Sommermordsgrauen: 7 Krimis in einem Band. Earl Warren
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Sommermordsgrauen: 7 Krimis in einem Band - Earl Warren страница 23
„Unser Mann ist gebürtiger Kanadier“, stellte ich fest. „Und da er sich scheinbar nicht traut, über die Grenze zu gehen, müsste man ihn in den dort geführten Dateien über Kriminelle finden.“
„Ich werde mal gleich mit Mr McKee deswegen telefonieren“, sagte Milo. „Das wird wohl auf höherer Ebene geklärt werden müssen.“
Milo hatte sein Handy noch nicht am Ohr, das klingelte der Apparat von Josephson. Der Captain der Homicide Squad sagte zweimal kurz hintereinander „Ja!“ und einmal „In Ordnung.“ Nachdem er dann noch einmal „Ist das sicher?“ gefragt hatte, beendete er die Verbindung.
„Das waren die Kollegen vom Erkennungsdienst, die gerade Anselmos Apartment untersuchen.“
„Wir sollten uns an diesen Namen nicht allzu sehr gewöhnen“, sagte ich. „Er ist mit Sicherheit falsch.“
„Die Kollegen haben Reste von Blut gefunden. Da muss etwas bis zur Decke gespritzt sein. Und selbst dort, wo Anselmo sorgfältig sauber gemacht hat, lassen sich noch mit Luminol Reste nachweisen.“
„Ich denke, das reicht für einen Haftbefehl, oder?“, fragte ich.
Josephson nickte. „Ganz sicher!“
Wir kehrten zum Headquarter des Police Department zurück.
Mit Hilfe der Handynummer, die uns MacConroy gegeben hatte, versuchten die dortigen Innendienst-Kollegen, den Aufenthaltsort zu bestimmen. Aber das Gerät war offensichtlich nicht eingeschaltet. Und so lange das nicht der Fall war, liefen unsere diesbezüglichen Bemühungen zwangsläufig ins Leere.
Ein Anruf des Field Office New York erreichte mich. Eigentlich hatte ich gehofft, dass es bereits grünes Licht für den Datenaustausch mit den kanadischen Behörden gab, aber unser Kollege Max Carter rief wegen einer anderen Sache an.
Offenbar hatten die Ermittlungen unserer Spezialisten für Betriebswirtschaft Erfolg gehabt. Nat Norton war es gelungen, die Geldströme zumindest ein Stückweit zurückzuverfolgen, die von Brian Mondales Konten ausgingen, über verschlungene Pfade nach Liechtenstein via Cayman Islands führten, um schließlich irgendwann ihr Ziel in Nordamerika oder auf einem Schweizer Nummernkonto zu finden.
Ein Name tauchte dabei immer wieder auf. So oft, dass es kein Zufall sein konnte.
„Brad Norinsky“, sagte Max Carter. „Über ein paar Umwege ist er genau an denselben Briefkastenfirmen beteiligt wie Mondale und dieser Gregory Sumner – auch wenn da immer irgendeine windige Limited nach britischem Recht dazwischen geschaltet ist, um die Wirtschaftskonzerne zu verschleiern.“
„Was wissen wir über diesen Norinsky?“, fragte ich.
„Jemand, den wir schon seit langem mit Geldwäschegeschäfte in Verbindung bringen, ohne es ihm beweisen zu können. Außerdem soll er die Prostitution im südlichen Ontario unter Kontrolle haben. Der Mann nimmt die nordamerikanische Freihandelszone NAFTA wirklich ernst! Dass er allerdings auch im Müll-Geschäft dick drinsteckt, ist uns neu.“
„Das ist also der Mann hinter Sumner!“, murmelte ich.
„Allerdings wird es schwierig, ihm etwas zu beweisen. Leute, die in der Vergangenheit gegen ihn aussagen wollten, sind kurzerhand umgebracht worden.“
„Was ist mit Kanada?“
„Ein bisschen Geduld noch, Jesse. Mr McKee telefoniert schon seit einer halben Stunde mit Toronto.“
30
Ein neues Leben!, dachte er. Zumindest ein neuer Abschnitt…
Er lächelte.
Ich habe alle Trümpfe in meiner Hand!, ging es ihm durch den Kopf. Norinsky hatte gar keine andere Wahl, als das Spiel mitzuspielen – ob es ihm nun passte oder nicht.
Anselmo ging die Treppe hinunter. Die Stufen knarrten. Das Hotel, in dem er sich eingemietet hatte, hatte seine besten Tage lange hinter sich. Das Gebäude stammte aus den Dreißigern – aber seit mindestens zwanzig Jahren war keine Renovierung mehr durchgeführt worden.
Für Anselmo war es genau richtig.
Hier war man froh über jeden Gast. Niemand stellte Fragen und es wurde auch niemand misstrauisch, wenn man nicht mit Kreditkarte sondern bar bezahlte. Anselmo besaß zwar eine Kreditkarte, aber er hielt es für klüger, sie im Moment nicht zu benutzen. Er musste vorsichtig sein. Verdammt vorsichtig. Wenn er in den vergangenen gut zwanzig Jahren etwas gelernt hatte dann das.
Wer rechtzeitig untertauchte erhöhte seine Chancen davonzukommen.
Und bis jetzt war er davongekommen.
Roy Anselmo erreichte das Foyer.
Hinter dem Tresen stand die rothaarige Frau.
Sie war damit beschäftigt, Unterlagen zusammenzuheften. Wahrscheinlich Quittungen. Zunächst war sie so sehr in ihre Arbeit vertieft, dass sie Anselmo gar nicht bemerkte. Anselmo näherte sich und blieb dann stehen. Die Junge Frau blickte auf und zuckte zusammen.
„Meine Güte, Sie haben ich mal erschreckt…“
„Tut mir leid.“
„Sie stehen da und starren mich an!“
„Ich sagte doch, es tut mir leid.“
Sie ist allein!, dachte er. Die Gelegenheit war günstig. Aber es gab jetzt etwas anderes, das Vorrang hatte. Später!, dachte er. Du musst abwarten…
Ihr Gesicht veränderte sich. Sie zog die Augenbrauen zusammen und sah ihn auf eine Weise an, die ihm nicht gefiel. So als wäre etwas mit ihm nicht in Ordnung.
Roy Anselmo legte den Zimmerschlüssel auf den Tresen.
„Es ist rund um die Uhr jemand hier“, sagte die junge Frau.
„Haben Sie heute die Nachtschicht?“
„Ja.“
„Ein harter Job, was?“
„Ich bin froh, dass ich die Stelle hab.“
„Ja, aber es muss trotzdem seltsam sein.“
„Wovon sprechen Sie bitte?“
„Ich meine, dass Sie nach draußen gehen müssen, um eine Zigarette zu rauchen.“
„Ich wüsste nicht, was Sie das angeht.“
Anselmos Gesicht wurde zu einer Maske. „Nichts für ungut“, sagte er und in seiner Vorstellung sah er für einen Moment seine Mutter vor sich. Sah das Blut. Die starren Augen. Du musst es tun! Dieser Satz hämmerte immer wieder in seinem Kopf. Seine Hand glitt in die Seitentasche des Jacketts. Dort trug er den Elektro-Schocker.
Seine Hand ertastete die Waffe, umklammerte den Griff und aktivierte das Gerät.
Norinsky