihm das angeboten, aber Gonzales wollte das nicht. Er würde der Polizei, der Staatsanwaltschaft und allen anderen, die mit dem Staat zu tun hätten, nicht trauen. Einem Puertoricaner würden die sowieso nicht helfen…“

      „Und für dieses Gespräch gibt es keine Zeugen?“, fragte ich. „Oder waren Atkins und McKenzie dabei?“

      „Es tut mir leid, aber ich habe keine Ahnung.“

      Ich holte ein paar zusammengefaltete Computerausdrucke aus der Innentasche meiner Jacke und reichte sie Cassavetes.

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