E-Date. Anja Nititzki
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Datum: 17. 04. 2019, 22 : 25:00
„Wenn Sie bitte Ihre Sexualität mit diesen Holzbausteinen darstellen würden!“, hat Schmoll-Hase gesagt. Dabei hing er lässig in seinem Sessel, äugte mich und Stefan über den Rand seiner schwarzen, eckigen, dickrandigen Brille an. Wir saßen ihm gegenüber. Mich überkam ein leichtes Schmunzeln. Himmel, da bin ich froh, dass ich meine Sexualität nicht tanzen oder aufmalen muss, dachte ich. Ich schnappte mir vier von den kleinen länglichen Holzbausteinen, die Schmoll-Hase zuvor auf dem runden Tisch in seinem Beratungszimmer ausgelegt hatte. Es waren kleine längliche Quader aus Kiefernholz, daumendick und nicht länger als eine Zigarettenschachtel.
Stefan fand die Sache nicht ganz so amüsant und auch nicht so spannend wie ich. Ich sah ihm an, dass sich alles in ihm sträubte. Ich glaube er fühlte sich vorgeführt. Ich hatte ihn zur Paartherapie geschleppt, ihn dazu überredet, weil er mich mit seinen ständigen Begehrlichkeiten massiv unter Druck gesetzt hatte. Je mehr er von mir verlangte, umso mehr hatte ich mich zurückgezogen. Wir wollten aber nicht gleich die Flinte ins Korn werfen und uns trennen. Wir sind der festen Überzeugung, dass wir nur eine schlechte Phase in unserer Beziehung zu durchleben haben. Ich habe Stefan gesagt, er soll mitkommen, oder ich mache die Therapie allein. Dann würde sie aber länger dauern. Es muss unbedingt etwas passieren, so wie es jetzt zwischen uns war, will ich nicht alt werden. Ich bin erst 45, ich will nicht leidenschaftslos 80 werden und sterben. Und ich möchte auch nicht zu den Frauen gehören, die irgendwann damit aufhören, sich beide Beine zu rasieren und die Prozedur nur auf ein Bein beschränken, um im Bett das Gefühl zu haben, dass noch ein Mann daneben liegt.
Es ist mir wichtig, dass wir etwas unternehmen. Meine Argumente haben Stefan überzeugt, aber wohl fühlt er sich dabei nicht.
Er raffte also den gesamten Rest der Bauklötzchen an sich und begann konzentriert zu stapeln. Schmoll-Hase hatte uns kleine Tabletts als Unterlage gegeben, damit er die Bauwerke unbeschadet bis zur nächsten Sitzung vom Tisch nehmen und auf sein Regal herüberretten konnte.
Ich hatte meine vier kleinen Bausteine übereinander gestapelt und ein filigranes Gebilde entstehen lassen, in sich verdreht wie eine kleine Wendeltreppe, die nur vier Stufen hat. Obwohl das kleine Bauwerk etwas kopflastig wirkte, fiel es nicht um. Gute Statik, dachte ich mir. Es ging ganz schnell, ich hatte nicht lange überlegen müssen. „Fertig.“, sagte ich.
Schmoll-Hase schien zufrieden mit mir und schrieb etwas in seinen Notizblock. Der sieht aus wie ein Muttiheft. Erinnerst du Dich noch daran? Als Kind hatte mir meine Mutter eines von diesen kleinen grauen linierten Heftchen mit in die Schule gegeben, damit sich Eltern und Lehrer darin über meine Lernfortschritte und mein Benehmen austauschen konnten. Manchmal wurde sogar mit einem kleinen Stempel ein Bienchen hinein gedruckt, ein Lob.
Schmoll-Hase sieht übrigens ziemlich gut aus, wenn er da so tiefenentspannt in seinem Sessel lümmelt. Ich schätze ihn auf Mitte vierzig. Er ist schlank, drahtig, trägt ein lässiges Hemd und Jeans, teure Schuhe, gepflegte Hände hat er auch, keinen Ehering. Darf ich so etwas denken, während Stefan neben mir Bauklötzchen stapelt?
„So, habe auch fertig!“ Mit seinem unvollständigen Satz machte Stefan deutlich, dass er die Sache nicht ganz ernst nahm. Er lehnte sich stolz in seinem Stuhl zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. Wie ein Kind, das stolz den „Kuchen“ in seinem Nachttopf betrachtet und ihn, Bestätigung erheischend, seiner Mutter zeigt. Herausfordernd schaute er zu Schmoll-Hase herüber.
Ich starrte entsetzt auf das monumentale, trutzige Bauwerk was da neben meiner kleinen Wendeltreppe auf dem Tisch vor sich hin protzte.
Stefan hatte gebaut!
Aus achtundzwanzig Klötzchen hatte er einen Turm errichtet, so breit und hoch wie ein Industrieschlot gewaltigen Ausmaßes! Am Fuß war das Gebilde breit, es verjüngte sich nach oben. Diese Schlote kenne ich aus meiner Kindheit. Auf dem Weg zu Verwandten war ich mit meinen Eltern oft durch ein riesiges Industriegebiet zwischen Leipzig und Halle gefahren. Mehrere dieser Schlote standen dort in Buna-Leuna und bliesen giftige weiße Dämpfe in den grauen Himmel des Ostens. Erinnerst Du Dich, Carlchen? Diese Szenerie wirkte damals sehr beängstigend auf mich im Trabant meiner Eltern, dessen Abgasgestank sich mit dem Geruch aus den Industrieschornsteinen vermischt hatte. Ich hatte immer Angst vor der „Wolkenfabrik“.
Und jetzt hatte ich auch Angst – vor Stefan. Ich fühlte mich einfach nur erschlagen von der gewaltigen Lust meines Freundes, die er mit Bauklötzchen dargestellt hatte. Ich schaute Hilfe suchend zu Schmoll-Hase herüber. Der verzog keine Miene, machte sich nur eine Notiz in sein Mutti-Heft.
Was denkst Du dazu, Carla?
Betreff: Pffff
Datum: 17. 04. 2019, 22 : 30:01
Pffff. Ich denke, Euer Schmoll-Hase hat Euch auf ganz einfache Weise gezeigt, was los ist. Ich glaube allerdings nicht, dass er mit Holzbauklötzchen Eure Beziehung retten kann. Und dann? Was kam dann?
Betreff: Dann war Schluss
Datum: 17. 04. 2019, 22 : 32:03
Er hat uns einen neuen Termin gegeben. Wir sollten wohl alles erst einmal setzen lassen. Stefan ist sehr schweigsam. Meinst Du, wir kriegen das hin?
Betreff: Kopf hoch!
Datum: 17. 04. 2019, 22 : 38:44
Ich denke, Du kannst froh sein, dass Stefan überhaupt mitgekommen ist. Die meisten Männer würden sich weigern, meiner übrigens auch. Du bist ihm wichtig, Annuschka. Also, ich würde sagen, nach dem nächsten Termin meldest Du Dich und dann sehen wir weiter.
Ich umarme Dich! Bis bald. Carla
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