Die Bad Religion Story. Jim Ruland
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Trotz der bescheidenen Verkaufszahlen, die auf diese Weise zustande kamen, waren die Kontakte, die Brett knüpfte, auf lange Sicht profitabel. Langsam, aber sicher etablierte sich die EP. Die Band verkaufte die erste Pressung von 500 Stück innerhalb relativ kurzer Zeit. Mit der zweiten Pressung korrigierte die Band ein Problem, das zur Folge gehabt hatte, dass die Platte hüpfte, und erhöhte die Auflage auf 1.500 Stück.
Im Verlauf des Frühjahrs und Sommers gaben Bad Religion gerade mal ein halbes Dutzend Konzerte, die aber dafür umso denkwürdiger waren. Am 3. März traten sie mit den Cheifs und China White im Vex auf, einem legendären Veranstaltungsort in East L.A., der ein Ableger von Self Help Graphics war. Die Fotos, die Gary Leonard schoss, zeigten Jay Bentley und Jay Ziskrout mit sehr kurzen Haaren, während Brett offenbar einen Irokesenschnitt zur Schau trägt. Am 30. April spielte die Band erneut im Vex, dieses Mal mit T.S.O.L., und dann am 29. Mai noch einmal, nun mit den Adolescents, Social Distortion und Saccharine Trust. Diese Show markierte einen besonderen Meilenstein für die Band, da Bad Religion nun zum ersten Mal an zwei aufeinanderfolgenden Abenden gespielt hatte. Denn am Vorabend hatte die Band noch ihre Heimpremiere in Tarzana im Valley West gefeiert.
Im Mai quetschten sich die Jungs mit ihrem Equipment in Bretts VW-Bus und fuhren zu einem Konzert in San Francisco, das an einem Sonntagabend stattfand und vom „Punk-Papst“ Dirk Dirksen veranstaltet wurde. Auf der Fahrt zum Mabuhay hatte Ziskrout Grippe-Symptome und musste sich hinten im Bus hinlegen. Er gab sich die allergrößte Mühe, nicht die Anlage vollzukotzen. Pete Finestone, ein Punk aus dem San Fernando Valley, der ein Fan der Band war und als Roadie aushalf, musste Ziskrouts Schlagzeug für ihn auf- und abbauen, doch das Konzert fand trotzdem statt.
Zu Beginn des Sommers erlitt die Punk-Szene einen herben Rückschlag, als das legendäre Starwood am 13. Juni 1981 für immer dichtmachte. Das Starwood, am Santa Monica Boulevard in Crescent Heights gelegen, war eine wichtige Auftrittsmöglichkeit für Punk-Bands aus L.A. und Acts von außerhalb wie Blondie, The Damned, Devo und The Jam. Die Germs hatten am 3. Dezember 1980 dort ihren letzten Gig gespielt, bevor Darby Crash vier Tage später an einer Überdosis starb.
Greg und Jay ließen sich gerne von Pete ins Starwood kutschieren. „Ich hatte ein Auto“, so Pete. „Jeden Dienstag und Mittwoch, wenn Shows im Starwood stattfanden, fuhr ich durchs Valley, um Greg und manchmal auch Jay abzuholen. In erster Linie aber Greg. Dann ging es weiter zu den Konzerten. So wurde ich schließlich ihr Roadie.“
Das Ende des Starwood war eine große Sache, da der zugehörige Parkplatz so wie der Club selbst ein wichtiger Treffpunkt für die Szene war. Dort hingen die Punks vor einer Show ab und schauten anschließend noch auf einen Sprung bei Oki-Dog vorbei, das unweit davon lag und noch lange nach der Sperrstunde des Clubs geöffnet war. In der Regel fanden dort die Punk-Konzerte an Wochentagen statt. Als das Starwood in diesem Sommer seine Pforten schloss, hinterließ es eine riesige Lücke in der Szene.
Am 4. Juli spielten Bad Religion ihr erstes Konzert in einem Club in Hollywood, dem legendären Whisky a Go Go, zusammen mit den Alley Cats und den Dickies. Die Setlist enthielt neue Songs wie „Fuck Armageddon … This Is Hell“, „We’re Only Gonna Die“, „Part III“, „Latch Key Kids“ und „New Leaf“. Das Konzert war vor allem für Greg eine denkwürdige Angelegenheit.
„Wir spielten „Only Gonna Die“ und ich werde nie vergessen, dass meine Mom in Begleitung ihrer Freundinnen zu unserer Show kam. Jemand kletterte auf die Bühne, um zu stagediven. Dabei rannte er in mich hinein und ich schnitt mir die Lippe am Mikrofon auf. Ich war so sauer, dass ich den Mikroständer nahm und dem Typen, den ich vor der Bühne ausmachte, eine mit dem Standfuß verpasste. Genau auf seinen Schädel! Nach dem Auftritt meinte der Roadie, ich hätte den falschen Kerl erwischt. Ich fühlte mich daraufhin total mies. Auch wenn ich den richtigen Typen getroffen hätte, hätte ich mich mies gefühlt. Ich wies den Roadie an, den Typen zu holen, damit ich mich entschuldigen konnte. Der Kauz meinte aber, dass schon alles in Ordnung wäre und ließ mir ausrichten, dass ich mir keine Sorgen machen sollte. Er hatte sich so prächtig unterhalten und gedacht, dass es eben dazugehörte, mal eine mit dem Mikroständer übergebraten zu bekommen. Das war ihm völlig egal!“
Einer der Gründe, warum sie so wenige Konzerte absolvierten, war der, dass Greg für den Sommer nach Wisconsin zurückkehrte. In seiner Abwesenheit erhielt die Band Briefe aus Amsterdam, Kopenhagen, München und Rom. Zu diesem Zeitpunkt dachte sich Brett nicht sonderlich viel dabei: „Ich ging davon aus, dass europäische Jugendliche eben mehr Briefe schrieben als amerikanische Kids.“
Manchen Briefen lagen Rezensionen ihrer EP bei, die in europäischen Zeitschriften und Fanzines erschienen waren. Zwar konnte die Band sie nicht lesen und nahm an, dass die Hörer in Übersee ihre Songtexte ebenso wenig verstehen würden, doch mit ihrem Logo verhielt es sich von Anfang an anders. Bretts Vater zufolge druckte eine italienische Musikzeitschrift das Crossbuster-Emblem auf der Titelseite ab. „Noch mehr als der Name“, so Brett, „half uns das Logo, bekannt zu werden. Wir wollten ja bloß besonders punkig rüberkommen, aber das Logo hinterließ auf der ganzen Welt einen Eindruck. Es verbreitete sich wie ein Flächenbrand in L.A., weil man es auch an Wände sprayen konnte. Als die EP in Italien, Deutschland und Spanien eintraf, erregte unser Logo dort große Aufmerksamkeit.“
Wahrscheinlich war es kein Zufall, dass die Briefe von Fans stammten, die in Ländern wohnten, in denen der Einfluss der Katholischen Kirche besonders ausgeprägt war. Während Songtexte unterschiedlich interpretiert werden können, kommuniziert ein effektives Logo seine Botschaft auf einer psychologischen Ebene. Die Bedeutung des Crossbusters ist allgemeingültig und unmissverständlich. Falls Bad Religion es nicht erfunden hätten, wäre es vermutlich jemand anderem eingefallen.
„Es war nicht nur extrem“, spekuliert Brett. „Die Tiefsinnigkeit des Logos spricht die Leute auf eine intensiv psychologische Art und Weise an. Sie sehen es und erinnern sich daran. Es ist nicht nur einfach und eindringlich, sondern auch ein Weckruf.“
Im Herbst jenes Jahres kam Greg in die zwölfte Klasse. Ziskrout hatte bereits seinen Abschluss in der Tasche, während Brett und Jay der El Camino Real endgültig den Rücken gekehrt hatten. Jay wurde aufgefordert, von der Schule abzugehen, und beabsichtigte wie Brett den General Education Development Test abzulegen. Obwohl Schulbildung bei den meisten Bandmitgliedern keine Priorität genoss, blieben sie wissbegierig und interessierten sich für die komplexen Rätsel der Welt. „Ich sage immer, dass ich von der Schule abgegangen bin und meine ganze Bildung von Bad Religion erhalten habe“, betont Jay. „Ich lernte eine Menge von diesen Typen. Die Diskussionen, die wir führten, über Themen wie Geologie oder Astrophysik, waren für einen 16-Jährigen von phänomenalem Wert. Ich lernte so viel mehr von dieser Band, als ich jemals in einem Klassenzimmer in Erfahrung gebracht hätte.“
Die Band hatte inzwischen genug Material für eine Langspielplatte beisammen und einen Großteil der Songs auch schon live getestet. Außerdem spülten die Verkäufe ihrer EP und gelegentlich auch die Live-Auftritte Geld in die Bandkasse. Brett schätzte, dass es für die Aufnahmen einer LP reichen würde. Wie er das Presswerk bezahlen könnte, wollte er sich später überlegen. Ungefähr zu dieser Zeit erhielt Brett einen Anruf von Bob Say, der als Einkäufer des Plattenladens Moby Disc in Woodland Hills gearbeitet hatte. Er erklärte, dass er inzwischen bei Jem Records, einem unabhängigen