Superorgan Mikrobiom. Dr. Nicole Schaenzler
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… mit eigenem Forschungsgebiet
200 Jahre später sprach man nicht mehr von »animacula«, sondern von »Bakterien«, abgeleitet vom altgriechischen »bacterion«, was »Stäbchen« bedeutet. Inzwischen standen den Forschern sehr viel bessere Mikroskope und vor allem ganz neue Methoden wie verschiedene Färbetechniken, feste, transparente Kulturschalen mit den unterschiedlichsten Kulturmedien und Brutschränke zum Anzüchten von Bakterien zur Verfügung. Mit diesen Errungenschaften ließ sich jetzt präzise Typus von Typus unterscheiden: die Tuberkel- von den Diphtheriebazillen, die Typhus- von den Choleraerregern, die Staphylokokken von den Streptokokken und, und, und. Die Gründerväter der modernen Bakteriologie – allen voran der französische Chemiker Louis Pasteur (1822–1895) und der deutsche Arzt Robert Koch (1822–1910) – ließen es jedoch nicht beim Mikrobenkino bewenden. Ihnen ging es um zweierlei: zum einen um den definitiven Beweis, dass Bakterien Krankheiten verursachen, und zum anderen darum, Mittel und Wege zu finden, wie sie den Mikroorganismen so zu Leibe rücken konnten, dass sie für die Menschen nicht länger gefährlich waren.
Von den Ergebnissen ihrer Bemühungen profitieren wir bis heute. So erfand Pasteur für uns zum Beispiel das Pasteurisieren: Wird ein Lebensmittel kurz erhitzt, werden die in ihm enthaltenen Bakterien abgetötet – und das Lebensmittel ist länger haltbar. Und Robert Koch klärte uns darüber auf, dass es in Zeiten einer Epidemie unabdingbar ist, alles gründlich zu desinfizieren, sich immer wieder die Hände zu waschen und, wenn die Cholera wütet (wie 1892 in Hamburg aufs Schlimmste geschehen), auch das Trinkwasser abzukochen, um sich bestmöglich vor einer Ansteckung zu schützen.
Vor allem aber inspirierten die beiden großen Bakteriologen andere Wissenschaftler wie Emil Behring (1854–1917), Paul Ehrlich (1854–1915), Emil Roux (1853–1933) oder Alexandre Yersin (1863–1943) mit ihren grundlegenden Beiträgen zur Infektionslehre dazu, Impfstoffe zu entwickeln. Damit hatten die Ärzte endlich ein sehr effektives Mittel an der Hand, um schlimmen Infektionskrankheiten wie Tollwut, Tetanus oder Diphtherie vorzubeugen.
Die Gifte der Bakterien
Fast nebenbei fanden die Bakteriologen der ersten Stunde außerdem noch heraus, dass nicht nur die Bakterien selbst, sondern auch deren Gifte (Toxine) hochgefährlich für uns werden können. Das Diphtherietoxin, das Clostridientoxin (auf das wir später noch genauer eingehen) oder das Clostridium-perfringens-Toxin, das Gasbrand auslöst, sind Ihnen vermutlich weniger ein Begriff. Aber über das Toxin des Bakteriums Clostridium botulinum mit dem griffigen Namen Botox (eigentlich Botulinum-toxin) dürften Sie schon einiges gehört und gelesen haben; vielleicht haben Sie es ja auch schon selbst ausprobiert. Botox gilt nämlich als Wundermittel gegen Falten: Es kann den Mimikmuskeln eine Weile die Spannung nehmen und so die darüberliegende Haut sehr effektiv glätten. Außerdem setzen die Mediziner Botulinumtoxin zur Linderung von Migräne, übermäßigem Schwitzen oder eines Tennisarms ein.
Aber: Botulinumtoxin in unverdünnter Form ist auch eines der stärksten Gifte überhaupt; schon die Aufnahme weniger Milli-ardstel Gramm davon kann tödlich sein. Deshalb ist es ein absolutes Muss, dass bei jeder Anwendung, egal, ob aus medizinischen oder ästhetischen Gründen, ganz genau gerechnet und gespritzt wird. Und weil Botulinumtoxin auch in luftdicht verschlossenen Konserven vorkommen und dann eine massive Lebensmittelvergiftung auslösen kann, sollten Sie selbst eingekochte Konserven grundsätzlich über 100 °C abkochen.
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