Älterwerden ist nichts für Anfänger. Bernard S. Otis

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Älterwerden ist nichts für Anfänger - Bernard S. Otis

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Sie an, predigen Sie nicht

      Erlauben Sie mir, Ihnen eine kleine Geschichte zu erzählen. Ich habe sie einmal von einer jüngeren Frau gehört. Sie war damals etwa 81 Jahre alt.

      »Also Bernard …«

      »Nenn mich Bernie.«

      »Also … Bernard. Ein älterer Mann – etwa 87, 88 Jahre alt – fuhr mit einem großen Auto über einen verkehrsreichen Highway, auf dem Beifahrersitz saß eine 83 Jahre alte Frau. Sie waren beide ziemlich klein und konnten kaum über das Armaturenbrett schauen. Haben Sie mich soweit verstanden?«

      »Alles klar.«

      »Glückwunsch! Als sie an eine Kreuzung kamen, überfuhr der Fahrer eine rote Ampel. Die Beifahrerin wollte ihn nicht verletzen, deshalb sprach sie mit sich selbst. Wissen Sie, was sie sagte?«

      »Keine Ahnung.«

      »Dachte ich mir. Sie flüsterte sich selbst zu – der Fahrer war ohnehin ein wenig schwerhörig, wissen Sie: ›Ich glaube, wir haben gerade eine rote Ampel missachtet. Ich hoffe natürlich, dass ich mich täusche.‹ Sind Sie noch bei mir?«

      »Noch stehe ich da, nicht wahr?«

      »Stehen? Nicht mehr lange, glauben Sie mir. Jedenfalls nicht ohne Hilfsmittel …«

      »Nicht?«

      »Nein. Also dieser Fahrer und seine Beifahrerin – und Bernard, bitte unterbrechen Sie mich nicht mehr – kamen an eine weitere Kreuzung. Und der Fahrer missachtete wieder die rote Ampel. Dieses Mal meinte die Beifahrerin, dass sie sich das nur einbildete, deshalb sagt sie nichts. Sie richtete sich jedoch auf, so gut es ging, und sah genau hin. Und er tat es wieder.«

      »Noch mal?«

      »Noch einmal! Bernard, bitte! Deshalb meldet sie sich zu Wort. Und sie sagt zu ihrem Freund, dem Fahrer:›Weißt du, dass du jetzt drei Mal über rote Ampeln gefahren bist?‹ Und, Bernard, was glaubst du, hat er geantwortet?«

      »Ich habe nicht die geringste …«

      »Er sagte: ›Willst du damit etwa sagen, dass ich fahre?‹«

      Ich erinnere mich an diesen Tag, als wäre es gestern gewesen. Sie musste so sehr lachen, dass sie ins Krankenhaus gebracht wurde, weil sie gar nicht mehr aufhören konnte zu keuchen.

      Sie lacht noch immer. Sie ist noch am Leben. Und sie erzählt mir diesen Witz jedes Mal, wenn ich sie sehe! So, als hätte sie ihn mir noch nie erzählt. Aber sie lacht, sie lebt und ist glücklich.

      Irgendwo besteht da ein Zusammenhang.

      Da ich schon einmal beim Thema bin, halte ich es für einen guten Zeitpunkt, für einen Augenblick auf das Thema Gedächtnis einzugehen. Wir werden uns später noch ausführlicher damit befassen …

      Das Gedächtnis lässt mit zunehmendem Alter ein bisschen nach.

      Das wird Sie wohl kaum überraschen.

      Abraham Lincoln sagte einmal: »Man kann der Verantwortung für morgen nicht entkommen, indem man ihr heute ausweicht.«

      Das Problem der Verantwortung und der Planung für die Zukunft werden das Hauptthema dieses Buches sein. Daran sollten Sie sich jetzt schon gewöhnen, weil Sie sich in der Zukunft vielleicht nicht mehr an Ihre Verantwortlichkeiten erinnern werden.

      Beachten Sie, dass ich »vielleicht« gesagt habe, nicht, dass es so kommen muss. Aber sagen Sie nicht, ich hätte Sie nicht gewarnt.

      Zum Glück ist mein Gedächtnis (noch) gut. Ich sage »zum Glück«, denn wenn ich an die vielen Gründe dafür denke, dieses Buch zu schreiben, ist der vorrangige Grund, dass ich es zu Ehren meiner geliebten Anna tue.

      Sie war bis in ihre letzten Jahre, bis die Krankheit zuschlug, voller Lebendigkeit.

      Und dann war ich allein. Das war für mich eine neue Erfahrung, nachdem wir so lange verheiratet gewesen waren. Am Tag ihres Todes war ich am Boden zerstört. Bei ihrer Beerdigung feierte ich ihr Leben.

      Und mir wurde klar, dass ich nicht sterben wollte, solange die Musik des Lebens in mir erklang.

      Mein Leben hat sich nach Annas Tod verändert. Ich möchte, dass Sie alle über diese intimen Details Bescheid wissen. So lernen Sie mich als Individuum kennen und verstehen mich, und ich kann Ihnen umso klarer machen, dass meine Lebensumstände keineswegs ungewöhnlich sind.

      Danach werden wir uns dem eigentlichen Thema dieses Buches zuwenden: unserer Reise von A bis Z – von der Geburt bis zum Tod.

      Im Mai 2010 kam der Arzt, der bei Anna gerade eine Not-Blinddarmoperation durchgeführt hatte, um 6 Uhr 30 aus dem Operationssaal. Die OP war erfolgreich verlaufen, doch er informierte mich, dass sie während des Eingriffs bei ihr eine seltene Krebsart entdeckt hatten.

      »Bernie … es tut mir leid. Sie hat keine zwei Jahre mehr zu leben«, sagte er.

      Das war alles. Nachdem ich diese schockierende Nachricht aufgenommen und dem Arzt ein paar Fragen gestellt hatte, trat ich selbstverständlich in einer höchst emotionalen Gemütsverfassung die Heimfahrt an. In den folgenden Stunden und Tagen beschäftigten mich vor allem drei Fragen:

      1. Was musste ich tun, um sicherzustellen, dass Anna die beste zur Verfügung stehende medizinische Behandlung erhielt?

      2. Welche Veränderungen musste ich in meinem Leben vornehmen, um zu gewährleisten, dass ich während ihrer Behandlung und Betreuung immer an ihrer Seite sein konnte?

      3. Mit wem musste ich Kontakt aufnehmen, um Informationen über eine namhafte Agentur für häusliche Krankenpflege zu erhalten, die uns unterstützen konnte?

      Ich war nicht bereit. Ich war nicht vorbereitet.

      Ich brauchte Hilfe und lernte schnell. Und ich hatte insofern Glück, als ich in diesem Bereich bereits einige Erfahrungen gesammelt hatte. Das hat nicht jeder. Dennoch konnte ich nicht anders, als mir Gedanken zu machen, warum ich nicht besser vorausgeplant hatte …

      Interessanterweise erhielt ich die Antworten auf meine drei Fragen schnell, weil ich auf meine langjährige Erfahrung im Umgang mit unheilbar Kranken zurückgreifen konnte, aber auch auf die mir bekannten Ressourcen. Für mich stand fest, dass ich nichts weiter zu tun brauchte, als gelassen und organisiert zu bleiben, dann würden unsere Bedürfnisse schon erfüllt werden.

      Am nächsten Tag, als Anna sich von der Operation erholte, traf ich mich mit meinem guten Freund, unserem Hausarzt Dr. Jonathan Matthew, der mir ausführlich erklärte, was medizinisch getan werden musste. Er überwies mich an Dr. Omar Shaye und Dr. Ashkan Laskari, zwei renommierte Onkologen, denen ich sofort vertraute. Und in den folgenden zweieinhalb Jahren sollte sich zeigen, wie klug diese Wahl gewesen war.

      Langsam begann ich, mich von meiner aktiven Berufslaufbahn zurückzuziehen und mich ganz meiner schönen und begabten Frau zu widmen.

      Meine Verwandten, Michelle und Michael Ginsburg, lieferten die Antwort auf meine dritte Frage, als sie mir eine Person vorstellten, mit der sie auf dem Gebiet der häuslichen Pflege zusammengearbeitet hatten.

      Aufgrund finanzieller Belastungen nach drei

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