Mami Staffel 11 – Familienroman. Edna Meare

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Mami Staffel 11 – Familienroman - Edna Meare Mami Staffel

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kommst du wieder zu mir und wir springen auf dem Trampolin herum, nicht?« schlug Silke vor und hakte ihre Freundin unter, als sie die Stufen hinuntergingen.

      »Das kann ich noch nicht.«

      »Aber bestimmt bald. Hat deine Freundin Astrid es dir nicht versprochen?«

      »Weiß ich nicht«, erwiderte Claudia gleichgültig. Silke sah sie an. War die Freundschaft mit der jungen Ärztin etwa eingeschlafen?

      »Aber sie kommt doch zu dir?«

      »Klar. Wenn Papa auf Reisen ist. Aber der ist ja oft hier.«

      »Ich denke, heute ist er in Leipzig.«

      »Ja, kommt aber morgen schon wieder.«

      »Freust du dich denn nicht, wenn er viel Zeit für dich hat?«

      »Ach, Mensch, Silke«, murrte Claudia. »Wenn er da ist, kommt Astrid nie. Warum ist er dann so oft da, wenn ich sie deswegen nicht sehen kann?«

      »Mußt eben mal mit denen reden.«

      »Quatsch!«

      Silke schwieg. Wie alle Altersgenossen behandelte sie Claudia wie ein rohes Ei. Zu schmerzhaft hatte sie ihr Schicksal in das Bewußtsein der Freunde eingegraben.

      »Bis morgen auf dem Schulhof«, verabschiedete sie sich, umarmte Claudia und stieg auf ihr Fahrrad, das neben der Gartentür lehnte. »Geh bloß rein zu Lisa, damit du dich nicht erkältest.«

      Claudia entgegnete nichts, sie lächelte nur geistesabwesend und blieb am Tor stehen, bis Silke winkend um die nächste Straßenecke entschwunden war.

      Und dann, als sie sich unbeobachtet fühlte, packte sie den Stock fester und entfernte sich, so schnell es ihr gelang, in die entgegengesetzte Richtung. Dabei sah sie sich mehrmals um, bis sie in eine nächste Straße einbog und nun gemächlicher auf die kleine Kirche des Vororts zuging.

      Seit Tagen hatte sie sich gewünscht, endlich einmal ohne ihren Vater am Grab ihrer Mutter zu stehen. Sie brannte darauf, dem geliebten Menschen in einem Zwiegespräch nahe zu sein und ihrer Mama zu versichern, daß ihr gemeinsames Geheimnis gut bei ihr aufgehoben sei. Sie wollte ihr auch aufrichtig versichern, daß sie ihrem Vater zur Seite stehen und ihn trösten konnte, weil er sich jetzt doch manchmal Zeit für sie nahm.

      Claudia bemühte sich tatsächlich, Verständnis für Fabian aufzubringen, wie Astrid es ihr geraten hatte. Und weil sie so leichter in ihr neues Leben gefunden hatte, fiel ihr das nicht mal schwer.

      Die ersten warmen Tage hatte alles mit frischem Grün beschenkt. Stare und Drosseln sangen um diese Zeit um die Wette, und weil sie auch ohne Stock recht schnell vorankam, lächelte sie verschmitzt.

      Sie näherte sich dem Grab ihrer Mutter, versuchte aber, den Steinen auf dem Weg auszuweichen. Vor nichts fürchtete sie sich mehr, als mit dem linken Fuß gegen einen Gegenstand zu stoßen. Dann geriet sie oft in einen stockenden Bewegungsablauf, und prompt zog es wieder bis in ihre Hüfte.

      Nach einigen Metern wurde der Weg wieder eben. Sie sah voraus und bemerkte eine hohe Gestalt vor dem Grab. Es war ein Mann, der ihr den Rücken zuwandte, aber sie erkannte ihn sofort.

      »Wolfgang!«

      Wolfgang Bosch fuhr herum. Er hielt einen Strauß aus rosefarbenen Rosen in der Hand. Claudia sah den Strauß und blieb erschüttert stehen. Wolfgang brachte ihrer Mutter Rosen! Hieß das nicht, daß er ihre wunderbare Mama auch nicht vergessen konnte und sie immer noch liebte? Dann war das Schicksal nicht ganz so sinnlos mit ihnen verfahren!

      »Claudia…«, das klang gepreßt aus seinem Mund. Er hatte nicht damit gerechnet, Annalenas Tochter zu begegnen. Und der Stock in ihrer Hand machte ihm auf erschreckende Weise bewußt, was sie durchgemacht haben mußte.

      Er ging auf sie zu und griff nach ihrer freien Hand.

      »Verzeih mir, wenn ich dich nie besuchte, Claudia. Ich habe immer an dich gedacht, aber ich wollte mich nicht aufdrängen. Ich durfte es nicht. Dein Vater…«

      »Ich hab’ aber auf dich gewartet«, seufzte sie vorwurfsvoll. Aber in ihren Augen stand ein Lächeln, weil sie sah, wie gut ihm das vertraute Du gefiel. »Jetzt geht es mir ja auch wieder gut.«

      »Das sieht aber nicht so aus«, zweifelte er.

      Claudia lachte. Mit einer spontanen Bewegung hängte sie ihm den Griff des Stocks an den Arm.

      »Siehst du! Ich brauche ihn nur, wenn ich schlapp werde.«

      Wolfgang rührten ihre Worte. Er deutete auf den Strauß.

      »Magst du ihn halten? Ich hole eine Vase von da hinten.«

      Mit den Rosen im Arm wartete sie, bis er zurückkam. Was sie ihrer Mama anvertrauen wollte, war plötzlich vergessen. Wenn Wolfgang ihr Rosen ans Grab brachte, war doch alles gut. Zeigte er damit nicht, wie sehr er sie immer noch liebte? Und gehörte seine Liebe nicht zu dem Geheimnis, das sie tief in ihrem Herzen bewahren mußte?

      Sie stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. Zu oft war sie in Gedanken bei diesem Mann gewesen und hatte sich gefragt, ob er wohl auch so unter dem Schmerz litt wie sie. Jetzt wußte sie es. Und ein Gefühl stiller Zusammengehörigkeit bemächtigte sich ihrer.

      Aber trotz ihres schweren Schicksals war sie doch noch ein Kind und neigte dazu, die Welt in Gut und Böse einzuteilen. Natürlich war Wolfgang schuld an allem, aber trug er nicht schwerer an seiner Strafe als sie? Sie hatte ihren Vater und eine Freundin wie Astrid. Er aber war allein zurückgeblieben und würde bestimmt nie wieder eine Frau wie ihre Mama finden.

      Voller Mitgefühl sah sie zu, wie er die Rosen in die Vase ordnete und sie aufs Grab stellte. Dann stand er neben ihr und legte den Arm um sie.

      »Ich habe deine Mama über alles geliebt, Claudia. Das weißt du doch?«

      Sie nickte. »Sie hat dich auch liebgehabt, Wolfgang«, flüsterte sie. »Sie hat es mir gesagt, als wir im Auto saßen und sie zu dir wollte.«

      »Sie… sie hat es dir gesagt?«

      »Ja.«

      Er sah sie entsetzt an. »Du hast gewußt, daß sie mit dir zu mir an den Gardasee kommen wollte?«

      Claudia schluckte. Tränen stiegen in ihr auf. »Ja, hab’ ich. Aber ich wollte es nicht. Wir haben furchtbar gestritten. Und dann passierte der Unfall…« Sie wischte sich übers Gesicht.

      »Du hast doch hoffentlich keinem davon erzählt?«

      Claudias Stimme versagte fast. »Nein, keinem.«

      »Wirklich nicht? Auch nicht deinem Vater?«

      Claudia schüttelte den Kopf. Sie fühlte seine warme Hand auf ihrer. Wolfgang Bosch drückte mit einem zarten Streicheln seine Dankbarkeit und Erleichterung aus. Er sah die Tränen auf ihrem Gesicht und zog sie an sich.

      »Es tut mir alles so leid, Claudia. Ist es dir schwergefallen, über deine Mama und mich zu schweigen?«

      »Ja, furchtbar«, schluchzte sie und lehnte sich gegen ihn. Da nahm er ihren Kopf

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