5 Romane Auswahlband Ärzte und Schicksale Februar 2019. A. F. Morland
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Dr. Kayser erschien in der Tür. Er sah die alte Sprechstundenhilfe an und schüttelte lächelnd den Kopf. „Icke, Icke.“
„Wat is denn, Chef?“, erwiderte die Berlinerin. „Is doch nix dabei, wenn ick Marie-Luischen dat erzähle. Damit plaudere ick doch keen Jeheimnis aus, und außerdem jehört meene junge Kollejin ja zum Team.“ Sie wandte sich wieder an Marie-Luise Flanitzer. „Du hättest se erleben sollen. Rejelrecht überjeschnappt isse vor Freude. Unseren Chef hat se jeküsst und mir ooch, und wenn du zufällig neben mir jestanden hättest, hätte se dich ebenfalls an ihr Herz jedrückt. War direkt ansteckend, wie die sich jefreut hat.“
Dem musste Dr. Kayser zustimmen. Ansteckend war Nicola Sperlings Freude tatsächlich gewesen. Die meisten jungen Frauen freuten sich, wenn er ihnen eröffnete oder bestätigte, dass sie schwanger waren. Nur ganz selten kam es vor, dass eine Frau in Tränen ausbrach und verzweifelt war.
Er versuchte dann immer herauszufinden, was der Grund für diese Verzweiflungstränen war, und in vielen Fällen konnte er auch helfen.
8
Der Tisch war festlich gedeckt, als Dr. Torben Lorentz pünktlich bei seiner Liebsten erschien. Nicola setzte ihm köstlich schmeckende Tournedos mit Kartoffelkroketten vor. Es gab einen hervorragenden Grauburgunder dazu, und in lichtblauen Keramikständern brannten auberginefarbene Kerzen.
Als Nicola den Nachtisch servierte und Torben dabei unendlich verliebt ansah, konnte er die Frage nicht länger zurückhalten: „Was wird hier eigentlich gefeiert, Liebes?“
Sie hob leicht die Augenbrauen. „Später.“
„Wozu spannst du mich auf die Folter?“
„Nur wenn du brav alles aufisst, was ich dir vorsetze, wirst du von mir mit einer guten Nachricht belohnt.“
Er löffelte das Pfirsichsorbet. Es schmeckte hervorragend – wie alles, was Nicola auf den Tisch brachte. Sie war nicht nur eine großartige Ärztin, sondern auch eine sehr gute, ideenreiche Köchin.
Sobald Torbens Schale leer war, schob er sie demonstrativ von sich und sagte: „So – und nun die Nachricht.“
„Noch Kaffee?“
Er schüttelte den Kopf. „Ist schon zu spät für mich.“
„Einen Cognac zur Verdauung?“
„Treibe es bitte nicht auf die Spitze, Nicola“, warnte er sie. Er griff nach ihr und zog sie auf seine Knie. „Es ist soweit. Die Stunde der Wahrheit ist gekommen.“
„Ich war heute bei Sven“, begann sie.
„Du hast ihn besucht?“
„Ich habe mich von ihm untersuchen lassen.“
„Fehlt dir etwas?“ Sofort wirkte er besorgt.
„Im Gegenteil.“
„Ich verstehe nicht.“
„Meine Güte, hast du eine lange Leitung.“
Er war verwirrt. „Dann hilf mir doch.“
„Dr. Sven Kayser ist nicht nur praktischer Arzt, sondern auch …“
„Geburtsh … Nein!“
Nicola lachte. „Ja.“
„Nein!“
Nicola lachte lauter. „Doch!“
„Du – du meinst … Ich meine … Du willst damit doch nicht etwa sagen …“
„Doch, genau das möchte ich sagen.“ Sie nahm sein scharf geschnittenes Gesicht zwischen ihre Hände. „Dass ich schwanger bin.“ Sie küsste ihn auf den Mund. „Dass ich ein Baby bekomme.“ Sie küsste ihn wieder. „Dass du Papa wirst.“ Sie küsste, küsste, küsste ihn …
Und er war so perplex, dass er vergaß, ihre Küsse zu erwidern. „Wir – wir werden Eltern …“, stammelte er. „Du – du wirst Vater, ich werde Mutter … Ich – ich meine natürlich umgekehrt … Herrje, in meinem Kopf herrscht ein ganz fürchterliches Durcheinander. Ich bin ja so glücklich, Nicola, so unvorstellbar glücklich. Und ich liebe, liebe, liebe dich ganz wahnsinnig!“
„Nichts höre ich lieber als das“, gab sie strahlend zurück.
„Jetzt wird natürlich geheiratet, das ist dir doch wohl klar“, sagte Dr. Torben Lorentz. „Unser Sohn – unsere Tochter … Was immer es wird … Unser Kind soll von Anfang an in geordneten Verhältnissen aufwachsen. Oder denkst du anders darüber?“
Nicola schmiegte sich an ihn. Ihr Körper war angenehm weich und warm. „Nein, Liebster“, flüsterte sie, „ich bin ganz deiner Meinung.“
„Ein Baby!“ Torben fuhr sich mit der Hand über die Augen. „Wann ist das denn passiert?“
„Nach Svens Grillparty.“
Torben griente. „Unser Freund hätte uns nicht so gut füttern sollen. Das verlieh uns Kräfte …“
Nicola kicherte. „Die wir zu nutzen wussten.“
9
Das Geld, das Bruno Pfaff dem Taxifahrer geraubt hatte, hatte nicht lange gereicht. Nach einem kurzen Zwischenhoch war Bruno mit Rosy Kupfer unweigerlich ins nächste Tief geschlittert, und da hätten sie sich noch immer befunden, wenn ihnen nicht ein Typ namens Armin Brix über den Weg gelaufen wäre, der sich sehr für Rosys Reize interessierte.
„Kannst du mir die nicht mal leihen?“, fragte Brix, nachdem er Bruno den fünften Korn ausgegeben hatte.
„Wofür?“, murmelte Bruno.
„Na, wofür wohl?“ Armin Brix grinste von Ohr zu Ohr. Er hatte dichtes schwarzes Haar und einen hässlichen Leberfleck an der linken Wange.
Bruno Pfaff war empört. „Du tickst wohl nicht richtig.“
„Du würdest sie auch ganz sicher unbeschädigt zurückbekommen.“
„Mensch, hast du sie nicht alle? Rosy ist mein Mädchen. Da könnte ja jeder kommen und was von ihr wollen. Wofür hältst du uns denn?“
„Tut mir leid, Bruno. Ich wollte dich nicht beleidigen. Aber dieses Mädchen ist so … Wie soll ich sagen? Sie haut mich einfach um.“
„Rosy kannst du dir von der Backe streichen. Mit der läuft nichts.“
„Ich würde mir die Sache einiges kosten lassen.“
Bruno Pfaff horchte auf. „Du hast Geld?“
„Ich konnte einige profitable Deals abschließen, weitere