Hanseschwestern - Historical Romance Sammelband 6020: 3 Romane. Alfred Bekker
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Hanseschwestern - Historical Romance Sammelband 6020: 3 Romane - Alfred Bekker страница 15
Denn sie waren ja in erster Linie Hansekaufleute und keine Streithanseln, die über alle Zwistigkeiten hinaus vergaßen, was gut war für die gemeinsamen Geschäfte.
Johann Wetken war die Erleichterung jedenfalls deutlich anzusehen, als Gordula wie hoffnungsvoll erwartet bei ihm auftauchte.
Sie verließen den Bereich des Dienstboteneingangs und drückten sich beide tief in eine dunklere Ecke in der Nähe, wo kaum Licht von den vorhin erst angezündeten Petroleumlampen fiel, die sowieso die Straße nicht besonders gut erhellten. Sie gaben zwar ein wenig das Gefühl von Sicherheit, aber für viel mehr taugten sie eben nicht. Sowieso sollte eine junge Dame aus vornehmem Hansehaus um diese Zeit möglichst nicht mehr auf offener Straße erscheinen.
Und Johann unterstrich auch noch seine Erleichterung mit den Worten:
„Ach, Gott sei es gedankt, dass du doch noch die Zeit hattest zu kommen!“
„Seltsame Worte zur Begrüßung“, wunderte sich Gordula indessen. „Ich dachte eigentlich, wir wären Freunde?“
Ihr spitzbübisches Lächeln nahm diesen Worten dabei die Wirkung.
Er versuchte ebenfalls zu lächeln, doch es misslang kläglich. Gordula konnte es trotz des wenigen Lichtes sehen.
Was bedrückte ihn denn dermaßen?
„Gordula, ich muss ganz offen zu dir sein.“
„Oh, ich bitte sogar darum!“, entgegnete sie reflexartig.
Die Worte waren ihr über die Lippen geflossen, ohne dass sie wirklich darüber nachgedacht hatte. Sie wusste ja immer noch nicht, worum es hier eigentlich ging, und deshalb fügte sie noch rasch hinzu:
„Schon seltsam, dass du dich so lange nicht mehr hast blicken lassen...“
„Ja, gewiss, so muss es dir wohl vorkommen, aber es gab Gründe dafür.“
„Worauf ich sogar wetten würde! Na, da bin ich aber mal ganz besonders gespannt. Gründe mithin, die letztlich für diese miese Laune sorgten, die du zu diesem unerwarteten Treffen mitgebracht hast? Ich meine, das letzte Mal warst du noch wesentlich fröhlicher erschienen.“
„Ich weiß. Das war ja auch auf deinem kleinen Fest. Da gab es allen Anlass zur Fröhlichkeit.“
„Das ist ja auch der Sinn meiner kleinen aber feinen Festlichkeiten, nicht wahr? Aber danke, dass du mich daran erinnerst: Was ist denn danach so Schlimmes vorgefallen, dass du keine Zeit mehr hattest für deine beste Freundin und jetzt so tust, als würde es glatt um Leben und Tod gehen?“
„Das geht es ja auch tatsächlich, genau genommen!“, betonte er ernst. „Nicht die ganze Zeit über schon, sondern eigentlich erst seit heute.“
„Die Neugierde steigt!“, vermeldete sie ungerührt.
Er schluckte schwer, ehe er hervorstieß:
„Ich – ich habe auf deinem kleinen Fest – äh - jemanden kennengelernt.“
„Aha? Und das sorgt jetzt für diese miese Stimmung bei dir oder was?“
„In Grunde genommen schon, denn dieser Jemand...“
Er machte eine Pause, während der er anscheinend erst nach Worten suchen musste, ehe er fortfahren konnte.
Und dann brachte er ziemlich mühsam und ein wenig stockend hervor:
„Ich – ich habe nämlich – äh - auf deinem Fest Adele Brinkmann kennengelernt!“
„Nicht wahr!“, rief sie entsetzt aus und schlug sogleich erschrocken die Hand vor den Mund. Hoffentlich war das jetzt nicht zu laut gewesen. Nicht dass sie dadurch bei ihrer Heimlichtuerei erwischt wurden. Zwei beinahe schon erwachsene Kinder aus bestem Hause, die sich nächtens in eine dunkle Ecke drückten? Das würde ordentlich für Ärger sorgen. Und dabei würde es sicherlich nicht bleiben.
Verstohlen sahen sich beide um, doch da war anscheinend niemand außer ihnen. Noch nicht einmal einer der Nachtwächter, die hier in der Gegend patrouillierten, um nicht nur als Rufer der Stunde zu fungieren, sondern vor allem die Obrigkeit von Hamburg vor Übergriffen zu schützen.
Überhaupt war die Einbruchsrate hier äußerst niedrig. Nicht nur dank der Nachtwächter, sondern auch deshalb, weil sich die Hansekaufleute durchaus auch selber zu schützen wussten. Da war kein Herrschaftshaus ohne entsprechendes Personal. Und so war die Rolle der Nachtwächter meist eben doch auf die Kontrolle der Petroleumlampen und die Ansage der jeweils vollen Stunde beschränkt.
Obwohl sie durchaus bereit waren, einzugreifen, sobald es erforderlich erschien. Und sei es auch nur, Hansekinder einzufangen, die um diese Zeit außerhalb der Häuser nichts mehr verloren hatten.
Dinge, die Gordula kurz durch den Kopf gingen, ehe sie sich auf die nächsten Worte Johanns konzentrierte.
Es war für sie schon ziemlich erstaunlich, dass er überhaupt Adele Brinkmann im Zusammenhang mit ihrem Fest erwähnte. Sie war ihr ja überhaupt nicht aufgefallen. Und ausgerechnet Johann Wetken, sozusagen der Thronerbe der Wetken-Gilde, ließ sich auf eine echte Brinkmann ein?
Das klang zu schlimm in ihren Ohren, um wirklich wahr zu sein. Eigentlich. Und doch schien es tatsächlich so zu sein, wie Johann auch noch sich zu bekräftigen bemühte:
„Ich habe mich sehr gut mit ihr unterhalten“, beschrieb er es in verdächtig schwärmerischem Tonfall. „Und daher haben wir uns in der Folgezeit eben – äh - mehrmals heimlich getroffen.“
Jetzt war es heraus. Endgültig.
Gordula riss schreckensweit ihre Augen auf und konnte nicht verhindern, dass ihr außerdem auch noch regelrecht die Kinnlade herunterklappte.
Also, wenn sie gedacht hätte, nichts könnte sie mehr überraschen oder gar noch mehr erschüttern, war sie soeben drastisch eines Besseren belehrt worden.
Wer die Zusammenhänge kannte – und Gordula gehörte eindeutig zu den Eingeweihten -, hätte genau dieses halt niemals für möglich gehalten. Dass überhaupt Adele Brinkmann mit dabei gewesen war, erstaunte sie schon im höchsten Maße, aber dass sie dann ausgerechnet mit Johann Wetken angebandelt hatte? Das hatte sie tatsächlich gewagt?
Und dann Johann Wetken, der doch eigentlich noch vor dem Fest so getan hatte, als würden sie beide, er und Gordula nämlich, sich besonders gut verstehen, dass sie sich regelrecht in Freundschaft verbunden fühlten, was an sich schon in den Augen der Erwachsenen ein schlimmes Vergehen darstellte, weil sie das niemals hätten verstehen können... Und genau dieser Johann Wetken ließ sich seinerseits auf eine echte Brinkmann ein?
Nicht wahr!
Gordula fehlten ausnahmsweise die Worte. Sie hatte sichtlich Mühe, das alles erst einmal zu verarbeiten. In ihrem hübschen Kopf herrschte das reinste Chaos.
Wenn sie allein nur