Mami Staffel 11 – Familienroman. Edna Meare

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Mami Staffel 11 – Familienroman - Edna Meare Mami Staffel

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      »Herrlicher Schnee! Nächsten Winter kannste Skilaufen oder Rodeln wie deine Freundinnen. Und wenn’s morgen nicht zu kalt ist, schieb ich dich für ’ne Schneeballschlacht raus. Aber vorher aufräumen!«

      Claudia lächelte verschmitzt. Von allen Betreuern und Ärzten hatte sie Joschi am liebsten, auch, wenn er viel zu selten Rücksicht auf ihre Launen nahm.

      »Was soll deine schöne Mama denn von dir denken?« Er nahm Annalenas Foto von Claudias Betttischchen, betrachtete es, stellte es kopfschüttelnd zurück und blieb vor dem niedrigen Tisch am Fenster stehen. Auf dem stapelten sich Comic-Hefte, Bücher, Fernsehzeitschriften und Dutzende von CDs zu einem bunten Sammelsurium.

      »Oder war sie nie streng? Überlegst du manchmal, ob deine Mutter ein schönes Leben geführt hat?« fragte er in den Raum, als finde er endlich Worte für seine Gedanken.

      »Wieso? Was weißt du denn von meiner Mutter?« Vor Schrecken klang ihre Stimme ganz kalt.

      Joschi stöhnte. »Nun mal halblang, Claudia. Spiel bloß nicht wieder die beleidigte Leberwurst, Mensch. Ich hab doch nur gefragt. Weil… also, dein Vater ist seit Weihnachten nicht mehr hiergewesen, und da denke ich manchmal, du brauchst jemanden zum Reden.«

      »Und wenn schon! Nachher kommt meine Freundin Astrid.«

      »Gut. Und mit der kannst du über deine Mutter reden? Oder doch lieber mit deinem Vater?«

      Claudia konnte mit allen über ihre Mutter reden, nur mußte sie dabei auf der Hut sein, damit sie die Wahrheit auch klug verschwieg. Und das war oft schwerer, als mit dem Schmerz über deren Tod fertigzuwerden.

      »Mein Vater ist für drei Wochen in Japan.«

      »Ich weiß. Hab’ ihn im Fernsehen gesehen.«

      Claudia schob das Bündel mit ihren Badesachen von dem Hocker, auf den sie sich setzen mußte, wenn sie sich ankleidete. Dann bückte sie sich, um es vom Boden zu heben. Dabei stöhnte sie mehr als sonst. Mit so einem Stöhnen gelang es ihr immer wieder, Mitleid zu erregen und sogar jedes unangenehme Gespräch zu beenden.

      »Wenn die Wassergymnastik dich angestrengt hat, sollst du dich hinlegen, sagt der Physiotherapeut.«

      »Ich weiß, ich bin ja nicht taub.«

      Sie ließ sich stützen, bist sie aufs Bett sinken konnte. Joschi zog ihr die Schuhe aus und wickelte eine leichte Decke um sie.

      »Aber nicht mehr als ’ne halbe Stunde Ruhe, Claudia. Du bist schon wieder ganz fit, mach mir nichts vor. Und aufräumen mußt auch noch, bevor deine Freundin Astrid kommt.«

      »Die ist nicht so penibel«, widersprach Claudia.

      »Klar. Die ist ja auch nicht deine Mutter. Der kann’s ja wurscht sein, wie du in deinem Zimmer haust und wie du durch Leben kommst.«

      In Claudias Augen entstand ein harter Ausdruck. Joschi wurde sofort klar, daß er schon wieder etwas Falsches gesagt hatte.

      »Tschuldigung, hab’s nicht so gemeint, Claudia.«

      Er war froh, daß die nette Münchner Ärztin so oft zu Besuch kam. Wenn Claudia diesen Stunden entgegenfieberte, war sie nicht ganz so zickig wie sonst.

      Nach einer Weile, nachdem sie sich wieder entspannt hatte, redete er einfühlsam weiter.

      »Aber du wirst doch mit ihr über die Sache mit deiner Schule sprechen, wie? Ich weiß doch, wie dich das bedrückt.«

      Sie seufzte vor Wut. »Die Lehrer sind gemein, nicht, Joschi?«

      »Na ja, das war doch vorauszusehen, daß sie dich ein Schuljahr nachholen lassen. Hier im Unterricht bist du ja die beste. Aber das bedeutet nicht viel, weil du ’ne Menge nachzuholen hast.«

      »Ich will aber nicht in ’ne andere Klasse, wenn ich wieder ganz gesund bin. Ich kenne da doch keinen der Schüler.«

      »Hier hast du auch schnell Freunde gefunden. Das wird schon, Claudia.«

      »Glaub’ ich aber nicht.« Sie drehte sich und tat so, als wollte sie schlafen. Grinsend, weil er das schon kannte, verließ Joschi das Zimmer.

      Ohne es wirklich zu wollen, war Claudia tatsächlich eingeschlummert. Die Wassergymnastik kostete sie immer noch viel Kraft. Und selbst, wenn sie es nicht wahrhaben wollte, versank sie auch gern in diesem Dunkel, das jeden ihrer traurigen Gedanken auffing und zunichte machte.

      Das dunkle Geheimnis, das sie mit sich herumtrug, war ja nicht leichter geworden. Und wenn dann so eine Nachricht von der Schule kam und sie daran erinnerte, wie brutal sich ihr Leben verändert hatte, flüchtete sie sich noch lieber ins Traumland.

      »Claudia! Hallo, Claudia!« weckte sie eine zärtliche, ihr so ans Herz gewachsene Stimme.

      Sie wußte sofort, wer zu ihr getreten war und hob schlaftrunken lächelnd die Arme, um sich liebevoll von Astrid umfangen zu lassen.

      »He, Claudia, mein Kleines«, schmunzelte Astrid, »was ist los? Hast du hier ’ne Party gefeiert? Sieht ja ganz so aus. Wo soll ich meine Mitbringsel überhaupt noch hinlegen?«

      »Ist mir wurscht!« nuschelte Claudia und verbarg ihr Gesicht an dem wolligen Stoff von Astrids Winterjacke.

      »Dir geht es doch nicht schlecht? Die Kollegen hier haben mir gerade eben versichert, daß du enorme Fortschritte machst!« Dabei erlebte die Ärztin es nicht zum ersten Mal, daß Claudia unvermittelt in Weltuntergangsstimmung verfiel.

      Sie fürchtete dann immer, hier in der großen Reha-Klinik genüge der Beistand der Ärzte und Lehrer nicht, um der Elfjährigen bei der Bewältigung ihres Schicksals zu helfen. Deshalb wiegte sie Claudia liebevoll in ihren Armen.

      »Ich kann mir denken, was in dem Brief von deiner Schule stand, Claudia. Silkes Mutter hat schon gleich nach Weihnachten auf dem Elternabend davon erfahren und mich angerufen. Aber das ist doch kein Unglück. Silke wird immer deine beste Freundin bleiben. Das weiß ich. Und mit deinen neuen Klassenkameraden wirst du dich bestimmt bald gut verstehen.«

      »Werde ich nicht!« stieß Claudia bockig aus. »Ich geh’ nicht wieder in meine alte Münchner Schule. Die werden schon sehen, was sie davon haben. Ich bleib hier. Ja, ich bleib einfach hier.«

      »Aber das kannst du doch deinem Vater nicht antun, mein Engel. Er freut sich schon so darauf dich wieder bei sich zu haben.«

      Claudia nagte an der Unterlippe. »Das stimmt nicht! Woher willst du das denn wissen? Der hat mich doch gar nicht lieb. Er war erst dreimal hier, mehr nicht.«

      »Er ist viel auf Reisen, Claudia.«

      »So oft war er früher aber nicht unterwegs.«

      »Das mag so sein. Aber jetzt stürzt er sich in die Arbeit. Sie hilft ihm, mit der privaten Einsamkeit fertig zu werden. Er hat deine Mutter über alles geliebt.«

      Claudias Blick verdunkelte sich. Astrid nahm sie schnell wieder in die Arme und fügte liebevoll hinzu: »Auch dir fehlt deine Mutter, ich weiß. Das weiß dein Vater auch. Darum wird er sein Leben ändern, wenn du erst wieder bei ihm bist.«

      »Woher weißt du das? Warst

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