Germanias Vermächtnis. Swen Ennullat

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Germanias Vermächtnis - Swen Ennullat

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gab Anweisungen, und die jüngere durchkramte den Behälter. Ab und an hielt sie einen funkelnden Gegenstand hoch. Doch jedes Mal schüttelte die Alte den Kopf. Das jeweilige Objekt wurde danach wieder sorgfältig in Papier, Lumpen oder Holzspäne verpackt.

      Beide Frauen waren sehr erregt, und ich hörte, wie sie offensichtlich über jemanden schimpften, ihn gar fast schon verfluchten. Sie sprachen von dem ‚elenden Hund, der das Kreuz und den Flakon‘ mitgenommen hätte. Sie sagten, dass es besser gewesen wäre, ihn gleich zu töten. Außerdem wäre es ‚eine verrückte Idee‘ gewesen, die Hinweise in den Gegenständen zu verstecken. Ich nehme an, dass sie Meador meinten.“

      „Moment, bitte nicht so schnell! Wenn Sie erlauben? Ich habe gleich an dieser Stelle ein paar Nachfragen“, unterbrach der Professor, und Frieda Kern reagierte mit einem kurzen Kopfnicken.

      Professor Meinert setzte an: „Sie haben also vermutlich in der Altenburger Höhle, in der der ausgelagerte Domschatz lagerte, zwei Frauen überrascht?“

      „Genau, das sagte ich.“

      „Aber, wie kamen die beiden in die Höhle?“

      „Sie wussten offensichtlich genauso wie Meador von den Belüftungsschächten. Ich sah, wie sie die Höhle etwas später durch einen anderen auf der gegenüber liegenden Seite verließen.“

      „Also gab es mehrere davon?“

      „Offensichtlich!“

      „Ist Ihnen an den beiden Frauen irgendetwas Besonderes aufgefallen? Sprachen Sie sich mit Namen an?“, erkundigte sich der Professor weiter.

      „Ihre Gesichter konnte ich kaum erkennen. Die Ältere war vielleicht um die sechzig. Die andere halb so alt. Sie trugen Hosen. Aber das war nichts Ungewöhnliches. Das taten schon damals viele Frauen, weil es einfach zweckmäßig war. Die Kleidung war hochwertig, aber stark verschmutzt, als ob sie länger nicht gewechselt worden war. Es fielen weder Namen, noch kann ich mich sonst an irgendetwas Besonderes erinnern. Es tut mir leid.“

      Torben gefiel nicht, wie der Professor die alte Dame regelrecht vernahm. Er schaltete sich wieder ins Gespräch ein: „Frau Kern, machen Sie sich darüber keine Gedanken. Was Sie uns erzählt haben, hilft uns wirklich weiter. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, suchten die beiden Frauen nach zwei Gegenständen, die Sie ‚Kreuz‘ und ‚Flakon‘ nannten. Wurden sie noch fündig?“

      „Nein, und das verärgerte sie ungemein. Sie beratschlagten, was sie tun könnten. Ich hörte, dass sie darauf hofften, dass die Gegenstände vielleicht irgendwo zum Kauf angeboten würden. In ihren Augen könnte der Soldat – sie kannten Meadors Namen ja nicht – die ganzen Sachen nicht ständig mit sich herumtragen.“

      „Sie hatten wohl nicht damit gerechnet, dass er sie per Feldpost nach Hause schicken würde“, brummte der Professor.

      „Vermutlich“, pflichtete ihm ihre Gastgeberin bei.

      „Und diese beiden Gegenstände, von denen wir gerade sprechen, Sie meinen, das könnten die beiden noch immer verschollenen Artefakte des Domschatzes sein?“, fragte Torben.

      „Nach allem, was ich gelesen habe, fehlt noch immer von einem Bergkristallreliquiar in Form einer Bischofsmütze – das könnte der ‚Flakon‘ sein – und einem aufklappbarem Kruzifix – also nichts anderem als einem Kreuz – jede Spur! Meine Antwort lautet also: Ja!“ Torben bohrte nach: „Und Sie haben ganz genau gehört, dass in diesen Artefakten Hinweise versteckt gewesen sein sollen?“

      „Ja, mein Sohn! Das sagte ich bereits!“, antwortete Frieda Kern freundlich und lehnte sich zufrieden zurück.

      Mit der Bemerkung „Unglaublich“ tat Torben das Gleiche.

      Professor Meinert hatte jedoch noch weitere Fragen und wandte sich nochmals an Frau Kern: „Haben Sie sich die Kisten genauer angeschaut?“

      „Nein, das habe ich nicht. Ich hatte Angst, dass ich es vielleicht nicht schaffen würde, an der glatten Wand wieder in meinen Schacht hochzuklettern.“

      „Meador ist es doch auch gelungen?“, wandte der Professor ein.

      „Ja, er war aber auch ein erwachsener Mann und ich nur ein halbwüchsiges Mädchen!“, konterte ihre Gastgeberin. „Ich wartete noch einige Minuten in der Dunkelheit, bis die beiden Frauen, die wirklich unglaublich wütend darüber waren, dass ausgerechnet diese beiden Stücke ebenfalls entwendet worden waren, in ihren Felsspalt verschwanden. Danach trat ich ebenfalls den Rückweg an und kletterte nach einer knappen Viertelstunde aus dem Loch ins Freie.

      Die Taschenlampe hatte ich zuvor selbstverständlich wieder an die Stelle gelegt, wo ich sie gefunden hatte, damit Meador bei einer eventuellen Rückkehr keinen Verdacht schöpfte. Das Lüftungsgitter schloss ich ebenfalls und tarnte es wieder mit Moos und Ästen. Als ich zu meinem Fahrrad ging, hielt ich nach den beiden Frauen Ausschau, schließlich mussten sie kurz vor mir an die Erdoberfläche zurückgekehrt sein, wenn auch an anderer Stelle. Sie hatten allerdings offenbar einen mir unbekannten Weg eingeschlagen, denn ich konnte sie nirgends entdecken.

      Als ich endlich wieder auf meinem Rad saß, folgte ich einer spontanen Eingebung und radelte den Weg noch einen halben Kilometer weiter. Dabei umrundete ich quasi den Altenburger Berg. Plötzlich tauchten vor mir in einiger Entfernung ein Fahrzeug der US-Armee und zwei Armeezelte auf. Ich sah, dass einige GIs gelangweilt im Schatten einiger Bäume Karten spielten oder schliefen. Im Hintergrund konnte ich eine Felswand erkennen. Zufrieden, dass ich jetzt den Haupteingang zum Höhlensystem gefunden hatte, der tatsächlich wie vermutet von den Alliierten bewacht wurde, drehte ich um und kehrte nach Hause zurück.“

      „Haben Sie damals irgendjemandem von Ihren Erlebnissen berichtet?“, wollte Torben wissen.

      „Um Himmels willen, nein, natürlich nicht!“, lachte Frieda Kern. „Was glauben Sie denn, was mein Vater mit mir gemacht hätte? Er hätte mich für meinen Leichtsinn grün und blau geschlagen! Ich habe es schön für mich behalten und bin auch nie wieder dorthin gefahren.

      Im Laufe der Zeit habe ich das Erlebte einfach vergessen. Andere Sachen in meinem Leben waren wichtiger. Familie, Beruf, Freud und Leid. Erst als der Schatz wiederentdeckt wurde und nach Quedlinburg zurückkehrte, erinnerte ich mich daran. Als dann auch noch von zwei fehlenden Gegenständen berichtet wurde, die just in meine Geschichte passten, erschien mir das sehr ungewöhnlich, sodass ich mit Verwandten oder Freunden – so wie jetzt mit Ihnen – darüber gesprochen habe.

      Vorher hatte ich dies nicht ein einziges Mal getan. Damals genügte mir mein Wissen, dass Carl nicht Meadors Liebhaber war.

      Er hatte ihn wahrscheinlich lediglich zur Höhle oder den Belüftungsschächten geführt. Vielleicht kannte Carl die Gegend von den Kriegsspielen und Manövern, die die Hitlerjugend immer dort abgehalten hatte und bei denen er möglicherweise zufällig auf die Zugänge gestoßen war.

      Ach, eines fällt mir gerade noch ein: Ein paar Tage später sah ich die alte Frau aus der Höhle, wie sie sich in den Gasthäusern am Marktplatz herumdrückte und versuchte, mit den GIs ins Gespräch zu kommen. Allerdings wenig erfolgreich, weil denen anscheinend eher nach jungen Mädchen der Sinn stand.“

      „Und haben Sie sie später noch einmal wiedergesehen?“, fragte Torben.

      „Nein, weder davor noch danach! Nur dieses eine Mal in der Höhle und das andere Mal bei den Bier trinkenden Soldaten.“

      Torben begriff, dass sie

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