Private Ermittler - 2000 Seiten, 16 Krimis in einer Sammlung. Alfred Bekker
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"Du warst nicht zufällig bei einem ganz bestimmten Arzt in Moordorf?"
"Wovon redest du?"
"Ich frage ja nur."
"Ja, habe ich gehört."
"Da war nämlich eine ziemlich dicke Bremsspur, die von so einer Maschine stammen könnte."
Lorant trat an das aufgebockte Motorrad heran, sah sich dabei das Profil näher an, strich mit dem Finger über das Gummi.
"Ey, fass mein Eigentum nicht an, woll?"
"Keine Sorge!"
"Wenn du mal mitfahren willst, dann frag mich!"
"Ich werde vielleicht darauf zurückkommen!", versprach Lorant.
––––––––
23.
Als Lorant das X-Ray erreichte, tobte dort bereits das pralle Leben. Eine Reihe von Wagen unterschiedlicher Preisklasse standen auf dem Parkplatz. Die teuersten Modelle waren zweifellos die Trecker. Lorant musste grinsen. Er stellte seinen Wagen ans Ende der Reihe, stieg aus und ging auf den Haupteingang zu. Neonbuchstaben verkündeten großspurig, dass es im X-Ray alles gab, was der moderne Landmann so brauchte: GIRLS, BEERS & FOOD. Das war zwar weder Hoch- noch Plattdeutsch, aber offenbar wurde es über alle Sprachgrenzen hinweg verstanden.
Lorant erreichte den Eingang.
Zunächst bemerkte er den Kerl mit den weißblonden Haaren nicht gleich. Aber dann fiel das grelle Neonlicht eine Sekunde lang auf dessen bleichen Haare. Victor, so hatte Ubbo Sluiter ihn genannt. Victor irgendwas.
Lorant blieb breitbeinig stehen. Auf einen erneuten Zweikampf mit diesem Kerl hatte er keine Lust. Schon deswegen nicht, weil das Reizstromaggregat in Dr. Purwins Praxis fürs Erste wohl nicht zu seiner Verfügung stand.
Victor erstarrte zur Salzsäule.
Die einzige Waffe, die Lorant besaß, war ein kleinkalibriger Revolver, der sich in seinem Wagen befand. Für äußerste Notfälle. Er hatte die Waffe illegal in der Schweiz erworben und dachte auch gar nicht daran, sie offiziell zu beantragen. Es war verdammt schwer in Deutschland, einen Waffenschein zu bekommen. Und Lorant ging unnötigen Schwierigkeiten gerne aus dem Weg.
Aber im Augenblick hatte er die Waffe nicht dabei, während unter Victors Jacke wahrscheinlich noch immer der Revolver steckte, mit dem der Kerl auf ihn geschossen hatte.
In der Seitentasche von Lorants Jackett befand sich nichts weiter als das Handy. Er hatte es lieber im Jackett als am Gürtel, weil es immer die Hose so runterzog.
Lorant konnte sich an den Fingern einer Hand ausrechnen, was als nächstes passieren würde.
Sofern Victor seine Waffe bei sich hatte -—und es gab keinen Grund, daran zu zweifeln -—war davon auszugehen, dass er sie als nächstes aus seiner Jacke herausriss.
Lorant wusste, dass er schneller sein musste.
Schneller ziehen, darauf kam es an. Wie bei den guten alten Cowboys im Western-Film. Nur, dass Gary Cooper in HIGH NOON wenigstens etwas gehabt hatte, was er ziehen konnte, während Lorant unbewaffnet war.
Lorants Entschluss war spontan, aber nicht unüberlegt.
Er setzte alles auf eine Karte.
Bluff hieß das Gebot der Stunde. Er griff in die Jackettseitentasche, umfasste das Handy, hob die Hand und ließ es so erscheinen, als hielte er eine Waffe in der Hand.
"Keine Dummheiten, Victor."
Der Türsteher war vollkommen perplex. Er schluckte, zog die Hand dann vom halb geöffneten Reißverschluss seiner Jacke weg. Offenbar wollte er nicht riskieren, dass Lorant seine Waffe abdrückte.
Nur überzeugend wirken, darauf kommt es an, dachte Lorant. Ist im Leben genauso wie im Fernsehen!
Lorant fuhr fort: "Du heißt doch Victor, oder?"
"Alter, mach keine Dummheiten!", knurrte der Angesprochene.
"Solange du dich nicht rührst, ist alles in Ordnung1"
Lorant trat an Victor heran, langte unter dessen Jacke und zog den Revolver hervor.
Dessen Lauf richtete er jetzt auf den Bauch des Russlanddeutschen.
Er zog das Handy aus der Jacketttasche.
Victor gingen die Augen über. Er war vollkommen fassungslos.
"Mieser Wichser!", schimpfte er.
"An deiner Stelle würde ich langsam auf freundlich umschalten, mein Lieber! Schließlich habe ich dich von heute Morgen her in ziemlich unangenehmer Erinnerung."
"War nix persönlich!"
"Du hast mir um ein Haar die Ohren abgeschossen. So etwas nehme ich übel!"
"Ey, Alter..."
"Aber vielleicht kannst du es ja wieder gutmachen."
"Was gutmachen?"
"Ich hätte gerne ein paar Auskünfte."
"Was Auskünfte?"
Von hinten hörte Lorant Schritte, sein Kopf ging reflexartig zur Seite. Aus den Augenwinkeln heraus konnte Lorant eine Gestalt sehen. Wahrscheinlich einen Gast, der auf den Haupteingang zuging. Für den Bruchteil einer Sekunde war Lorant abgelenkt. Und das nutzte Victor eiskalt aus. Lorant bekam einen heftigen Stoß, genau auf seine Bauchprellung. Er taumelte zurück. Ein höllischer Schmerz durchfuhr ihn. Victor spurtete los, schwang sich auf sein Motorrad. Er legte einen Blitzstart hin. Die Maschine brüllte auf. Mit quietschenden Reifen donnerte er davon, legte sich dabei flach auf den Tank und wich einem Audi aus, der gerade auf den Parkplatz fuhr. Der Audi bremste, Viktor umkurvte ihn mit seinem Motorrad.
Lorant stand mit der Waffe in der Hand da und war vollkommen machtlos. Schließlich konnte er hier keine Schießerei beginnen. Das brachte am Ende nicht Victor, sondern nur ihn selbst in Schwierigkeiten. Das hornissenartige Geräusch von Victors Maschine war noch eine Weile zu hören. Verdammter Mist!, dachte Lorant.
Der Gast, der gerade im Sinn gehabt hatte, den Haupteingang des X-Ray zu passieren, stand wie erstarrt da. Ein rotblonder Mann, ziemlich dürr und mit hervorquellenden Augen. Immerhin hatte er sich fein gemacht, auch wenn der Anzug, den er trug, vom Schnitt her mindestens zwanzig Jahre alt sein musste. Ein altes Erbstück wahrscheinlich. Oder der Konfirmationsanzug des großen Bruders.
"Wat läuft denn hier ab?", stieß der Anzugträger fassungslos hervor.
Lorant steckte die Waffe in den Hosenbund.
"Nichts", sagte er.
"Aber..."
"War