Und dann noch die Liebe. Alexander Oetker

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Und dann noch die Liebe - Alexander Oetker

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hatte geklopft, nachdem ich geduscht, mich wieder angezogen und den Gin aus der Minibar genommen und mit leichter Zugabe von Tonic trinkbar gemacht hatte.

      Sie war ohne jedes Zögern eingetreten. Wir hatten uns erst einmal gesehen, eine Minute aus der Ferne, es war vor zwölf Stunden gewesen und fühlte sich an, als sei es ewig lange her. Wir hatten uns zur Begrüßung auf die Wangen geküsst. Dann setzte sie sich auf mein Bett. Sie war wirklich erschöpft, ich sah die Müdigkeit, und doch lachte sie. Ich gab ihr ein Glas, und sie lachte wieder, sie war so präsent, wir sahen uns an, sprachen Englisch, sie hatte einen süßen griechischen Akzent:

      »Ich mache das nicht sehr oft, dass ich irgendeinem Mann schreibe und mich gleich mit ihm treffe.«

      Ich wollte mich gleich an ihr Lachen gewöhnen, es war ein schönes, offenes Lachen, ihre dunkelbraunen Augen funkelten. Doch zugleich hatte sie die Arme verlegen um den Oberkörper geschlungen, vielleicht war ihr kalt, sie sah sich um, mein Hotelzimmer war Standard, vielleicht ein bisschen besser als belgischer Standard, es gab sogar einen Schreibtisch. Und eine Badewanne. Ihr suchender Blick gab mir die Gelegenheit, sie weiter anzusehen: Sie war noch schöner, als ich es am Nachmittag wahrgenommen hatte. Ich hatte das Foto auf Tinder im Verlauf des Abends noch circa tausendzweihundertmal betrachtet. Doch nun sah ich ihre Bewegungen, ihr Gesicht, ihre Regungen. Die dunklen Locken ungezähmt und ungezählt.

      »Was machst du so?«, fragte ich sie, ich fand das einen lässigen Gesprächsstart, wusste aber gleichzeitig, dass ich einfach nur beschissen aufgeregt war, in diesem Moment mit einem fremden Mädchen aus dem Internet auf meinem Zimmer. Und sie war ja nicht irgendein Mädchen. Irgendeine Frau. Sie war die, die ich gewollt hatte. Neben den anderen, die ich vorher nach rechts gewischt hatte. Sie hatte mich angesehen, mit diesem zarten Lächeln, ironisch, selbstbewusst.

      »Ich bin Referentin in der Pressestelle des Ministers. Es ist mein erstes Jahr dort, ich komme von der Uni in Saloniki. Aber es läuft gut. Deshalb bin ich schon in Brüssel dabei.«

      Das konnte ich mir vorstellen. Sie war jung, klug, und sie war rasend schön, sie war ein Hingucker, das öffnete Türen, das konnten auch der Pressesprecher und der Minister nicht übersehen haben. Die Griechen brauchten Fürsprecher in diesen Tagen.

      »Und du bist also Reporter?«

      Ich nickte und lächelte sie an: »Genau. Ich bin Deutsch-Franzose, ich pendele zwischen den Hauptstädten und den Sendern. Ich hab ’ne Wohnung in Berlin und eine WG in Paris und arbeite für zwei Nachrichtensender als Freelancer. Du siehst, ich bin immer unterwegs.«

      »Das klingt toll. Du kommst viel rum. Und du bist doch noch sehr jung, oder?«

      Merkwürdig, dass ausgerechnet sie mir diese Frage stellte. Dabei war sie doch bestimmt viel jünger als ich.

      »Na ja, ich bin schon lange dabei. Sag, Agápi, wie ist es, derzeit ausgerechnet für diese Regierung zu arbeiten?«

      Sie grinste, als hätte sie die Frage erwartet.

      »Es brennt an allen Ecken und Enden, und gerade dadurch habe ich das Gefühl, Teil von etwas Großem zu sein, weißt du? Ich weiß gar nicht, wann ich zuletzt in meiner Wohnung in Athen war, geschweige denn, wann ich meine Familie das letzte Mal besucht habe.«

      »Bist du in Athen aufgewachsen?«

      »Nein, in Ioannina, das ist eine kleine Stadt im Osten Griechenlands, sozusagen in der linken oberen Ecke.«

      Mir gefiel diese einfache Erklärung der geographischen Lage. Ich begann sie zu mögen. Ja, ich mochte sie wirklich. Sie war selbstbewusst, sie war klug. Wie viel wusste sie von den Plänen ihres Ministers? Ich fragte es mich und schämte mich im selben Moment dafür.

      »Und wo stammst du ursprünglich her? Berlin oder Paris?«

      Ich stockte. Natürlich wusste ich, dass diese Frage kommen würde. Mehr über mich, meine Geschichte, meine Vergangenheit. Mir war jetzt sehr nach Sex zumute.

      »Ich bin in Berlin geboren, in Lille aufgewachsen und hab dann wieder in Berlin studiert.«

      »Und deine Familie?«

      Eine längere Pause, ein Schluck aus dem dritten Glas Gin Tonic, ich hatte an der Rezeption nachgeordert.

      »Meine Eltern sind getrennt, mein Vater lebt noch in Lille. Meine Mutter …«

      »Schon gut«, sagte sie, weil sie spürte, dass ich nicht konnte, selbst wenn ich gewollt hätte. Sie sprach die zwei Worte sanft aus, ich ging darüber hinweg, sah sie erst mal eine Weile nicht an, doch sie nahm es mir ab, erzählte ein wenig von ihrem Tag, nichts Geheimes natürlich. Nur etwas über die Anreise, der griechische Minister flog mittlerweile Economy. Die EU-Finanzminister mochten diese neue Bescheidenheit, doch der Hauptgrund war wohl, dass es wirklich Geld sparte. Ich wiederum erzählte von meinen Schalten, vom Abendessen und wie sehr es mich freute, dass sie mein Tinder-Bild gematcht hatte. Zeit für Annäherung.

      Nun liegt sie vor mir, ich weiß nicht, wer betrunkener ist, sie oder ich. Ich küsse sie, heftiger, ich löse mich von ihr, betrachte ihren Körper, streichele über ihre Haut, dann senke ich den Kopf wieder. Ich küsse ihre Arme, gleite tiefer, sie nimmt meinen Kopf in die Hände und zieht mich nach oben, um mich zu küssen, ich öffne ihren BH, schnell, mit einer Hand, streife ihn ab und betrachte sie, es ist ein unglaubliches Gefühl, im schummerigen Licht der Nachttischlampe ahne ich mehr, als ich sehe. Ich mag ihre Brüste, ich spüre, wie ich mit einem Schlag glücklich werde, glücklich und erregt. Ich senke meinen Kopf, küsse sie weiter, sanft, dann drängender, meine Hand fährt in ihre Hose, sie hat ihre Hände an meinem Hintern. Ich beiße sie in die Brust, ich will ihre Lust entfachen, stärker, schneller. Ich knöpfe ihre Hose auf, sie lässt es geschehen, stöhnt leicht. Und ich, mutiger, ziehe die Hose herunter, und in einer einzigen fließenden Bewegung gleitet meine Hand in ihren Slip, passend zum BH, weiße Spitze, sehr schön, sehr teuer. Die Krise hat offenbar noch nicht auf alle Bereiche griechischen Lebens übergegriffen, denke ich und hasse mich, weil ich den verdammten Zynismus nicht aus mir rauskriege, nicht einmal in diesem Moment. Ich spüre ihre Feuchte, spüre sie, streiche über ihre rasierte Scham. Dringe mit dem Finger in sie ein.

      »Careful«, stöhnt sie. Vorsichtig.

      Ich lasse nicht nach.

       »Careful, slowly.«

      Ich bewege meinen Finger heftiger, dann einen zweiten. Sie macht sich eng, ich denke, es gefällt ihr nun doch, dann wird sie noch enger, sie windet sich und setzt sich auf.

      »Junge, stopp! Das ist keine Liveschalte. Der harte Tag ist vorbei. Du kannst entspannen. Es gibt hier nichts zu gewinnen.«

      Sie sagt das deutlich und dennoch lächelt sie. Ich erstarre, senke den Kopf. Sie hat mich belehrt. Ich bin beleidigt, dabei weiß ich, dass sie recht hat. Oder? Ich habe es einfach nicht geschafft, ihre Lust in dem Maße zu wecken, wie sie meine geweckt hat, allein durch ihren Anblick. Ich küsse sie vorsichtig auf den Mund, sie erwidert den Kuss, spielt mit meiner Zunge. Es ist nicht vorbei. Ich atme erleichtert auf.

      Dann spüre ich ihre Hand, die meinen Gürtel öffnet, in meine Hose gleitet. Die Party kann beginnen.

      Schönwalde, Brandenburg

      April 1945

      Ich werde mich für immer an die braune Uniform erinnern. Eine braune Jacke, eine braune Hose. Ich erinnere mich an nichts

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