Die Gier des Staates. Peter Uhl

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Die Gier des Staates - Peter Uhl

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Ende des Betriebsprüferlehrgangs führte der Ausbildungsleiter mit mir ein Gespräch und sagte: »Leute wie Sie bleiben nicht lange bei der Finanzverwaltung. Bleiben Sie wenigstens vier Jahre, damit der ganze Aufwand sich auch für uns rechnet. Ich werde dafür sorgen, dass Sie sofort, wenn Sie beim Finanzamt anfangen, in die nächste höhere Gehaltsstufe aufrücken. Normalerweise muss allerdings eine Wartefrist von sechs Monaten eingehalten werden, deshalb wird der Personalrat des Finanzamts wahrscheinlich nicht einverstanden sein. Sollten Sie Schwierigkeiten haben, rufen Sie mich an. Ich sorge dann dafür, dass Sie die Gehaltserhöhung bekommen.«

      Am ersten Tag nach Beendigung des Lehrgangs wurde ich zum Vorsteher des Finanzamts gerufen. Der Personalrat war versammelt. Die von der Aufsichtsbehörde vorgeschlagene Gehaltserhöhung wurde abgelehnt. Ich rief daraufhin den Ausbildungsleiter an. Er setzte die Gehaltserhöhung durch. Anschließend wurde ich längere Zeit von den Herren, die dagegen waren, nach heutigem Sprachgebrauch gemobbt. Bei der Gehaltserhöhung ging es übrigens um keinen hohen Betrag – brutto waren es monatlich 45,- DM.

      Eine meiner ersten Prüfungen war ein kleines EDEKA-Lebensmittelgeschäft, das in einer Kleinstadt betrieben wurde. Mit der Bahn fuhr ich hin. Der Steuerpflichtige, ein Kriegsversehrter mit einer Beinprothese, erklärte einen Gewinn, der für eine vierköpfige Familie – ein Ehepaar mit zwei schulpflichtigen Kindern – kaum zum Leben reichte. Ich hatte den ausdrücklichen Auftrag, auch etwaige Sparbücher einzusehen.

      Das Geschäft und die Wohnung befanden sich im selben Haus. Es gab kein Arbeitszimmer. Der Steuerpflichtige führte mich in das Wohnzimmer und wies mir einen Platz am Wohnzimmertisch zu. Während der Prüfung bat ich um Vorlage der Sparbücher. Bei dem Wort Sparbücher drehte der Steuerpflichtige durch. Er brüllte, schimpfte über den Staat, hob die Krücke und wollte auf mich einschlagen. Ich rannte um den Wohnzimmertisch, drehte mehrere Runden, und er humpelte hinter mir her. Nach jeder Runde sammelte ich einige Unterlagen, die auf dem Tisch lagen ein und als ich schließlich alle in der Hand hatte, schnappte ich meine Aktentasche und flitzte zur Tür hinaus in Richtung Bahnhof. Er schrie mir noch einige Verwünschungen hinterher.

      Am nächsten Tag, ging ich zu meinem Vorgesetzten und unterrichtete ihn über diesen Vorfall. Er hatte wohl selbst einschlägige Erfahrungen dieser Art und war nicht besonders erstaunt. Er ordnete das persönliche Erscheinen des Steuerpflichtigen an.

      Der Steuerpflichtige erschien in Begleitung eines Steuerberaters. Er legte das einzige Sparbuch vor, das er besaß. Auf dem Sparbuch waren monatliche Eingänge in Höhe von 30,- DM eingetragen – es handelte sich um die Kriegsversehrtenrente für das im Krieg verlorene Bein. Der Sachgebietsleiter wunderte sich und wollte wissen, warum er die Vorlage des Sparbuchs zunächst verweigerte, die Rente sei ja nicht steuerpflichtig. Der Steuerpflichtige erklärte, er habe das nicht gewusst und angenommen, er müsse auch noch die magere Rente versteuern. In seiner Verzweiflung, wie er mit dem Wenigen, was er verdiente, seine Familie durchbringen solle, habe er die Nerven verloren, zumal er sich sowieso vom Staat betrogen fühle.

       3. Wechsel in die Privatwirtschaft

      Während meiner Tätigkeit beim Finanzamt bekam ich gesundheitliche Probleme und hatte oft Migräneanfälle, musste regelmäßig einen Arzt aufsuchen. Die Diagnose lautete: Überfunktion der Schilddrüse. Er verschrieb ein Medikament, das ich täglich einnehmen sollte. Dessen Wirkung hat meine Probleme aber nicht gelöst, sondern neue waren die Folge. Die Tabletten hatten eine stark dämpfende Wirkung und erzeugten eine große Müdigkeit.

      Als ich nach vier Jahren meine Tätigkeit beenden wollte, führte der Vorsteher mit mir ein Gespräch und versuchte, mich von einem Wechsel in die Privatwirtschaft abzuhalten. Er schilderte das raue Klima, das mich erwarten würde, und malte meine Zukunftsaussichten in düsteren Farben. Er glaubte, mir so viel Angst machen zu können, dass ich mich umstimmen ließ. Diese Bemühungen blieben aber erfolglos. Ich beendete meine Tätigkeit und trat eine neue Stelle bei einer mittleren Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in München an. Ich hatte eine Arbeit gefunden, die mir außergewöhnlich viel Freude bereitete. Meine gesundheitlichen Probleme waren wie weggeblasen. Meine Flucht in die Privatwirtschaft habe ich auch deshalb nie bereut.

      Mein nächstes Ziel war die Ablegung der Steuerberaterprüfung. Zur Vorbereitung auf diese Prüfung besuchte ich einen der hierfür angebotenen Lehrgänge. Diese wurden damals von Finanzbeamten und Steuerberatern nebenberuflich angeboten und waren deshalb nicht von bester Qualität. Steuerberater mit gut gehender Steuerkanzlei hatten nicht die notwendige Zeit, um den Unterricht gut vorzubereiten. Ich habe unter dem schlechten Unterricht oft gelitten.

      Nach bestandener Prüfung wollte ich eine gut gehende Steuerkanzlei erwerben, scheiterte aber an der Finanzierung des Kaufpreises. Die Alternative war, selbst einen Lehrgang zur Vorbereitung auf die Steuerberaterprüfung anzubieten. Meine Marktchance sah ich darin, mich hauptberuflich auf den Unterricht zu konzentrieren, dadurch konnte ich ein wesentlich höheres Unterrichtsniveau erreichen. Der Erfolg stellte sich bereits nach kurzer Zeit ein. Deshalb gab ich meine bisherige Tätigkeit auf und widmete mich für den Rest meiner beruflichen Laufbahn der Ausbildung angehender Steuerberater.

      Mein eigentliches Berufsziel, Schauspieler zu werden, konnte ich nicht verwirklichen. Fähigkeiten jedoch, die zum Beruf eines Schauspielers gehören, und die ich in Vorbereitung auf die Schauspielschule erworben hatte, kamen mir nun zugute, denn diese konnte ich weitestgehend in meine Unterrichtstätigkeit einbringen.

      Neben meiner Lehrtätigkeit übte ich nebenberuflich auch noch eine Beratungstätigkeit aus. Steuerberater mit gutlaufenden Kanzleien sind ausgelastet und haben oft nicht die notwendige Zeit, um nur gelegentlich anfallende komplexe Sachverhalte zu bearbeiten. Manchmal ist auch das erforderliche Wissen nicht vorhanden und müsste erst zeitaufwendig erschlossen werden. Solche Mandate sind immer schwierig. In der Regel lassen sich die Probleme auch nicht schnell lösen. Dieses Wissen stand mir hingegen durch die intensiven Vorbereitungen auf den Unterricht abrufbereit zur Verfügung, denn ich hatte jedes Jahr den aktuellen Stand des für die Steuerberaterprüfung erforderlichen Gesamtwissens. Die von mir ausgebildeten Steuerberater wussten das. Sie baten mich um Hilfe, wenn sie bei Auseinandersetzungen mit dem Finanzamt nicht weiterkamen.

      Bei der Beratung beschäftigte ich mich hauptsächlich mit zwei Bereichen:

      Zum einen interessierten mich Fälle, die wegen behaupteter falscher Beratung zu einem Haftungsfall des Steuerberaters hätten führen können. Die Haftpflichtversicherer sind oft sehr schnell bereit, dem Steuerpflichtigen den Schaden zu ersetzen, und erhöhen anschließend die Versicherungsbeiträge. Nicht selten ließen sich Fehler aber noch reparieren und so die Haftung eines Kollegen vermeiden. Mit dem notwendigen Wissen und einer genauen Analyse ließen sich aber auch vermeintliche Schadensersatzansprüche eines Mandanten abwehren.

      Der zweite Bereich betraf Mandate, bei denen sich eine Finanzbehörde maßlos zulasten eines Steuerbürgers rechtswidrig verhalten hatte. Solche Fälle werde ich weiter unten genauer beschreiben. Sie haben sich, verteilt über die vielen Jahre meiner Berufsausübung, bis in die jüngste Zeit ereignet. Es wurden mir von Steuerberatern so viele Fälle angeboten, dass ich bereits dadurch voll ausgelastet gewesen wäre. Da ich aufgrund der Auswahl der Mandate weitgehend mit offenkundig rechtswidrigem Verhalten zu tun hatte, zeichne ich zwangsläufig ein äußerst negatives Bild von Finanzbeamten. Übliche Streitereien zwischen Finanzamt und Steuerpflichtigem interessierten mich nicht, wenn sie sich im Rahmen von Gesetz und Recht bewegten.

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