Gesammelte Erzählungen. Jules Verne

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Gesammelte Erzählungen - Jules Verne страница 57

Автор:
Жанр:
Серия:
Издательство:
Gesammelte Erzählungen - Jules Verne

Скачать книгу

werden wir unser Emporsteigen zur Mündung des Kraters fortsetzen.«

      Der Professor beobachtete, während er sprach, unablässig seinen Chronometer, und er sollte nochmals Recht haben in seinen Vorausvermutungen. Bald wurde das Floß wieder von einer raschen unordentlichen Bewegung ergriffen, die etwa zwei Minuten dauerte.

      »Gut, sagte mein Oheim, und sah dabei auf die Uhr, in zehn Minuten wird es sich wieder in Bewegung setzen.

      – Zehn Minuten?

      – Ja. Wir haben’s mit einem Vulkan zu tun, dessen Ausbrüche mit Unterbrechungen vor sich gehen. Er läßt uns ausruhen.«

      Dies war völlig richtig. Auf die angesagte Minute wurden wir von Neuem mit äußerster Schnelligkeit fortgestoßen. Wir mußten uns an die Balken festklammern, um nicht von dem Floß weggeschleudert zu werden. Dann hielt der Stoß wieder ein.

      Seitdem hab’ ich über diese auffallende Erscheinung nachgedacht, ohne eine befriedigende Erklärung zu finden. Doch scheint es mir klar, daß wir uns nicht in dem Hauptschlund des Vulkans befanden, sondern etwa in einem Nebengang, wo in der Tat ein Gegenschlag sich fühlbar machte.

      Wie oft sich solch ein Ruck wiederholte, kann ich nicht sagen. Nur das kann ich angeben, daß wir bei jeder Erneuerung der Bewegung mit zunehmender Gewalt, und wie von einem Projektil fortgerissen, emporgeschoben wurden. Während der Pausen war’s zum Ersticken; während des Fortschiebens machte mir die glühende Luft das Atmen unmöglich. Allmälig übrigens, durch die wiederholten Erschütterungen erschöpft, verlor ich die Besinnung. Ohne unsers Hans Arme hätte ich mehr wie einmal mir den Schädel an der Granitwand zerschmettert.

      Ich habe daher keine genaue Erinnerung von dem, was in den folgenden Stunden vorging, behalten. Ich habe das unklare Bewußtsein von unaufhörlichem donnerartigen Getöse, von der Erschütterung des Grundbaues, von einer kreiselartigen Bewegung, welche das Floß ergriff. Es schaukelte über Lavawogen inmitten eines Aschenregens, umgeben von schnaufenden Flammen. Ein Orkan, als käme er von einem ungeheuren Blasebalg, sachte die unterirdischen Feuer an. Zum letzten Male sah ich unsers Hans Antlitz im Widerschein einer Feuersbrunst, und ich hatte kein anderes Gefühl, als das unselige Entsetzen der Unglücklichen, welche vor die Mündung einer Kanone gebunden sind, im Moment wo der Schuß losgeht, um ihre Glieder in die Lüfte zu zerstreuen.

      Vierundvierzigstes Kapitel

      Stromboli

      Als ich wieder die Augen aufschlug, fühlte ich mich von der kräftigen Hand unsers Führers am Gürtel gefaßt. Mit der andern stützte er meinen Oheim. Ich war nicht schwer verwundet, sondern mehr am ganzen Körper zerschlagen und gelähmt. Ich lag auf dem Abhang eines Berges, zwei Schritte von einem Schlund, in welchen die geringste Bewegung mich hinabgestürzt hätte. Hans hatte mich vom Tode gerettet, während ich über die Seitenwand des Kraters rollte.

      »Wo sind wir?« fragte mein Oheim, welcher mir aufgebracht vorkam, daß er wieder auf die Erde zurück gekommen sei.

      Der Jäger zuckte mit den Achseln, um kund zu geben, daß er’s nicht wisse.

      »In Island, sagte ich.

      – Nej, erwiderte Hans.

      – Wie? Nein? rief der Professor.

      – Hans irrt«, sagte ich; und stand auf.

      Nach den unzähligen Überraschungen dieser Reise war uns eine erstaunliche noch vorbehalten. Ich war darauf gefaßt, einen mit ewigem Schnee bedeckten Kegel zu sehen, mitten in den dürren Wüsteneien der nördlichen Gegenden, und ganz dem entgegen lagen wir am Abhange eines Berges, der von den glühenden Strahlen einer versengenden Sonne ausgetrocknet war.

      Ich wollte nicht meinen Augen trauen; aber der Sonnenbrand, den mein Körper wirklich zu erleiden hatte, benahm allen Zweifel. Wir waren halbnackt aus dem Krater herausgekommen, und das strahlende Gestirn, welches uns seit zwei Monaten nichts gespendet hatte, zeigte sich gegen uns freigebig mit Licht und Wärme.

      Als sich meine Augen an diesen Glanz wieder gewöhnt hatten, war ich bemüht, unseren Irrtum zu berichtigen.

      Der Professor ergriff zuerst das Wort, und sprach:

      »Wirklich, das sieht nicht aus wie Island.

      – Aber doch wie die Insel Mayen? erwiderte ich.

      – Auch das nicht, lieber Junge; es ist kein Vulkan des Nordens mit einer Schneekoppe.

      – Doch …

      – Sieh! Axel, sieh nur!«

      Höchstens fünfhundert Fuß über unserm Kopf öffnete sich der Krater eines Vulkans, aus welchem von Viertel zu Viertelstunde mit starkem Donnergetöse eine hohe Flammensäule, vermischt mit Bimsstein, Asche und Lava hervordrang. Nach unten, über einen ziemlich steilen Abhang, ergossen sich ausgeworfene Stoffe in Streifen sieben- bis achthundert Fuß hinab, woraus sich für den Vulkan eine Gesamthöhe von dreihundert Klafter ergab. Sein Fuß verlor sich in einem wahren Garten grüner Bäume, unter denen ich Ölbäume, Feigen und mit roten Trauben reich beladene Reben unterschied.

      So sehen nicht nordische Länder aus, das mußte man zugeben. Wenn der Blick über diese grüne Umgebung hinausschweifte, verlor er sich gleich in den Gewässern eines wunderlichen Meers oder Sees, der dieses Zauberland zu einer großen Insel von kaum einigen Meilen machte. Östlich sah man hinter einigen Häusern einen kleinen Hafen, worin eigentümlich geformte Schiffe auf azurblauen Wogen schaukelten. Weiter hinaus ragten Inselgruppen aus der Wasserfläche hervor, so zahlreich, daß sie wimmelten wie ein Ameisenhaufen. Westlich begrenzte fernes Küstenland den Horizont; auf der einen war in harmonisch geformten Umrissen blaues Gebirg gezeichnet; auf den anderen, die ferner waren, sah man einen erstaunlich hohen Bergkegel, aus dessen Spitze eine Rauchsäule aufstieg. Nördlich schimmerte in den Sonnenstrahlen eine unendlich weite Wasserfläche, woraus hier und dort ein Mast oder ein schwellendes Segel hervorglänzte.

      Das Überraschende eines solchen Anblicks erhöhte noch hundertfach die wunderbare Schönheit desselben.

      »Wo sind wir? Wo sind wir?« wiederholte ich leise. Hans schloß gleichgültig seine Augen, und mein Oheim schaute das zauberhafte Bild, ohne es zu begreifen.

      »Wie auch dieser Berg heißen mag, sagte er endlich, es ist hier ein wenig heiß; die Explosionen dauern ununterbrochen fort, und es verlohnte wahrhaftig nicht der Mühe, einem Ausbruch glücklich entronnen zu sein, um einen Felsblock auf den Kopf zu bekommen. Wir wollen hinabsteigen, da werden wir erfahren, woran wir sind. Übrigens hab’ ich Hunger und Durst zum Sterben.«

      Gewiß, der Professor war kein schwärmerischer Kopf. Ich meinerseits hätte Bedürfniß und Strapazen vergessen, und wäre noch Stunden lang an dieser Stelle geblieben, aber ich mußte mich meinen Gefährten anschließen.

      Der Abhang des Vulkans war sehr steil; wir glitten in Schluchten voll Asche, indem wir den Lavaströmen auswichen, welche gleich feurigen Schlangen hinabflossen. Beim Hinabsteigen plauderte ich geschwätzig, denn meine volle Phantasie mußte sich aussprechen.

      »Wir sind in Asien, rief ich aus, an Indiens Küsten, auf den Malaischen Inseln, in Ozeanien! Wir sind durch die Hälfte des Erdballs gefahren, um bei den Antipoden Europas herauszukommen.

      – Aber die Magnetnadel? erwiderte mein Oheim.

      – Ja, die Magnetnadel! sagte ich verlegen. Sollten wir ihr glauben, so sind wir stets nordwärts

Скачать книгу