Жизнь взаймы. Уровень 4 / Der Himmel kennt keine Günstlinge. Эрих Мария Ремарк

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Жизнь взаймы. Уровень 4 / Der Himmel kennt keine Günstlinge - Эрих Мария Ремарк страница 10

Жизнь взаймы. Уровень 4 / Der Himmel kennt keine Günstlinge - Эрих Мария Ремарк Легко читаем по-немецки

Скачать книгу

gerade dann.«

      »Würden Sie es an seiner Stelle riskieren?«

      »Das weiß ich nicht.«

      Lillian holte Atem. »Würden Sie es tun, wenn sie wüssten, daß Sie nie wieder gesund würden?« fragte sie.

      »Anstatt hier zu bleiben.«

      »Anstatt hier ein paar Monate länger vorsichtig zu leben«

      Er lachte. »Danach müssen Sie nicht gerade einen Rennfahrer fragen.«

      »Würden Sie es tun?«

      »Ich habe keine Ahnung. So etwas weiß man nie vorher. Vielleicht ja, um noch einmal an mich zu reißen, was Leben heißt, ohne Rücksicht auf Zeit – aber vielleicht würde ich auch nach der Uhr leben und um jeden Tag geizen und jede Stunde. Das weiß man nie. Ich habe da merkwürdige Überraschungen erlebt.«

      Sie hörten plötzlich den Motor wieder. »Er kommt zurück«, sagte Clerfayt.

      »Ja«, wiederholte sie und holte tief Atem. »Er kommt zurück. Sind Sie enttäuscht?«

      »Nein. Ich wollte nur, daß er den Wagen einmal fährt. Das letzte Mal, als er darin saß, hatte er seinen ersten Blutsturz.«

      Lillian sah Giuseppe auf der Chaussee heranschießen. Sie konnte es plötzlich nicht ertragen, Hollmanns strahlendes Gesicht sehen zu müssen. »Ich muß hinein«, sagte sie hastig. »Das Krokodil sucht mich bereits!« Sie wendete sich zum Eingang. »Und wann fahren Sie über den Paß?« fragte sie.

      »Wann Sie wollen«, erwiderte Clerfayt. Es war Sonntag, und Sonntage im Sanatorium waren immer schwerer zu ertragen als die Wochentage. Die Arzte kamen nur in die Zimmer, wenn es notwendig war, so daß man glauben konnte, man sei gesund.

      Lillian kam trotz des Verbots zum Abendessen herunter; das Krokodil kontrollierte gewöhnlich sonntags nicht. Sie hatte zwei Gläser Wodka getrunken. Dann hatte sie ihr bestes Kleid angezogen – Kleider halfen manchmal mehr als jeder moralische Trost —, aber diesmal hatte auch das nicht genutzt. Der Cafard, der plötzliche Weltschmerz, der Hader mit Gott, den jeder hier oben kannte und der ohne ersichtlichen Grund kam und ging, war geblieben. Er hatte sie angeflogen wie ein dunkler Schmetterling.

      Erst als sie in das Esszimmer trat, wußte sie, woher er kam. Das Zimmer war fast voll, und an einem Tisch in der Mitte saß Eva Moser, umringt von einem halben Dutzend ihrer Freunde, vor sich einen Kuchen, eine Flasche Champagner und Geschenke in buntem Papier. Es war ihr letzter Abend. Am nächsten Nachmittag sollte sie abfahren.

      Lillian wollte zuerst umkehren; dann sah sie Hollmann. Er saß allein neben einem Tisch mit den drei schwarzgekleideten Südamerikanern, die auf den Tod Manuelas warteten, und winkte ihr zu.

      »Ich habe Giuseppe heute gefahren«, sagte er.

      »Haben Sie es gesehen?«

      »Ja. Hat jemand sonst Sie noch gesehen?«

      »Wer?«

      »Das Krokodil? Oder der Dalai Lama?«

      »Niemand. Der Wagen war an der Übungswiese geparkt. Da kann man ihn nicht sehen. Und wenn schon! Ich bin glücklich. Ich glaubte schon, ich könne die verdammte Karre nicht mehr fahren.«

      »Kommt Clerfayt heute abend nicht?« fragte sie.

      »Nein. Er hat heute nachmittag überraschend Besuch bekommen. Wozu soll er auch immer heraufkommen? Es muß langweilig sein für ihn.«

      »Warum fährt er dann nicht weg?« fragte Lillian ärgerlich.

      »Er fährt; aber erst in ein paar Tagen. Mittwoch oder Donnerstag.«

      »Diese Woche?«

      »Ja. Ich nehme an, er wird mit seinem Besuch hinunterfahren.«

      Lillian antwortete nicht.

      »Und mit wem reiße ich denn von nun an abends aus?«

      »Da sind doch genug. Und Clerfayt ist ja auch noch hier.«

      »Ja. Und nachher?«

      Lillian stand auf. »Ich werde schlafen gehen.Gute Nacht, Hollmann.«

      »Ist irgend etwas los, Lillian?«

      »Nichts als das Übliche. Langeweile.

      Die Nachtschwester hatte ihre Abendrunde beendet. Lillian saß auf ihrem Bett und versuchte zu lesen. Wieder lag die Nacht vor ihr. Es klopfte. Charles Ney stand draußen in einem roten Schlafrock und Pantoffeln. »Alles ist klar«, flüsterte er. »Komm rüber zu Dolores!

      Abschiedsfeier für Eva Moser.«

      »Wozu? Warum geht sie nicht? Wozu muß sie noch Abschied feiern?«

      »Wir wollen eine Abschiedsfeier. Nicht sie.«

      »Ihr habt doch schon eine im Esszimmer gehabt.«

      »Nur um die Schwester zu täuschen. Komm, sei keine Trauerweide[21]

      »Ich habe keine Lust.«

      »Komm, Lillian! Wenn du hier bleibst, wirst du dich ärgern, allein zu sein – wenn du drüben bist, wirst du dich ärgern, hingekommen zu sein. Es ist also dasselbe – komm deshalb!« Er öffnete die Tür. »Alle kommen! Zieh dich an und komm!« »Ich ziehe mich nicht an. Ich komme in Pyjamas!«

      »Komm in Pyjamas, aber komm!«

      Dolores Palmer wohnte ein Stockwerk tiefer als Lillian. Sie lebte dort seit drei Jahren in einem Appartement, das aus einem Schlafzimmer, einem Wohnzimmer und einem Bad bestand. Sie bezahlte die höchste Miete des Sanatoriums.

      Lillian sah sich um. Es war ein Bild, das sie kannte. Sie waren wie Kinder, die heimlich zu lange aufbleiben. Dolores Palmer trug ein chinesisches Kostüm, ein langes Kleid. Sie war von einer tragischen Schönheit, die sie selbst nicht empfand. Ihre Liebhaber gingen daran irre wie Reisende an einer Fata Morgana.

      Eva Moser saß neben dem Fenster und schaute hinaus. Ihre glückliche Stimmung war umgeschlagen. »Sie weint «, sagte Maria Savini zu Lillian. »Was sagst du dazu?«

      »Warum?«

      »Frag sie selbst; du wirst es nicht glauben. Sie hält dies für ihr Zuhause.«

      »Es ist mein Zuhause«, sagte Eva Moser. »Hier bin ich glücklich gewesen. Hier habe ich Freunde. Unten kenne ich niemand.«

      »Was soll ich werden?« jammerte Eva Moser jetzt in voller Panik. »Sekretärin? Wer nimmt mich schon? Ich kann nur schlecht Schreibmaschine schreiben.«

      Lillian betrachtete Eva. Sie hatte auch früher schon Patienten gesehen, die entlassen worden waren und behauptet hatten, lieber bleiben zu wollen. Aber Eva Moser war ein anderer Fall; sie meinte, was sie sagte. Sie war ehrlich verzweifelt. Sie hatte sich an das Sanatorium gewöhnt. Sie hatte Angst vor dem Leben unten.

      »Ich gehe«, sagte Lillian. »Ich kann das nicht aushalten.«

      »Geh nicht!« sagte Charles Ney und beugte sich zu ihr. »Bleibe noch! Wir brauchen dich. Sing etwas, Lillian!«

Скачать книгу


<p>21</p>

Плакса