Private Ermittler - 2000 Seiten, 16 Krimis in einer Sammlung. Alfred Bekker
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"Die Sache verlief im Sand, nehme ich an."
"Verstehen Sie nun, warum ich der hiesigen Kripo nicht allzu viel zutraue?"
"Allerdings."
"Naja, jedenfalls war seitdem Ruhe, was diese Gang betrifft."
"Wie lange ist die Geschichte her?"
"Ein halbes Jahr. Es wäre ja möglich, dass von denen einer ziemlich sauer war und sich gerächt hat."
"Ich danke Ihnen für den Hinweis. Sagen Sie, wie sind Sie eigentlich auf mich gekommen?"
Frau Sluiter zuckte die Achseln.
"GELBE SEITEN DEUTSCHLAND. Die sind heute doch in jedem Software-Paket dabei, das es beim Kauf eines Computers gibt. Detektive gibt es natürlich wie Sand am Meer. Aber nur einer hatte ungeklärte Tötungsdelikte als Spezialgebiet angegeben."
"Verstehe."
"Gibt es so viele davon, dass jemand wie Sie davon leben kann?"
"Wie Sie sehen—ja! Und die Leute, die sich an mich wenden, stellen wahrscheinlich nur die Spitze eines Eisberges dar. Allerdings gibt es für einen Privatdetektiv finanziell lukrativere Gebiete. Security Consulting für große Firmen und so was."
"Und warum haben Sie sich dann DIESEM Gebiet zugewandt?"
Lorant lächelte dünn.
"Vielleicht unterhalten wir uns ein anderes Mal über dieses Thema."
"Natürlich."
Frau Sluiter brachte Lorant zur Tür. Diesmal zur Haustür. Sie kamen dabei durch einen schmalen Flur. An den Wänden hingen Fotos und Urkunden. In einer Vitrine standen mehrere kleine Pokale.
Lorants Blick blieb daran haften.
"Ja, da sehen Sie, wie intensiv sich mein Mann für seinen Boßel-Verein engagierte. Daneben sponserte er auch noch Kickers Emden mit Bandenwerbung und spendierte dem Yacht Club das Clubhaus."
"Ihr Mann hatte was übrig für den Sport."
"Ja, das hatte er", murmelte Bernhardine Sluiter mit belegter Stimme. "Das hatte er wirklich. Waren auch alle in Regimentstärke auf der Beerdigung angetreten... Die Feuerwehrkapelle hat dazu gespielt..." Tränen glitzerten in ihren Augen.
Wird Zeit, dass ich jetzt gehe, dachte Lorant.
––––––––
4.
Das Gasthaus von Beate Jakobs lag in der Bedekaspeler Marsch, direkt an einem Kanal, der wenige hundert Meter später ins Große Meer mündete. Das 'Gasthaus Jakobs' hatte einen eigenen Bootsanlegesteg, so dass man bei einem Bootsausflug anlegen und Zwischenstopp machen konnte.
Beate Jakobs war eine agile ältere Dame mit faltigem Gesicht und zu einem Knoten gebundenem grauen Haar. Der Schankraum glich eher einem Wohnzimmer als einer gewöhnlichen Kneipe.
Als Lorant eintrat, saßen ein paar Skatbrüder vor dem Kamin und droschen Karten.
"Wie lange werden Sie bleiben, Herr Lorant?", fragte Beate Jakobs.
"Ich weiß es noch nicht genau. Aber wenn Sie wollen, bezahle ich eine Woche im Voraus."
"Nee, das ist nicht nötig. Ich betreibe dieses Haus schon so lange und bin noch nie von einem Gast geprellt worden. Und solange das nicht geschieht, habe ich auch keinerlei Grund, meinen Gästen zu misstrauen."
"Eine sehr noble Einstellung."
"Auf eins muss ich Sie gleich hinweisen. Auf den Zimmern gibt es kein Fernsehen. Das Klo ist am Ende des Ganges."
"Kein Problem."
"Wissen Sie ich könnte ja umbauen und der Üki -—eigentlich heißt er ja Heinrich—-, das ist mein Schwiegersohn, der arbeitet bei der Touristik-Zentrale. Der Üki liegt mir schon seit Jahren in den Ohren, ich soll die Zimmer renovieren lassen und alles auf modern aufmotzen. 'Dat gaait so nich!', hör ich ihn immer reden und ich sag dann: 'Dat gaait doch!' Schließlich habe ich in all den Jahren nie Schwierigkeiten gehabt, die Zimmer voll zu kriegen und warum soll ich da irgendetwas verändern!"
"Da haben Sie sicher Recht."
"Also, dass wir vor dreißig Jahren hier fließend Wasser eingeführt haben, dass sehe ich ja heute ein, dass das notwendig war. Aber ich finde, man muss den Luxus auch nicht übertreiben."
"Ich brauche nur ein Bett zum Schlafen und 'ne Steckdose für den Rasierapparat. Dann bin ich schon zufrieden."
"Na, dann is' ja gut!"
Lorants Zimmer lag im Obergeschoss.
Die Wirtin ließ es sich nicht nehmen, es dem Detektiv persönlich zu zeigen. Man hatte eine fantastische Aussicht. Immerhin lag es hoch genug, um über die vorgelagerten Schilf-Areale bis zum Großen Meer blicken zu können.
Das Wasser glitzerte in der Sonne.
Inzwischen war etwas mehr Wind aufgekommen.
Surfer schwebten Schmetterlingen gleich über die Wasseroberfläche.
"Prima", sagte Lorant.
Das Zimmer selbst wirkte sehr vollgestellt. Ein Bett, ein Tisch, ein Stuhl, ein Sofa, ein dicker, klobiger Kleiderschrank... Wahrscheinlich war die Hälfte des Mobiliars überflüssig. Lorant vermutete, dass es nur deswegen hier stand, weil sich die Besitzerin nicht davon trennen konnte und keinen anderen Platz hatte, um es unterzubringen.
"Da, auf der anderen Seite vom Großen Meer soll einer in seinem Boot umgekommen sein", meinte Lorant, in der Hoffnung, von seiner Gastgeberin den neuesten Klatsch über die Geschichte zu erfahren.
"So, haben Sie auch schon von der Sache gehört."
"Ja, war doch erst kürzlich."
"Also ich bin mit der Mutter von Gretus Sluiter zusammen zur Schule gegangen."
Tja, manchmal ist die Welt verdammt klein, dachte Lorant.
"Ich weiß noch, dass die Heike -—also Gretus Mutter -—so viel Kummer mit dem kleinen Gretus hatte. Irgendeine Darminfektion hat ihn als kleinen Knirps ganz dünn werden lassen. Und wenn man dagegen sieht, wie rund er zuletzt war! Aber ich habe den Verdacht, dem Gretus sein Bauch kam mehr vom Trinken."
"Jemanden, der so einen Hass auf ihn gehabt haben könnte, um ihn umzubringen, wissen Sie nicht zufällig?"
Beate Jakobs stemmte die Arme in die Hüften.
"Herr Lorant, wo denken Sie hin! So was passiert hier nich'!" Sie seufzte hörbar schüttelte dann den Kopf. "Der Gretus war immer schon ein bisschen döspaddelig. Ich hab noch kurz vor Heikes Tod, als sie schon ganz schlecht