Hanseschwestern - Historical Romance Sammelband 6020: 3 Romane. Alfred Bekker
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Es war zwar eher Zufall gewesen, dass sie dahinter gekommen war, weil sie entsprechende Gespräche zufälligerweise hatte belauschen können, aber seitdem stand für sie fest:
Ausgerechnet Oma Margarethe Brinkmann verdiente an solchen höchst verbotenen Geschäften kräftig mit. Sie vermittelte nämlich an genannte Strohmänner diverse Immobilien, meist jene, die niemand mehr haben wollte, weil sie marode und abbruchverdächtig waren, zu wahren Wucherpreisen.
Den Adeligen war es ziemlich egal, wie es schien. Sie wollten anscheinend einfach nur in Hamburg Fuß fassen, zu jedem Preis. Und sie ließen ihren neuen Besitztum wieder völlig auf Vordermann bringen, natürlich ebenfalls mit sehr viel Geld, ohne jedoch jemals die echte Chance zu bekommen, diese Besitztümer irgendwann auch persönlich nutzen zu können.
Es sei denn inkognito, unter falschem Namen, unter falscher Identität hieß das.
Oh, da gab es einige Adelige, die das taten. Sie stolzierten auf Hamburgs Straßen herum und wähnten sich bereits halbwegs als die hohen Herren von Hamburg. In Wahrheit ließ sich Oma Margarethe Brinkmann auch das noch bezahlen. Sie sorgte nämlich über entsprechende Mittelsmänner für die entsprechenden Papiere beispielsweise und natürlich für die entsprechenden Kontakte zu den betroffenen Adeligen, die von außerhalb kommen wollten.
Mit dieser Vorgehensweise war sie beinahe konkurrenzlos. Zwar waren heimlich auch noch weitere Häuser beteiligt, aber dominant bei diesen höchst illegalen Geschäften war und blieb Oma Margarethe Brinkmann, natürlich ohne jemals namentlich in Erscheinung zu treten. Das hieß, die betroffenen Adeligen hatten gar keine Ahnung davon, wer letztlich bei dieser Vorgehensweise die Strippen zog aus dem Hintergrund und dadurch das eigentliche Geld verdiente.
Dabei ging sie tatsächlich nicht das geringste Risiko für sich und die Brinkmann-Gilde ein. Denn sobald ein solcher Schwindel auffliegen würde, verlor der betreffende Adelige einfach nur alles, wofür er dermaßen viel bezahlt hatte. Er wurde ja nicht hingerichtet für sein Vergehen, sondern zur Strafe einfach komplett enteignet und wieder aus Hamburg verbannt.
Dann war es vorbei mit seinem Dünkel, bereits halbwegs zur Herrschaft zu gehören. Dann war er wieder draußen. Und falls er jemals wieder zurückkehren wollte, musste erst genügend Gras über die Sache gewachsen sein, ehe er wieder das Wagnis eingehen konnte, erneut über Strohmänner Immobilien in Hamburg zu erwerben. Und das perfide Spiel begann wieder von Neuem.
Und natürlich verdiente Oma Margarethe Brinkmann erneut daran kräftig.
Einmal hatte sie Adele beim Lauschen erwischt. Doch es gab keineswegs das erwartete Donnerwetter für Adele daraufhin. Oma Margarethe hatte ihr nur mit einem pfiffigen Gesichtsausdruck erklärt, dass sie ja schließlich alles täte, den Reichtum Hamburgs in dieser wirklich schweren Zeit zu mehren. Eben mit Geldern von außerhalb, und halt dabei auch noch ohne jegliches Risiko für die Hamburger.
Das stimmte ja nicht ganz, denn die Adeligen waren inzwischen sicherlich schon ganz schön böse über diese windige Beutelschneiderei der Hamburger. Ohne natürlich auch nur zu ahnen, wer wirklich hinter alledem maßgeblich steckte.
Doch selbst wenn Adele ihre eigene Oma hätte verraten wollen: Niemand hätte ihr dabei jemals Gehör geschenkt. Allein schon deshalb nicht, weil das niemand jemals gewagt hätte. Dafür war ihre Oma längst viel zu mächtig.
Und egal, was auch passieren würde, wie viele Adelige noch geprellt werden würden auf diese Weise: Margarethe Brinkmann war dabei selber stets fein raus. Denn halt niemand konnte ihr etwas nachweisen. Nicht persönlich jedenfalls.
Und sogar wenn die inzwischen schon böse geprellten Adeligen von ihr gewusst hätten und deshalb ihre Truppen vor den Mauern Hamburgs hätten aufmarschieren lassen, um Oma Margarethe Brinkmann zur Rechenschaft zu ziehen, hätte sie sich bequem zurücklehnen und die Hamburger Miliz diese Angelegenheit für sich erledigen lassen können. Völlig kostenlos für sie, denn war die Miliz nicht dafür da, die Stadt und ihre Bürger zu schützen gegen Gefahren sowohl von innen als auch gegen solche, die von außen kamen, egal aus welchem Motiv heraus?
Adele war schon länger der Meinung, dass ihre Oma einfach genial war. Eben auf ziemlich perfide Weise zwar, aber dennoch unbestreitbar genial. Sie hatte das ein Stück weit durchaus im Stillen bewundern können. Bis jetzt jedenfalls, bis sie nun selbst in den Fokus geraten und zu einer Art Opfer der Machenschaften ihrer Oma geworden war.
Dabei war es eigentlich gar nicht einmal so wichtig, wie die Oma vorgegangen war, um das Leben von Johann Wetken zur Strafe dafür, dass er es wagte, ihre Enkelin Adele zu lieben, nachhaltig zu zerstören. Wichtig war letztlich nur, dass es ihr gelungen war. Einfach nur, indem sie es angestrebt hatte. Das genügte bereits. Weil Oma Margarethe Brinkmann sowieso alles gelang.
„Beinahe alles!“, berichtigte sich Adele jedoch halblaut. Denn ihr war noch etwas ganz anderes eingefallen:
Wäre Oma Brinkmann nämlich wirklich alles gelungen, hätte sie längst in aller Heimlichkeit die absolute Macht über die Stadt erreicht. Dies war aber eindeutig noch immer nicht der Fall. Sie war höchstens die Nummer zwei unter den Hansekaufleuten, die gemeinsam die Obrigkeit von Hamburg bildeten. Die Nummer eins war nach wie vor und mindestens genauso eindeutig Georg Wetken.
Und war ihm Johann nicht bislang ein würdiger Sohn und möglicher Nachfolger gewesen? Sicherlich nicht nur allein deshalb, weil Johann sein Lieblingssohn war, sondern vor allem auch, weil Johann Wetken ein entsprechendes Durchsetzungsvermögen und einen besonders scharfen Verstand besaß, gepaart mit einem diplomatischen Geschick, das niemand unterschätzen sollte, auch Oma Margarethe Brinkmann nicht.
Genau das war es, was so etwas wie einen winzigen Hoffnungsschimmer in Adele zu erzeugen wagte. Und sie dachte weiter im Stillen:
Somit hat Oma Margarethe Brinkmann nun nicht mehr nur Georg Wetken als wahren Todfeind, sondern auch seinen Sohn, der ihr diese infame Intrige gegen seine Person wohl niemals verzeihen wird.
Nicht nur, weil er Adele so sehr liebte.
Zwar hatte Adele keine Ahnung, wie Johann es überhaupt hätte schaffen können, dieser für ihn ziemlich ausweglosen Situation zu entrinnen und daraus vielleicht sogar auch noch irgendeinen Vorteil zu erringen, aber irgendwie schaffte es die Zuversicht halt wirklich, wenn auch nur ganz leise, tief in ihrem Innern Fuß zu fassen. Und mit dieser erst einmal nur winzigen Glut von Zuversicht würde vielleicht auch die Hoffnung entflammen können, Johann möglicherweise doch einmal wiederzusehen, irgendwann, irgendwie.
Dann zwar mit Sicherheit unter völlig veränderten Voraussetzungen als bislang, aber immerhin: Sie würden sich wiedersehen! Allein schon deshalb, weil sie eindeutig füreinander bestimmt waren. Allen Gewalten zum Trotz.
Obwohl es dabei zwangsläufig auch gegen die scheinbar allmächtige Oma Margarethe Brinkmann gehen musste. Ja, in der Tat zwangsläufig.
Durfte sie denn unter diesen wenig erfreulichen Voraussetzungen dennoch der Hoffnung eine Chance einräumen, dass ihr geliebter Johann Mittel und Wege fand, um sie irgendwann wieder einmal in die Arme schließen zu können?
Ihr selbst waren eindeutig beide Hände gebunden. Sie sah für sich ganz klar keinerlei Chance, dem Käfig zu entkommen, den Margarethe Brinkmann für sie vorgesehen hatte.
Das war in Adeles Augen derzeit schlimmer als das schlimmste Gefängnis, das als absolut ausbruchssicher galt.
Obwohl ihr dabei an nichts fehlen würde,