Rom kämpft um den Rhein. Walter Krüger
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Wie wichtig Caesar der Rhein als ethnische Grenze war, erkennt man u.a. daran, dass er gegen die Germanen links des Flusses nicht nur Krieg führte mit dem Ziel, sie zu unterwerfen. Er versuchte sogar, sie auszurotten. Offensichtlich ordnete er die Nervier und Menapier, die im Teil II behandelt wurden, germanisch stämmiger ein als die anderen Stämme der Belger, die südlich der Wasserscheide der Seine lebten. Gegen beide Stämme wurden ebenfalls Züge zur Verwüstung ihrer Länder durchgeführt.
Die linksrheinischen Germanen, deren Nachbarn im Süden die belgischen Stämme waren, gerieten militärisch in eine Art Pufferzone. Einerseits fielen die belgischen Stämme nach geringem Widerstand in die Hände Caesars, andererseits kämpften ihre verwandten Germanen am Niederrhein mit allen Mitteln, die Unterwerfung unter Roms Legionen zu verhindern. Die meisten Lasten mussten die Eburonen und Atuatuker in den kommenden Kämpfen tragen. Auch deshalb, weil sie spürten, dass ihre Verbündeten auf dem rechten Rheinufer sich nur selbst verteidigen, aber die Besetzung des Gebietes links des Rheins durch Caesar nicht verhindern konnten.
Während der Bearbeitung dieses Themas entdeckte ich viele Lücken, Widersprüche und Zweifel in den Handlungen und deren räumlicher Einordnung. Ich versuchte, diese zu Lücken schließen, aufzuheben und zu entschärfen. Besondere Untersuchungen und Berechnungen wurden erforderlich, um die geografischen Räume annähernd nachzubilden, in denen sich die Handlungen vollzogen. Auf das Mittel, frei zu erzählen, was nicht belegt werden kann, wurde überwiegend, aber nicht ganz verzichtet. Der Neigung, die historischen Vorgänge nicht nur in der Sichtweise Caesars niederzuschreiben, sondern mehr auf die der Betroffenen einzugehen, wurde nachgegeben. Das ist durchaus ein schwieriges Unterfangen. Was Caesar überliefert, ist bereits eine Mischung aus Tatsachen und Wunschvorstellungen. Nur selten stellt er die Gegner vor oder lässt sie zu Worte kommen. Deren Ansichten und Handlungen können nur sichtbar gemacht werden, wenn man aus Caesars Schrift die Reaktionen auf seine Aktionen spiegelt.
Caesars Pläne in Westeuropa
Die Ausgangslage 58 v.Chr.
Im Teil I des Buches „Rom kämpft um den Rhein“ wurde beschrieben, wie sich der Statthalter von Gallia Transalpina, Gaius Julius Caesar, unter einem fadenscheinigen Grund das Recht herausnahm, zum ersten Mal mit einem Heer die Nordgrenze der Provinz zu überschreiten. Er fiel in das Stammesgebiet der Sequaner ein und eröffnete dort einen Krieg gegen die Tiguriner, der sich auch in das Stammesgebiet der Haeduer hineinzog. In der Schlacht nahe Bibracte, einer wichtigen Siedlung der Haeduer, besiegte er ein Heer der Tiguriner, römerfeindlicher Haeduer und mit ihnen verbündeter Krieger verschiedener Stämme. Doch zog Caesar es vor, nach diesem Sieg das Land der Tiguriner weder zu besetzen noch zu unterwerfen. Er verzichtete auch auf Tribute und andere Verpflichtungen. Offensichtlich hatte er erkannt, dass nicht der Stamm gegen ihn kämpfte, sondern ein von dem Haeduer Dumnorix angeheuertes Söldnerheer. Es genügte ihm, diesen starken Stamm hinter dem Jura zu wissen und ihm sein Einflussgebiet an der Saône genommen zu haben, sofern man überhaupt davon sprechen kann.
Die Saône verlängert ab Lyon (Lugdunum) die von Nord nach Süd fließende Rhone entlang der wichtigsten Nord-Süd-Verkehrsachse Westeuropas. Zwischen den Stammesländern der Haeduer und Sequaner im Norden und der römischen Provinz Gallia Transalpina im Süden bestanden über diese Flüsse und über sie begleitende wichtige Fernwege feste und gesicherte Verbindungen auf dem Wasser und zu Lande. Die Stämme der Sequaner und Lingonen im Einzugsgebiet der Saône gerieten unter römischen Einfluss.
Im Teil I wurde weiterhin dargelegt, dass sich Caesar mit dem Erreichten nicht zufrieden gab. In seinen Überlegungen bildete der Zugang vom Oberrheintal zum sequanischen Stammesgebiet über den wichtigen Fernweg, der von dort entlang des Doubs zur Saône und Rhone führte, einen Unsicherheitsfaktor. Dieses Gebiet am Rhein wurde von dem swebischen König Ariovist (so von den Römern betitelt) beherrscht. Seit 71 v.Chr. hatte er als mächtigster Mann dieser Region die Sequaner und Averner darin unterstützt, sich gegen die Vorherrschaft der Haeduer zu wehren und 61 v.Chr. in einer bedeutenden Schlacht deren Drängen ein Ende gesetzt. Seitdem mussten sich die Haeduer verpflichten, Tribute an die Sieger zu zahlen und dies durch Geiseln, die bei den Sequanern verblieben, bekräftigen. Zum Zeitpunkt, als Caesar in den Stammesgebieten der Sequaner und Haeduer gegen die Tiguriner kämpfte, hielten sich keine Sweben mehr dort auf. Dennoch stürzte er den Fürsten der Haeduer, Dumnorix, der sein Gegner war, und setzte dessen romtreuen Bruder Diviciacus als neuen Fürsten ein. Mit diesem Mann heckte er den Plan aus, Ariovist anzugreifen. Der Grund, den er dafür anführte, die Tyrannei des Sweben über die Haeduer, war eigentlich mit der Ernennung Diviciacus als neuen Herrn dieses Stammes aufgehoben worden. Doch konstruierten sie beide alle möglichen zweifelhaften Vorwürfe für einen Kriegsgrund gegen Ariovist und fielen in das Land der Triboker, einem seiner Klientelstämme im südlichen Elsass, ein. Selbst die Verhandlungen dort zwischen Caesar und Ariovist waren nur noch ein vorgetäuschtes Manöver, in dem er erkennen wollte, ob er die Sweben und ihre Verbündeten als unterlegen einschätzen und deshalb besiegen könne. Caesar zwang schließlich Ariovist, der immer wieder versuchte, dem Krieg auszuweichen, zur Schlacht. Ariovist verlor sie. Diese militärische Schwächung war dem Römer wichtig. Gleichzeitig musste er erkennen, dass seine Kraft nicht ausreichte, die swebischen Stämme am Rhein zu unterwerfen. Vogesen und Jura wurden ethnische Grenzen zwischen Sweben und Tigurinern einerseits und Kelten andererseits.
Die Eroberung belgischer Stammesgebiete 57 v.Chr.
Die Eroberung der Gebiete des belgischen Stammesverbandes erfolgte von Besançon und Bibracte aus, den Hauptorten der Sequaner und Haeduer, die Caesar 58 v.Chr. unterworfen und besetzt hatte. Alle Ereignisse dieser Feldzüge wurden im Teil II dieses Buches - Caesars Kriege gegen die Belger 57 v.Chr.-51 v.Chr. - ausführlich beschrieben.
Den Einmarsch in die belgischen Stammesgebiete hatte er mit einem Aufstand der Belger, die er als eine geschlossene Stammesgruppe ansah, begründet. Wie ein freier Stammesverband gegen die Römer, oder mit Caesars Worten gesprochen, gegen das römische Volk, eine Erhebung planen konnte, obwohl er bisher nicht unter römischer Herrschaft stand, bleibt sein Geheimnis. Es ist ein an den Haaren herbeigezogener Kriegsgrund. Vorbereitet hatte Caesar diesen Krieg durch eine Stammesspaltung wie schon bei den Haeduern. Den größten Stamm bildeten die Suessionen südlich der Oise, geführt von König Galba und dessen belgischer Allianz. Von diesem Stamm gelang ihm die Abspaltung eines großen Teils, der sich als Remer bezeichnete. Diese Römerfreunde, wie schon der Name sagt, blieben Caesar bis zu Ende der Kriege dafür dankbar und treu.
Der Feldzug durch die südlichen belgischen Gebiete verlief für Caesar ohne besondere Anstrengungen und mit geringen Opfern. Als er die Suessionen, Bellovaker und Ambianer unterworfen hatte, setzte er sich gegen die nordbelgische Allianz unter den Nerviern in Bewegung. Zu deren Verbündeten gehörten die Atrebaten und Viromanduer. Zum ersten Male traf Caesar auf ernsthaften Widerstand. Die germanische Abstammung, auf die, wie er sagt, die meisten Belger stolz seien, zeigte ihre Wirkung in der Schlacht an der Selle, die das römische Heer nur mit großer zahlenmäßiger Überlegenheit unter großen Opfern gewinnen konnte.
Sie besiegelte das Schicksal der Atrebaten und Viromanduer, die nunmehr in einem römischen Protektorat leben mussten. Die Nervier dagegen blieben weiterhin unabhängig, auch wenn sie künftig auf militärischen Widerstand verzichten sollten. So bekam Caesar innerhalb eines Feldzugs 57 v.Chr. den überwiegenden Teil des belgischen Stammesverbandes in seine Hände. Die Moriner, ein kleiner Stamm am Kanal, und die Nervier versuchten weiterhin, ihre Unabhängigkeit zu bewahren. Bis 55 v.Chr. dauerte es, die Moriner zur Aufgabe ihres Kampfes zu zwingen. Auch