Einmal um die ganze...(halbe) Welt. Marianne Theil

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Einmal um die ganze...(halbe) Welt - Marianne Theil

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Trinken und Schlafen auch nonverbal mitgeteilt werden konnte. Und das wäre auf so einer Reise eh das Wichtigste. Nicht zu vergessen, mein Handy war inzwischen voll von lauter Apps, um Übernachtungen aller Preisklassen zu buchen, sämtliche Sprachen zu übersetzen und (Aus)Flüge zu organisieren. Ich wusste nicht, warum, aber ich hatte keine Bedenken, nur eine übermäßige Vorfreude auf dieses Abenteuer, das mich erwartete. Und wenn ich wieder daheim war, dann würde es auch mit dem Englisch klappen, dachte ich mir.

      Mein ältester Sohn ging mit meiner Idee sehr pragmatisch um. „Mama, du hast dein Leben lang viel gearbeitet, ich finde, das kannst du dir jetzt schon mal gönnen. Schließlich wirst du auch älter und jetzt kannst du es körperlich noch meistern. Aber nicht alles ausgeben, denk an die Rente!“ Und: „Wieso willst du eigentlich den Kleinen mitnehmen? Der hat doch nichts geleistet. Allein könntest du viel individueller reisen, außerdem hättest du mehr Geld für dich und deine Sicherheit. Zum Beispiel bessere Hotels statt billiger Absteigen sowie geführte Reisetouren. Du könntest die Sehenswürdigkeiten anschauen, die dich interessieren, und hättest keinen maulenden Teenager dabei, der ständig meckert, dass er kein WLAN hat.“

      In diesen Punkten musste ich ihm recht geben, daran hatte ich auch schon gedacht. Aber es erschien mir dann doch zu riskant, ihm für ein ganzes Jahr allein das Haus zu überlassen. Nur hatte ich auch schon seit einigen Wochen das Gefühl, das mein Jüngster meine Begeisterung nicht mehr teilte. Sobald das Thema darauf fiel, wurde er sehr einsilbig. Als dann von mir noch der Vorschlag kam, in den Ferien oder an den Wochenenden zu jobben, war seine Laune zu diesem Thema auf dem Nullpunkt. Schließlich konnte er nicht erwarten, dass er mit fast achtzehn Jahren keinerlei Beitrag dazu leisten musste.

      Als ich ihn nach einigen Monaten direkt darauf ansprach, ob er denn überhaupt noch mitwolle, druckste er ein bisschen rum und gestand mir dann, dass ihm ein Jahr doch zu lang wäre, schließlich hätte er seit Kurzem eine Freundin. Außerdem würden ihm seine Freunde fehlen und überhaupt …

      Gut, damit war es entschieden, er würde daheimbleiben, eine Lehre beginnen und sich um das Haus und die Katzen kümmern.

      Inzwischen hatte ich noch zwei Studenten für die Zeit meiner Abwesenheit gewinnen können, die sich jeweils ein Zimmer mieten und das Haus als Wohngemeinschaft nutzen würden. So hatte ich wenigstens ein paar Mieteinnahmen, damit sämtliche Unkosten daheim gedeckt wären. Mein Exmann würde ein bis zweimal die Woche mit meinem Sohn essen gehen und sich vergewissern, dass alles in Ordnung war. Wenigstens hatte er mir das versprochen, aber ich dachte, dass ich mich in dieser Hinsicht auf ihn verlassen könnte.

      Eine sehr gute Freundin würde regelmäßig nach dem Rechten sehen, schließlich hatte sie auch Kinder in diesem Alter und wusste, was alles schiefgehen konnte. Ich war froh, dass ich sie zur Unterstützung hatte, das ließ mich diese Reise auf jeden Fall viel gelassener angehen.

      Nun waren es nur noch zwei Monate, bis zum Tag X und ich wurde langsam doch aufgeregter, als ich es mir vorgestellt hatte. Plötzlich sah ich meine Umgebung mit ganz anderen Augen. Nein, nicht anders, aber vielleicht genauer. Ich nahm mein Heim, meinen Garten, die Berge viel genauer wahr, überlegte mir, ob ich das alles vermissen würde oder vielleicht etwas Neues kennenlernen würde, das mich alles hier vergessen lassen würde.

      Daran wollte ich gar nicht denken, denn ich flüchtete nicht, wollte aber meinen Horizont erweitern und neue Landschaften und Kulturen kennenlernen. Ich freute mich auf neue, fremde Menschen und hoffte, dass ich mich mit ihnen verständigen könnte.

      Ich konnte es gar nicht erwarten, unbekannte Bauten und Tempel zu erleben. In Landschaften zu wandern, die mir absolut neu und unbekannt waren. An Stränden zu liegen und die Wolken am Himmel zu beobachten oder mit den Fischen um die Wette zu tauchen.

      Ich wusste auch, dass ich Heimweh bekommen würde. Ich liebe meine Kinder, mein Zuhause und auch meine Arbeit. Aber das alles war nicht aus der Welt und nur für eine kurze Zeit aus meinem Leben verbannt. Schließlich würde ich wieder zurückkommen.

      Tausend Gedanken gingen durch meinen Kopf: “Hoffentlich werde ich nicht krank und liege einsam irgendwo auf einer Pritsche, wo man mich vergisst.“ – „Hab ich auch nichts vergessen, werde nicht bestohlen oder erschlagen? Ab sofort werden keine Krimis mehr angesehen, nur noch Traumschiff-Reisen und Rosamunde Pilcher-Filme“.

      Bis jetzt hatte ich keinerlei Bedenken, diese einzigartige Reise anzugehen, und ich wollte, dass es auch so bliebe. Denn viele Bekannte und Patienten in meiner Praxis gaben mir zu verstehen, wie gefährlich und risikoreich diese Auszeit werden könnte. Ich wollte mich dadurch nicht verunsichern lassen und redete inzwischen nur noch mit den Leuten darüber, von denen ich wusste, dass sie sich mit mir freuen würden.

       Los geht die Reise

      Und ehe man sich’s versah, war es so weit. Ein letztes Mal mit der Kollegin alles durchgegangen: die Büroarbeiten, Vollmachten für Firmen, Steuerberater, etc. Eine wunderschöne, feuchtfröhliche Abschiedsfeier, mit der ich gleichzeitig in meinen Geburtstag hineinfeierte (mache ich bei der nächsten Weltreise nicht mehr, da ich am nächsten Tag so verkatert war, dass ich vergessen habe, die Abschiedsbriefe meiner Kinder mitzunehmen). Dafür fiel mir das Verabschieden von meinen Lieben nicht ganz so schwer, da ich nur müde war und im Flixbus gleich schlafen wollte.

      Von Frankfurt aus ging es dann in den Flieger weiter und mit zwei Stunden Verspätung flog ich endlich los, weg aus dem grauen, verregneten Deutschland. Es war eh in den Bergen Schnee angekündigt und so wurde mir der Abschied von allen Seiten leichtgemacht.

      Mein erstes Ziel sollte Dubai sein. Eigentlich war diese Stadt nur zur Zwischenlandung geplant, aber wenn ich schon landete, wollte ich dort auch die Highlights bewundern. Außerdem gab es da den höchsten Turm der Welt, den Burj Khalifa, den es galt (mit dem Fahrstuhl) zu besteigen. Auch interessierte mich die Scheich-Zayid-Moschee in Abu Dhabi, über deren überwältigende Pracht so viel geschrieben stand. Also hatte ich eine Woche Dubai als Beginn meiner Reise eingeplant.

      Gebucht hatte ich ein Zimmer über Airbnb bei einer jungen Frau, die gebürtig aus Polen kam, allerdings fließend Deutsch und Englisch sprach. Das wäre für den Anfang schon mal ganz gut, dachte ich, damit ich sprachlich nicht gleich ins kalte Wasser geworfen würde.

       Vereinigte Arabische Emirate – Dubai

      Allerdings stieß ich gleich nach meiner Ankunft an meine Grenzen, als ich über Uber eine Fahrt buchen wollte, was ohne WLAN und mit meinen geringen Englischkenntnissen nicht ganz so einfach zu bewerkstelligen war. Gut, mein Fahrer war sehr verständnisvoll und fand mich schließlich wie ein aufgescheuchtes Huhn am äußeren Flugzeuggelände umherirren. Wahrscheinlich war ich nicht die erste Touristin, die an diesem Flughafen total überfordert war. Er hat seine Sache gut gemacht, mich nicht erst stundenlang durch die Stadt gefahren und mich sicher an die aufgeschriebene Adresse gebracht.

      Meine Vermieterin, die schon länger in Dubai lebte und dort arbeitete und vor allem sehr gut Deutsch sprach, nahm mich herzlich auf und zeigte mir mein Zimmer mit Klimaanlage. Sie arbeitete in der Dubai Mall, einem riesigen Einkaufszentrum, um nicht zu sagen, der größten Einkaufsmeile weltweit (lt. Stadtführerin), in einem Juweliergeschäft und war den ganzen Tag außer Haus.

      War es die lange Reise, acht Stunden Bus, sechs Stunden Flug, dazwischen lange Fußstrecken mit meinem überfüllten Handgepäcksrucksack? Auf jeden Fall hatte ich bei meiner Ankunft ziemliche Rückenschmerzen. Nun gut, es lebe die Pharmaindustrie, sie würde alle Beschwerden schnell verschwinden lassen. Doch weit gefehlt!

      Nach einem Tag des Eingewöhnens hatte ich eine Tagestour durch Dubai gebucht. Ich freute mich sehr auf die neuen Eindrücke, denn unsere Reiseleiterin war eine deutschsprachige Ägypterin. Ich würde also alles verstehen und musste mir nicht das meiste zusammenreimen.

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