Norderende. Tim Herden

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Norderende - Tim Herden

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mit den gelben Beeren und ein leerer Bottich. Daneben lagen ein Küchensieb und ein Quirl.

      Rieder nahm das Sieb und hielt es ins Licht. „Da soll was durchkommen?“

      „Das passt schon“, antwortete Fittkau. Er nahm ihm das Sieb aus der Hand und füllte es mit Beeren. Dann begann er mit dem Quirl die Beeren im Sieb zu zerreiben. Der Saft tropfte dickflüssig in den Bottich. Doch die Schalen der Beeren waren immer noch so hart und das Mark der Beeren so breiig, dass das Sieb schnell verstopft war.

      „Mach mal weiter!“ Fittkau übergab Rieder Sieb und Quirl. Malte verschwand in einem seiner Schuppen. Rieder kam ins Schwitzen. So sehr er auch rührte und quetschte, der Bottich füllte sich nur langsam.

      Fittkau kam mit einem Korb voller Flaschen wieder heraus.

      „Das Sieb ist zu klein“, maulte Rieder. Malte reagierte nicht, sondern ging mit den Flaschen ins Haus.

      ‚Wenn die alle mit Saft gefüllt werden sollen‘, dachte sich Rieder, ‚dann muss ich die ganze Nacht rühren.‘

      Fittkau machte ihm ein Zeichen, mal anzuhalten. Er schaute in den Bottich, der jetzt gerade halbvoll war. Dann setzte er einen Trichter auf eine Flasche und füllte nun ganz vorsichtig etwas Saft aus dem Bottich hinein. Dann hielt er die Flasche hoch und nickte. Offenbar war er mit der Qualität des Sanddornsaftes zufrieden. „Sieht gut aus. Bin gleich wieder da.“

      Fittkau verschwand mit dem Bottich im Haus, kam aber gleich wieder mit dem leeren Gefäß zurück. „Während ich drinnen den Saft aufkoche und in die Flaschen fülle, kannst du hier weitermachen.“

      Dann stellte er den Bottich wieder hin und machte eine kreisende Bewegung, damit Rieder mit dem Quetschen der Beeren fortfahre.

      Langsam ging die Sonne unter. Rieder sah vor lauter Rühren nicht, wie sich der Himmel im Westen der Insel blutrot verfärbte. Erst als Fittkau das Außenlicht an seinem Häuschen anmachte, wurde ihm klar, wie lange er jetzt schon Sanddorn durch das Küchensieb matschte.

      Rieder stand auf. Das Brennen auf den Armen war verschwunden. Dafür schmerzte sein Rücken. Er streckte sich und lief ein paar Schritte. Dabei sah er, wie eine Frau hektisch an die Tür seines Häuschens klopfte. Es war seine Nachbarin zur anderen Seite. Dora Ekkehard, die Kinofrau. Als sie Rieder entdeckte, stürmte sie auf ihn zu.

       II

      Sie müssen sofort kommen. Am Kino liegt ein Toter!“, rief Dora völlig außer Atem.

      Rieder kratzte sich am Kopf und wiegte den Kopf hin und her. „Ich bin eigentlich nicht zuständig. Ich habe frei. Sie müssten sich bitte an Herrn Damp wenden.“

      „Zuständig, zuständig ... Wo sind wir denn hier? Da liegt ein Toter, und Sie erklären sich als Polizist für nicht zuständig. Wir sind hier doch nicht auf dem Finanzamt!“ Die Augen von Dora Ekkehard blitzten vor Zorn. Sie stemmte ihre Arme in die Hüften des kompakten Körpers.

      „Haben Sie schon versucht, Damp zu erreichen?“

      „Habe ich! Mailbox!“

      Ole Damp war wie Rieder Inselpolizist auf Hiddensee und seit kurzem Revierleiter. Beide verband eine innige Hassliebe. Rieder hatte keine Lust, die schwelenden Machtkämpfe im kleinen Inselrevier neu anzufachen. Damp hatte Bereitschaft, und er würde es Rieder sehr übel nehmen, wenn er sich in seine Kompetenzen einmischte. Andererseits war Rieder klar, bei einem ungeklärten Todesfall konnte man nicht einfach Dienst nach Vorschrift machen.

      „Haben Sie schon Dr. Möselbeck angerufen?“

      „Der schickt mich doch! Möselbeck hat gesagt, Peter Stein ist nicht eines natürlichen Todes gestorben. Da muss die Polizei her.“

      Rieder nickte und war aber zugleich verwirrt. Er ging davon aus, dass es sich um einen Zuschauer aus dem Kinopublikum handelte. Woher kannte Dora Ekkehard den Namen des Toten? „Ein Herr Stein?“, fragte Rieder.

      Dora Ekkehard starrte Rieder an, als wäre er ein Außerirdischer. „Mensch, da liegt Peter Stein! Der Bauunternehmer!“

      Rieder zuckte mit den Schultern. In sechs Monaten konnte man selbst auf einer kleinen Insel wie Hiddensee nicht jeden Insulaner kennen. Mit einem Peter Stein hatte er jedenfalls noch nichts zu tun gehabt. Aber wenn Möselbeck ein Verbrechen vermutete, musste er jetzt wohl handeln.

      „Warten Sie einen Moment ...“ Er ging in sein Haus, um seine Sachen zu holen. Drinnen versuchte er, Damp zu erreichen. Er tippte die Nummer seines Kollegen in sein Telefon. Es klingelte. Dann meldete sich aber nur die Mailbox. Jetzt gab es nur noch eine Chance.

      Rieder wählte die Nummer von seiner Freundin Charlotte Dobbert. Sie betrieb im südlichen Inselort Neuendorf das Strandcafé. Dort war Damp Stammgast. Nachdem es dreimal geklingelt hatte, ging Charlotte ans Telefon. „Hallo, kommst du bald?“, säuselte Charlotte ins Telefon. „Ich habe schon fast alle Gäste abgefüttert.“

      „Sieht schlecht aus“, bemerkte Rieder.

      „Warum?“ fragte Charlotte, und Rieder spürte körperlich ihre Enttäuschung.

      „Kann ich dir jetzt leider nicht erklären. Sag mal, sitzt Damp bei dir?“

      „Ph, komm doch her und schau selbst nach ...“, antwortete sie zickig.

      „Charlotte! Es ist wichtig!“

      „Okay. Er sitzt genau vor mir und ertränkt gerade seinen Frust im zweiten Bier.“

      „Na prima. Kannst du ihn mir mal geben?“

      „Was ist denn eigentlich los?“

      „Charlotte, ich brauch’ mal Damp. Dringend!“

      Er hörte, wie das Telefon über die Theke gereicht wurde. Charlotte Dobbert bemerkte spitz: „Hey, Damp, Mister Wichtig aus Vitte!“

      „Sie haben frei“, begrüßte Damp seinen Kollegen.

      „Und Sie haben Bereitschaft!“, gab Rieder zurück.

      „Wollen Sie mich kontrollieren?“, brauste sein Kollege auf.

      „Wieso sollte ich? Wenn Sie mal einen Blick auf Ihr Telefon werfen, werden Sie sehen, dass schon andere nach Ihnen verlangt haben. In Vitte liegt ein Toter am Zeltkino. Ein gewisser Peter Stein. Möselbeck meint, Sie sollten sich das mal ansehen.“

      „Was? Wer?“, brüllte Damp ins Telefon. Dann hörte Rieder das Rascheln von Damps Uniform. Irgendetwas fiel zu Boden. Vermutlich das Diensthandy. Der Hörer von Charlottes Telefon flog auf die Theke und aus der Ferne drang ein „Ach, Scheiße!“ an Rieders Ohr.

      „Damp! Damp!“, rief Rieder ins Telefon, aber es antwortete ihm Charlotte. „Der ist mit seinem Handy beschäftigt.“

      „Sag ihm, er soll nach Vitte fahren. Wir treffen uns am Zeltkino.“ Da war aber schon wieder Damp am Telefon. „Ich hab’ das völlig überhört“, stotterte Damp, „und es gibt keinen Zweifel? Es handelt sich um Peter Stein?“

      Rieder bestätigte es. „So sagt es die Kinobesitzerin, Frau Ekkehard. Sie steht hier

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