Handbuch der erfolgreichen Kommunikation. Wolfram Schön
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Intuition und Bauchgefühl melden sich ständig und bestimmen unser Handeln und unsere Gefühle. Sympathien gegenüber anderen Menschen, die Gewissheit, dass man mit der neuen Chefin richtig gut
Zusammenarbeiten wird, und das innere Gefühl, dass man dem neuen Finanzberater wirklich vertrauen kann, sind Ausdruck unserer Intuition.
In der Neurophysiologie bezeichnet man die Reaktionen wie das Kribbeln im Bauch, die innere Unruhe, die flattrig werdende Stimme und das flaue Gefühl im Magen als somatische Marker. Sie entstehen durch das Zusammenwirken von äußeren Gegebenheiten mit bewusst wie unbewusst gemachten Erfahrungen in der Vergangenheit. Die körperliche Reaktion vermittelt dann das „Ergebnis“ dieser Reflexion – positiv wie negativ. In einer sich ständig schneller drehenden Welt, die immer schnellere Entscheidungen fordert, ist es gut, sich mit der Intuition anzufreunden, denn diese befähigt uns dazu, warnt uns aber auch vor möglichen, nicht direkt wahrnehmbaren Risiken und Gefahren. Gerade auch in agilen Arbeitsprozessen werden Entscheidungen zunehmend auf die Ebene von Teams delegiert. Hier ist das Wissen um die Methode der Entscheidungsanalyse ebenso wichtig wie das Zulassen von Intuition und Bauchgefühl. Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass selbst erfolgreiche Konzernchefs angeben, mindestens 10 Prozent ihrer Entscheidungen aus dem Bauch heraus zu treffen. Eine interessante Aussage kam von Netflix‘ Content-Chef Ted Sarandos, als er 2019 vom Branchenportal Vulture nach dem Serienerfolg der Netflix-Produktionen gefragt wurde: „70% sind Bauchentscheidung und 30% basieren auf Datenanalyse.“
Was ist zu tun?
Nehmen Sie Ihre Gefühle, Ihre Intuition und Ihr Bauchgefühl an. In der Regel wirken sie nicht als Stolpersteine, sondern sind gute Berater bei Entscheidungen. Ich persönlich bin ein großer Anhänger einer strukturierten Entscheidungsanalyse. Trotzdem schätze ich meine Intuition und bin mir sicher, dass mich mein Bauchgefühl schon vor einigem Ungemach bewahrt und mir auf der anderen Seite erst viele schöne Momente ermöglicht hat.
Es gilt sich Zeit zu nehmen, sich zu entspannen und gerade in hektischen Momenten die innere Stimme zuzulassen. Die Intuition schärft die Gedanken, erweitert das Blickfeld und öffnet es für das Unbewusste. Dies versetzt uns in die Lage, herannahende Risiken und Gefahren früh zu erkennen und rechtzeitig Alternativen für den geplanten Weg zu finden.
Ich empfinde es als große Stärke, wenn ein Mensch seine Intuitionen und sein Bauchgefühl zulässt, darauf vertraut und als Entscheidungshilfe nutzt. Aus kleinen, weniger bedeutsamen Entscheidungen sollte man keinen Elefanten machen. Wenn Entscheidungen mit weitreichenden und teilweise kostenintensiven Auswirkungen getroffen werden müssen, dann halte ich persönlich es mit dem Motto: Entscheidungen treffen auf der Basis einer strukturierten Entscheidungsanalyse, abgesichert durch eine Analyse potenzieller Probleme und „abgesegnet“ durch ein gutes Bauchgefühl.
[1] Gigerenzer, G. (2007): Bauchentscheidungen: Die Intelligenz des Unbewussten und die Macht der Intuition. Bertelsmann Verlag
04 Die Anatomie der Nachricht
Wenn heute von Kommunikation gesprochen wird, ist meist der Austausch von Informationen gemeint, das Hören, Schreiben und Reden. Im Laufe der Zeit haben sich die technischen Möglichkeiten verändert, doch verstehen wir uns dadurch auch besser?
Wenn man über „die Kommunikation“ redet, ist meist der verbale Austausch von Informationen gemeint – einer spricht, der andere hört zu. Es gibt demnach einen Sender und einen Empfänger. Doch verstehen beide das Gleiche? Weiß man um die Anatomie von Nachrichten, ist man in der Lage, eine Nachricht zu entschlüsseln und die hinter der Nachricht verborgenen Botschaften zu erkennen
Grundregel 1: Empfänger bestimmt, was Information ist!
In der Kommunikationstheorie spricht man vom Sender- und Empfängerprinzip. Der Sender verschickt eine Nachricht, und der Empfänger hat die Aufgabe, diese zu entschlüsseln. Nur das, was der Empfänger nach der Entschlüsselung hört, ist für ihn Information. Alle anderen Informationen gehen verloren. Der Empfänger bestimmt also letztendlich, was Information ist.
Grundregel 2: Die Anatomie einer Nachricht ist komplex
Was macht es so kompliziert, verstanden zu werden? Friedemann Schulz von Thun, deutscher Kommunikationswissenschaftler, sagt dazu: „Wir senden aus vier Mündern und empfangen auf vier Ohren.“ Bei der Sachebene (1) geht es um die reine Sachinformation, um Tatsachen. Aus der Beziehungsebene (2) geht hervor, wie der Sender zum Empfänger steht. Formulierung, Tonfall und Mimik sind neben dem Gesagten zusätzliche wichtige Informationsquellen. Mit jeder Nachricht geben wir auch etwas von uns selbst preis. Diese Informationen finden sich auf der Selbstoffenbarungsebene (3).
Dazu gehören neben gewollter Selbstdarstellung auch unfreiwillige Enthüllungen. Auf der Appellebene (4) möchten wir den Empfänger zu etwas bewegen. Der Sender kommuniziert gleichzeitig auf vier gleichberechtigten Ebenen und sendet damit auch vier Botschaften. Der Empfänger wiederum hört ebenfalls auf vier verschiedenen Ebenen, und auch hier stellt sich die Frage: Welche der vier Botschaften empfängt er als Kernbotschaft? Ein Beispiel soll exemplarisch die Anatomie einer Botschaft beschreiben und helfen, diese zu entschlüsseln.
Situation: Fahrer und Beifahrer sitzen in einem Tesla Model 3 und cruisen mit eingeschaltetem Autopiloten durch die Stadt. Plötzlich sagt der Beifahrer zum Fahrer: „Achtung, siehst du den Radfahrer?“ Der Fahrer antwortet: „Ganz ruhig, ich fahre – und ja, mein Tesla sieht den Radfahrer auch.“ Welche Botschaften spielen sich allein bei diesen beiden Sätzen ab?
Mögliche Botschaften des Beifahrers:
(1) Sachinhalt: Vor uns fährt ein Radfahrer.
(2) Beziehung: Der Beifahrer ist der Meinung, dass der Fahrer ohne seine Hilfe nicht gut fährt.
(3) Selbstoffenbarung: Der Beifahrer hat vielleicht Angst und Bedenken wegen des Fahrstils des Fahrradfahrers oder fühlt durch den Autopiloten ein gewisses Unbehagen.
(4) Appell: Fahre bitte etwas vorsichtiger oder schalte den Autopiloten aus!
Was empfängt der Fahrer?
Der Fahrer „entschlüsselt“ die Botschaft auf zwei Ebenen. „Ganz ruhig, ich fahre (A) – und ja, mein Tesla (B) sieht den Radfahrer auch.“ Zunächst ist da die Beziehungsebene (A): Ich kann ohne deine Hilfe fahren und sehe alles. Der Fahrer reagiert aber auch auf die Selbstoffenbarung (B), und zwar in Bezug auf den Autopiloten, denn er betont dessen Funktionstüchtigkeit. Auf die möglichen Ängste (Selbstoffenbarung), den Appell, gegebenenfalls langsamer zu fahren und den Autopiloten auszuschalten, geht er überhaupt nicht ein. Auf diesen Ohren scheint der Fahrer „taub“.
Grundregel 3: Sei nicht „kommunikativ taub“