Die esoterische Botschaft der Märchen. Manfred Ehmer

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Die esoterische Botschaft der Märchen - Manfred Ehmer Edition Theophanie

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im unmittelbaren Umkreis Gottes aufhielten und vielleicht auch menschlichen Königen oder Priestern Beistand leisteten. Aber anders als der Greif vereinigte der altsemitische Kerub neben dem Löwen und dem Adler auch den Stier und den Menschen in seiner Natur, vor allem der Kopf wurde immer als Menschenkopf abgebildet mit langem geflochtenem Bart nach assyrischer Mode. Löwe, Adler, Stier und Mensch, dargestellt im Bilde der vier Tierkreiszeichen Löwe, Skorpion, Stier und Wassermann, wurden von den sternenkundigen Eingeweihten Babyloniens als astrale Urgestalten geschaut, die den ganzen Tierkreis trugen, sozusagen die vier Wächter des Himmels. Noch der jüdische Prophet Hesekiel sieht sie in einer Vision als mächtige Cherubim, die in flammender Wolke vom Himmel herabkommen: „Und mitten darin war etwas wie vier Gestalten; die waren anzusehen wie vier Menschen (…) Ihre Angesichter waren vorn gleich einem Menschen und zur rechten Seite gleich einem Löwen bei allen vieren und zur linken Seite gleich einem Stier bei allen vieren und hinten gleich einem Adler bei allen vieren.“ (Hes.1/5-10)

      Sie tauchen noch ein zweites Mal in der Bibel auf: in der Weltvision des Johannes als die vier göttlichen Urgeister, die vor dem Thron Gottes stehen: „Und vor dem Thron war es wie ein gläsernes Meer, gleich einem Kristall, und in der Mitte am Thron und um den Thron vier himmlische Gestalten, voller Augen vorn und hinten. Und die erste Gestalt war gleich einem Löwen, die zweite Gestalt war gleich einem Stier, und die dritte hatte ein Antlitz wie ein Mensch, und die vierte Gestalt war gleich einem fliegenden Adler.“ (Off. Joh. 4/7-8) In den „heiligen Tieren“ der Assyrer und Babylonier sowie in den „Engeltieren“ des Judentums haben wir wohl den Ursprung des Greifen zu sehen. Er ist ein Himmelswesen, den mächtigen Cherubim vergleichbar, und so nimmt es nicht Wunder, dass Dante in seiner Göttlichen Komödie die Beatrice auf einem von Greifen gezogenen Wagen vom Himmel herniederkommen sieht:

       Und einen Wagen sah ich sie umringen,

       Den auf zwei Rädern stolz und wundersam

       Ein Greif am Halse zog, wohin sie gingen.24

      Alle diese Belege weisen darauf hin, dass wir den Greifen als ein spirituelles Symbol zu betrachten haben: Himmelstier und Himmelsbote, eine Verkörperung göttlicher Transzendenz, zuweilen auch ein Christussymbol. Dem steht übrigens nicht entgegen, dass es ein Grimm'sches Volksmärchen über den „Vogel Greif“ gibt, in dem dieser als ein christenfressendes Ungeheuer dargestellt wird (Kinder- und Hausmärchen Nr. 165). Aber die Grimm'schen Märchen stammen ja aus dem späten Mittelalter, als der esoterische Gehalt der Ursymbole längst verblasst war.

       Die Sphinx

      Eigentlich müsste es heißen: der Sphinx; denn dies Wesen wurde bei den Ägyptern immer nur männlich dargestellt. Die älteste bekannte Darstellung eines Sphinxwesens, eines geflügelten Löwen mit Menschenantlitz, ist der Sphinx von Gizeh mit dem Gesicht des Pharao Chefren. Bescheiden ruht er zu Füßen der gewaltigen Pyramiden, 73 Meter lang und 20 Meter hoch, aber wer diesem steinernen Königslöwen in das seltsame, zerschlagene Antlitz schaute, dem wird sie zu einem Urweltriesen, der Staunen erweckt, mit einem unheimlichrätselvollen Gesicht und einem in endlose Ferne gerichteten Blick. Die weibliche Form erhielt das Fabelwesen erst in Syrien, und von dort aus erfolgte die Verbreitung nach Kreta und Griechenland, wo sie zumeist rein ornamental verwendet wurde, zum Beispiel als Bekrönung von Grabstelen oder als Weihgeschenk. Die griechische Mythologie nennt die Sphinx als Tochter des Drachen Typhon und des Ungeheuers Echidna; sie saß im Auftrag der Göttin Hera vor einem der Tore Thebens und stellte jedem Vorübergehenden das Menschen-Rätsel („Was geht zuerst auf vier, dann auf zwei und zuletzt auf drei Beinen?“), wobei sie alle tötete, die es nicht zu lösen wussten. Als Ödipus die Lösung wusste, stürzte sich das Untier in einen Abgrund….

      Hier ist die Sphinx zu einem reinen Phantasiewesen verkommen; aber im frühen Ägyptertum finden wir noch etwas von der ursprünglichen Wahrbedeutung. Der Sphinx besitzt in erster Linie natürlich eine esoterische Bedeutung: er ist der Löwenvogel mit dem menschlichem Gesicht, der das geistig-göttliche Sonnenzentrum repräsentiert. Es handelt sich um ein Symbol für den göttlichen Sonnenlogos, und wenn dies Wesen die Züge des Pharao Chefren trägt, dann deswegen, weil der Pharao als wesenseins mit dem göttlichen Sonnengeist gesehen wurde. Das Löwenhafte ist ein astrales Sinnbild für die Sonnenkraft. Gleichzeitig weist es hin auf ein längst vergangenes Weltzeitalter, in dem der Frühjahrspunkt noch im Tierkreiszeichen des Löwen stand und nicht wie heute am Ende des Tierkreiszeichens Fische.

      Auf der berühmten Traumstele, die später zwischen den Pfoten des Sphinx aufgestellt wurde, wird berichtet, wie der Pharao Thutmosis IV. (1419–1386 v. Chr.) bei einem Ausflug im Schatten des gigantischen Standbildes einschlief; da erschien ihm der Sphinx im Traum und gab sich ihm als Re-Harachte, eine Erscheinungsform des Sonnengottes Re, zu erkennen: „Erhebe die Augen zu mir und sieh mich an, Thutmosis, mein Sohn; ich bin dein Vater, der Gott Harachte-Re-Atum. Ich werde dir königliche Macht geben, das Land in seiner ganzen Ausdehnung wird dir gehören. …. Seit vielen Jahren ist mein Blick und mein Herz dir zugewandt. Der Sand der Wüste aber, auf dem ich ruhe, erdrückt mich. Versprich mir, dass du mein Begehren erfüllen wirst…“25 – und Thutmosis ließ, auf diesen Traum hin, den vom Wüstensand schon halb zugewehten Sphinxkörper wieder freilegen. Aber warum wurde der Sphinx überhaupt mitten in der Wüste angelegt? Und ist sein Erbauer tatsächlich Pharao Chephren (2558–2523 v. Chr.), wie immer wieder behauptet wird? Wie alt ist der Sphinx tatsächlich?

      Die Löwengestalt des Sphinx weist uns hin auf das Große Platonische Jahr, jene gewaltige Wanderung des Frühjahrspunktes durch alle Tierkreiszeichen innerhalb von 25.920 Jahren, sie verweist insbesondere auf das prähistorische Löwe-Zeitalter (10.950–8790 v. Chr.), in das die Überlieferung den Untergang des alten Erdteils Atlantis verlegt; aber auch die Wissenschaft sieht in dieser Periode das Ende der letzten Eiszeit. Und Hans Künkel hat in seinem Buch DAS GROSSE JAHR (1922) viel Intuition bewiesen, als er die Sphinxgestalt mit dem Löwe-Zeitalter in Verbindung brachte: „Die Sphinx ist älter als die älteste Pyramide. Sie ist aus den Gesteinsrippen eines heute verschwundenen Felsenberges herausgehauen. In unzugänglichen Gesteinskammern ihres Innern birgt sie das Geheimnis des Äons, das vielleicht in einem einzigen Meisterwort besteht. Die Sphinx von Gizeh hat ein Menschenantlitz und einen Löwenleib. Nach der Symbolik, der sich die alten Völker bedienten und derer wir uns vielleicht unbewusst noch heute bedienen, mögen wir vermuten, dass uns in der Sphinx ein Wahrzeichen des Löwezeitalters erhalten geblieben ist. Um das Jahr 10.000 vor Christi Geburt stand der Frühlingspunkt im Tierkreiszeichen des Löwen.“26

      Und entspricht das Löwe-Weltzeitalter zeitlich denn nicht genau der „Altsteinzeit“, von der wir durch Funde hinlänglich wissen, dass Ägypten in ihr unter klimatisch völlig andersartigen Bedingungen von Menschen bereits besiedelt war? Geologische Untersuchungen, die man seit 1979 am Urgestein des Sphinx vornahm, haben massive Wasserschäden am Bauwerk zutage gebracht, die nur durch heftige Regengüsse (Sintflut?) oder durch ein regenreiches Klima wie während der Altsteinzeit bewirkt sein können. Hier die Deutung des Archäologen John A. West: „Lange bevor sich Ägypten in eine Wüste verwandelte, war das Giseh-Plateau eine fruchtbare Savanne. An ihrem Rand häufte sich im Laufe der Zeit Gestein auf, aus dem unbekannte Steinmetze einen gewaltigen Kopf herausschlugen. Den Kopf einer Gottheit oder eines Löwen. Als der Kopf fertig war, wurden 100 Tonnen schwere Kalksteinblöcke herausgeschlagen und am Tal-Tempel sowie am Sphinx-Tempel scheinbar mühelos in Position gebracht. Jahrtausende vergingen, und sintflutartige Regenfälle wetzten die Sphinx nahezu auf ihre heutige Größe. Als der Regen endete, wandelte sich die einst fruchtbare Savanne in die Wüste Sahara um. Der Wüstensand begrub die Sphinx bis zum Hals und konservierte somit das Bauwerk und seine Verwitterungsspuren am Körper. Der Kopf der Sphinx hingegen schrumpfte und wurde möglicherweise neu gemeißelt. Die Könige der vierten Dynastie, die Erbauer der Pyramiden um 2500 v. u. Z., gruben die Sphinx aus und restaurierten den Kopf. Auch Pharao Chefren erbaute die Sphinx nicht, sondern ließ sie lediglich restaurieren.“27 Nach dieser Deutung ist der Sphinx von Gizeh, dies

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