Dr. Norden Staffel 5 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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Eine eisige Böe zerrte an Kleidern und Haaren, und unwillkürlich zog Carina den Kopf ein.
»Es ist ganz einfach«, erklärte sie schnell, um nicht länger als unbedingt nötig in der Kälte stehen zu müssen. »Sag deinem Onkel, dass du dich nächste Woche Mittwoch um 18 Uhr mit ihm in diesem Café treffen willst. Mehr nicht. Alles andere kannst du mir überlassen.« Sie zog einen Zettel hervor, auf dem sie einen Namen und eine Adresse notiert hatte.
Janni nahm den Zettel und warf einen Blick darauf.
»Bäckerei Bärwald?« Um ein Haar hätte er laut heraus geprustet. Es kostete ihn einige Mühe, ernst zu bleiben.
Aber Carina war ohnehin so aufgeregt, dass sie nichts bemerkte.
»Das ist eine Bäckerei mit Café. Dort wird gerade umgebaut, und sie haben momentan nur ein paar Tische.«
»Warum soll ich mich ausgerechnet da mit Mario treffen?«, stellte Jan eine berechtigte Frage. Offenbar hatte die junge Schwester keine Ahnung, in welcher Beziehung die Geschäftsführerin Tatjana zur Familie Norden stand. Und Janni hütete sich, Carina darüber aufzuklären. »Wenn sie umbauen, ist das ja sicher alles andere als gemütlich.«
»Erstens wirst nicht du, sondern ich hingehen. Und zweitens ist es gut, dass es nicht gemütlich ist, weil Mario und ich dann so gut wie allein sein werden. Ich muss nämlich in Ruhe mit ihm reden.«
»Und warum tust du das nicht in der Klinik?« Allmählich begann auch der Arztsohn zu frieren. Während er Carina forschend musterte, steckte er die Hände tief in die Hosentaschen und wippte auf den Fußsohlen vor und zurück. »Da siehst du ihn doch jeden Tag.«
»Weil er nicht mehr mit mir reden will, du Held!«, fauchte Carina ungeduldig. »Deshalb brauche ich dich. Denk dir irgendwas aus, warum du ihn dort treffen musst.«
»Nichts leichter als das«, entfuhr es Janni. Jetzt musste er doch grinsen. Doch er hätte sich lieber die Zunge abgebissen, als Carina die Wahrheit zu sagen. »Dann also nächsten Mittwoch um sechs Uhr abends.« Er zerknüllte den Zettel, zielte und warf ihn in den Abfalleimer, der neben Carinas Fahrrad an einem Laternenpfahl angebracht war.
Entgeistert sah sie ihm dabei zu.
»Weißt du die Adresse auswendig?«, fragte sie argwöhnisch.
»Das lass mal meine Sorge sein«, erwiderte er diplomatisch, zwinkerte ihr verschwörerisch zu und drehte sich um, um endlich den Heimweg anzutreten.
Er fühlte Carinas Blicke im Rücken und freute sich schon jetzt diebisch auf diesen Spaß. Denn dass er heimlicher Beobachter dieser Szene sein würde, das war schon jetzt sonnenklar.
*
»Afrika, Wiege der Menschheit!«, seufzte Roman Kürschner, als er wieder afrikanischen Boden betrat.
Zuletzt war er mit Jenny hier gewesen. Es war ihre erste und bislang einzige gemeinsame Reise gewesen, und er erinnerte sich lebhaft an ihre vor Glück und Liebe strahlenden Augen, als er ihr diesen Sehnsuchtsort gezeigt hatte. Seither waren nur ein paar Jahre vergangen. Und doch fühlten sie sich an wie ein ganzes Leben.
Er trat aus dem Flughafen und lauschte auf das Gewirr fremder Stimmen in einer Sprache, die er nur bruchstückhaft verstand, hörte das Lachen und Diskutieren der Menschen. Seine Augen wanderten die palmengesäumten, staubigen Straßen hinunter. Tief sog er die fremdartigen, aromatischen Gerüche ein. Als er zwei Männer bemerkte, die lauthals miteinander stritten, musste er wieder an Jenny denken.
»Wiege der Menschheit?«, hatte sie damals ungläubig gefragt. »In diesem Fall könnte man etwas mehr Würde von den Bewohnern erwarten.«
Jahrelang hatte Roman nicht mehr an diese Worte gedacht und musste lachen. Aber es war kein glückliches, unbeschwertes Lachen wie damals.
»Taxi? Taxi?« Die Frage eines dunkelhäutigen Mannes riss ihn aus seinen Betrachtungen.
Roman nickte, nannte den Namen des Hotels und verhandelte in perfektem Französisch den Fahrpreis. Als sie handelseinig geworden waren, ließ er sich auf die staubigen Polster des Rücksitzes fallen. Um nicht wehmütig zu werden, fing er ein Gespräch an.
»Kennen Sie das berühmte Aquarell von August Macke? Das ist ein…«
Durch den Rückspiegel hindurch traf ihn der fast strafende Blick des Taxifahrers.
»… ein deutscher Maler. Er hat von 1887 bis 1918 gelebt. Im Jahr 1914 hat er mit zwei Freunden die berühmte Reise in unser schönes Land unternommen und viele schöne Bilder gemalt.«
»Ich dachte, dass diese Reise hier kaum bekannt ist«, machte Roman keinen Hehl aus seiner Verwunderung.
Im Rückspiegel sah er, wie ein Lachen die Augen seines Chauffeurs kräuselte.
»Mein Vater war Lehrer und hat uns Kindern alles beigebracht, was er wusste.«
»Ihr Vater ist ein guter Mann«, lobte Roman aus tiefstem Herzen.
Während ihm sein Fahrer von seiner Familie erzählte, sah er aus dem Seitenfenster und erinnerte sich wieder an Jennys Begeisterung über die schönen Farben, das helle Weiß der Häuser, das Blau der Fenster- und Türrahmen, die grünen Palmen vor der Kulisse des türkisfarbenen Meeres. Sie passierten denselben Souk, einen orientalischen Markt, den er damals auch mit Jen gesehen hatte. Noch immer diskutierten die Händler mit ihren Kunden über die Qualität der Waren und feilschten um Preise, als wäre seither kein Tag vergangen. Dabei war doch inzwischen eine ganze Welt eingestürzt und hatte seine Liebe unter ihren Trümmern begraben.
»Wir sind da, mein Herr!«, riss der Fahrer ihn schließlich aus seinen Gedanken.
Wie aus einem Traum erwacht tauchte Roman wieder an die Oberfläche der Wirklichkeit. Er bedankte sich bei dem netten Mann und wandte sich dann dem flachen, strahlend weißen Komplex aus bunt zusammengewürfelten Gebäuden zu, mit den obligatorischen blauen Fensterrahmen und einer atemberaubenden Kulisse aus Palmen und Meer. Doch diesmal musste er die Hotelhalle allein betreten, versanken nur seine Füße in den dicken, flauschigen Teppichen.
»Guten Tag, Herr Kürschner«, begrüßte ihn der Herr an der Rezeption, der ihn offenbar schon erwartet hatte. »Ihr Zimmer ist schon fertig. Wenn Sie nur noch kurz diese Formulare hier ausfüllen wollen.« Er schob ihm ein Blatt Papier über den Tresen aus Marmor.
Roman stellte den Koffer neben sich ab und erwiderte mechanisch das freundliche Lächeln. Als er mit Jenny hier gewesen war, hatten sie ihre Liebe gefeiert. Nun war er zurückgekommen, um sich von ihr zu verabschieden.
*
»Hast du schon mal was von einem Asternkavalier gehört?« Marianne Hasselt hatte gerade eine kunstvoll dekorierte Torte nach vorn gebracht, um sie für die Auslieferung fertig zu machen. Spezielle Kartons sorgten dafür, dass den vergänglichen Kunstwerken kein Leid geschah und die Konditorin war eben dabei gewesen, das Schmuckstück mit Tatjanas Hilfe in die Schachtel zu bugsieren, als Mario mit einer Aster im Mund vor dem Schaufenster der Bäckerei aufgetaucht war.
Trotz ihrer Sehbehinderung hatte Tatjana einen Schatten bemerkt und ahnte sofort, zu wem er gehörte.
»Ich kenne einen Rosenkavalier«, lachte sie belustigt auf. »Aber Mario ist