Sammelband 7 Krimis: Tuch und Tod und sechs andere Thriller auf 1000 Seiten. Alfred Bekker

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Sammelband 7 Krimis: Tuch und Tod und sechs andere Thriller auf 1000 Seiten - Alfred Bekker

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Erwägung gezogen, dass es sich um einen späten Angler handelte. Die Nacht war schließlich ideal zum Fischen, nur das Hafenbecken vielleicht nicht das richtige Revier. Aber der Mann hatte keine Angel bei sich. Er stand einfach da, hatte die Hände in den weiten Taschen seiner Kargohosen vergraben. Außerdem trug er eine dicke Steppjacke. So dick und aufgeplustert, dass sie als tragbarer Airbag durchgehen konnte. Sein Haar war gelockt. Er trug einen Kinnbart und Berringer schätzte sein Gegenüber auf Mitte bis Ende zwanzig.

      An der Kargohose waren Farbflecken, fiel Berringer noch auf.

      „Guten Abend!“, sagt er.

      Der Mann drehte sich einfach um und ging ein paar Schritte.

      „Was wollen Sie hier?“, fragte Berringer.

      Der andere blieb stehen. „Ich wüsste nicht, was Sie das angeht“, entgegnete er gereizt. Der Wind wehte einen Duft herüber, der irgendeine Mischung zwischen Kognak, Bier und Absinth sein musste. Da wurde ein trockener Alkoholiker ja schon vom Schnuppern wieder rückfällig, ging es Berringer durch den Kopf.

      „Warten Sie!“ forderte er, aber der Mann eilte davon. Er schwankte leicht. Dass er zu viel getrunken hatte, war nicht zu übersehen.

      Berringer entdeckte eine noch glimmende Zigarette auf dem Asphalt, deren Spitze wie ein Glühwürmchen leuchtete, daneben lag ein leeres Streichholzbriefchen.

      Berringer nahm es vom Boden auf. Es war offenbar ein Werbegeschenk, das in irgendeiner Kneipe verteilt wurde. „Kreuzherreneck“, war darauf zu lesen.

      Das Lokal kannte Berringer noch nicht. Aber das würde sich vielleicht bald ändern.

      Am nächsten Morgen war Berringer schon sehr früh wach. Davor hatte er tatsächlich ein paar Stunden wie ein Stein geschlafen. Er zog sich an und frühstückte ein paar Cornflakes, die er noch da hatte. Der lösliche Kaffee war fast alle, aber für eine Tasse reichte es noch.

      Das nächtliche Erlebnis kam ihm jetzt, in der Rückschau, fast wie ein weiterer wirrer Traum vor. Aber das Streichholzbriefchen bewies ihm, dass es sehr real gewesen war.

      Was war das für ein Typ gewesen, und was wollte er bei Berringer? Dass der junge Mann sich zufällig gerade diesen Platz ausgesucht hatte, um über sein Leben nachzudenken und sich vielleicht sogar ins Wasser zu stürzen, daran mochte der Detektiv nicht glauben. Nun, vielleicht war er inzwischen auch schon paranoid geworden, dachte er schließlich, denn je mehr er das Ganze drehte und wendete, desto absurder kam es ihm vor. Er glaubte in irgendwelchen Fotos Gesichter wiederzuerkennen, an die er sich vorher nie erinnert hatte, und war davon überzeugt, dass ein Trinker, der sich wahrscheinlich nur auf dem Heimweg verirrt hatte, ausgerechnet seinetwegen in der Gegend herumstrich. Klang das nicht ein bisschen nach Selbstüberschätzung und Irrsinn?

      Andererseits hatten die Ermittlungen der letzten Tage mit Sicherheit Staub aufgewirbelt. Staub bei Leuten, die ziemlich rabiat vorgingen. Also war Vorsicht geboten.

      Berringer gähnte und genoss jeden Tropfen aus der Kaffeetasse. Er wusste, dass es seine letzte Tasse war, wenn er nicht einkaufte. Aber dazu hatte er im Moment einfach keine Zeit.

      Dann saß er eine ganze Weile einfach nur mit geschlossenen Augen da und versuchte seine Gedanken zu ordnen.

      Berringer parkte seinen Mitsubishi am Straßenrand. Er war sehr früh dran, die Straßen waren nahezu leer, nur bei den Bäckereien herrschte Hochbetrieb. Berringer kaufte sich ein Hörnchen und aß es unterwegs.

      Er war der Erste im Büro.

      Für einen Moment war er unschlüssig, was er als Erstes tun sollte. Dann schnappte er sich das Telefon und versuchte Björn Dietrich zu erreichen. Treffer. Er war schon an seinem Arbeitsplatz am Nordwall 1 in Krefeld.

      „Was ist denn mit dir los?“, fragte er. „Freiwillig unter die Frühaufsteher gegangen?

      Du willst sicher wissen, was mit den Geraths ist.“

      „Genau.“

      „Sie sind beide auf freiem Fuß, sollen sich aber in nächster Zeit zur Verfügung halten, damit wir sie erneut befragen können.“

      „Hat sich irgendwas Neues in der Beweislage ergeben?“

      „Bis jetzt nicht. Wir können Frau Geraths Aussage, wonach sie erst am See aufgetaucht ist, als Severin schon im Wasser lag, bislang nicht widerlegen.“ Dietrich fiel die schöne Wortspielerei mit dem „auftauchen“ und dem „im Wasser liegen“, die er da betrieb, offenbar gar nicht auf, denn er redete einfach weiter: „Den Schlag gegen die Gurgel hätte sie natürlich ausführen können, aber da werde ich mich bei ihrem Aikido-Lehrer noch mal erkundigen, ob das wirklich der reinen Lehre dieser Kampfsportart entspricht.“

      „Wer sagt dir, ob dieser Kampfsportlehrer ihr die reine Lehre beigebracht hat?“

      „Na ja, das wird er mir dann ja hoffentlich sagen.“ Björn hustete erbärmlich. Tbc, Endstadium, unheilbar, dachte Berringer. Aber Totgesagte lebten manchmal länger.

      „Wer auch immer der Täter war“, sagte Berringer, „er stand Severin Auge in Auge gegenüber. Ein Arm ist ja nicht sehr lang.“

      „So schlau sind wir auch schon. Nach Sherlock Holmes letzter Weisheit klingt das nicht gerade. An besten, du lässt uns einfach unsere Arbeit machen, und ich melde mich dann wieder bei dir.“

      „Ihr solltet euch mit den Düsseldorfer Kollegen kurzschließen.“

      „Wieso?“

      „Wegen Ferdinand Commaneci und seiner Firma Garol ImEx.“ Björn seufzte laut und machte damit überdeutlich, dass Berringer ihm im Augenblick ziemlich auf die Nerven ging. „Alles der Reihe nach. Wir vergessen dich nicht, und ich sorge schon dafür, dass du alles mitbekommst.“

      „Hast du mal mit den Kollegen gesprochen, die den Golffahrer kontrollierten?“

      „Ich hab’s versucht.“

      „Was soll das denn heißen?“

      „Der eine Kollege ist ab heute in Urlaub, der andere hat wegen der Entbindung seiner Frau frei gekriegt. Von den diensthabenden Kollegen weiß aber niemand, wo der Vermerk geblieben oder ob es überhaupt einen gegeben hat.“

      „Na, großartig!“, maulte Berringer.

      „Kann ich vielleicht was dafür?“, beschwerte sich Dietrich.

      „Du hättest gleich gestern anrufen können!“

      „Berry, du überbewertest die Sache mit dem Golf.“

      „Hoffentlich.“

      „Ich muss jetzt erst mal Blumen für unseren Revierhäuptling auftreiben. Der hat nämlich Geburtstag. So was ist auch wichtig!“

      „Grüß ihn schön mir.“

      „Ganz bestimmt nicht. Wenn der wüsste, was ich mit dir bespreche, gäb's 'ne Standpauke, die sich gewaschen hat! Mach's gut!“

      „Mach's besser!“

      Dietrich unterbrach die Verbindung.

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