Mami Staffel 1 – Familienroman. Gisela Reutling
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Читать онлайн книгу Mami Staffel 1 – Familienroman - Gisela Reutling страница 34
Aber sie besaß nicht nur die äußere Schönheit, sie besaß auch den Adel des Herzens.
Er mochte sie sehr.
Als der Ober den Kaffee brachte, legte sie die Arme auf den Tisch und musterte Max aus ihren klugen Augen.
»Jetzt haben wir aber genug von mir gesprochen. Jetzt möchte ich etwas von Ihnen erfahren. Wie war Ihr erster Tag in der Firma? Wie kommt es, daß Sie aus der Großstadt in unsere kleine, behäbige Provinzstadt übersiedelten?«
»Ich warne Sie«, er rührte die Sahne in den Kaffee, er rührte und rührte, und bemerkte es nicht einmal. »Wenn ich anfange von mir zu sprechen, finde ich kein Ende. Vermutlich langweilt meine Geschichte sie furchtbar.«
»Erzählen Sie.«
»Ich habe Sie gewarnt. Ich war in Hamburg die sogenannte zweite Geige. Diese Werbeagentur ist um vieles kleiner, aber ich bin hier der Chef, ich bin also die Leiter hinaufgefallen.« Er wurde ernst, sein Gesicht rötete sich, und lebhaft erzählte er: »Hier kann ich Neues schaffen, neue Gebiete erforschen, alles ist neu für mich. Eigentlich war nicht der Chef die Seele des ganzen, die Seele war und ist Frau Franziska Treu. Sie ist wirklich treu, sie macht die Geschicke der Firma zu ihren eigenen Problemen. Sie ist unglaublich vielseitig, hat alle Bewegungen im Kopf, sie ist einfach unentbehrlich. Eigentlich hätte sie zum Chef ernannt werden müssen.«
»Sie wollen mich wohl eifersüchtig machen?« Sie verzog schmollend den Mund, aber ihre Augen lachten dabei.
»Das wäre schön. Wenn Sie eifersüchtig sind, bin ich Ihnen nicht gleichgültig. Bis jetzt habe ich nämlich geglaubt, Sie nehmen mich nur in Kauf, weil sich meine Zwillinge in Ihr Herz geschlichen haben.«
»Sie fischen wohl nach Komplimenten?« fragte sie vergnügt. »Erzählen Sie mir von Ihrer Arbeit und auch von Ihrer Franziska. Sie scheint ja mit Ihrer Arbeit eng verbunden zu sein.
»Sie ist nicht meine Franziska.« Er bemühte sich, auf ihren übermütigen Ton einzugehen, aber es gelang ihm nicht ganz. »Selbst wenn Sie die einzige Frau auf der Welt wäre, würde ich mich nicht in sie verlieben. Es darf gelacht werden, Marie-Luise! Ich habe nämlich meine Prinzipien. Ein Techtelmechtel im Betrieb lehne ich ab. Das fördert nur für wenige Tage das Arbeitsklima, es macht abhängig, und das will ich nicht.«
»Oho. Sagt man denn nicht, jede Sekretärin ist in ihren Chef verliebt.«
»Das weiß ich nicht, ob man es sagt. Franziska ist keine Sekretärin, im Moment ist es so, daß ich ihr Lehrling bin. Sie muß mich einarbeiten, und wie gesagt, sie hat hervorragende Qualitäten. Außerdem verfügt sie über gute Beziehungen, ohne die hat man es viel schwerer.«
»Werden Sie Ihre Franziska zu sich nach Hause einladen?«
»Warum sollte ich?« wollte er verwundert wissen. »Machen Sie sich etwa lustig über mich?«
Sie hob im gespielten Entsetzen beide Hände.
»Das würde ich nie wagen, Max. Ich habe nur Angst, daß Ihre tüchtige Franziska mich bei den Kindern ausbooten könnte. Die beiden sind goldig. Beim Spiel mit ihnen entspanne ich mich wunderbar.«
»Jetzt haben wir genug von mir gesprochen. Ich möchte Ihnen noch einmal sagen, wie sehr ich Ihr Spiel auf der Bühne bewundert habe. Sie verkörperten die junge Frau so prachtvoll, man vergaß, daß es nur ein Spiel war.«
»Das ist ein hübsches Kompliment«, lachte sie spitzbübisch. »Sie machen wirklich Fortschritte. Ich liebe meinen Beruf. Er ist oft hart und anstrengend, manchmal hat man die Grenze der Belastbarkeit erreicht. Aber ich liebe den ganzen Rummel.
»Das Theater ist wohl das Schwierigste, nicht wahr? Man muß vermutlich immer hundertprozentig vorbereitet sein. Ich habe einmal zugesehen, wie ein Werbefilm gedreht wurde. Eine einzige Szene wurde so oft wiederholt, daß ich es nicht mehr zählen konnte.«
»Auch Fernsehen oder Filmen hat seinen Reiz. Ich glaube, Max, wir sollten gehen. Die Stunden mit Ihnen sind mir verflogen wie selten. Sie müssen nämlich wissen, ich langweile mich schnell, aber heute abend habe ich mich keine Sekunde gelangweilt…«
»Dann darf ich mir auf die Schulter klopfen«, freute er sich.
Der Kellner brachte die Rechnung, er legte sie dezent auf einen Teller. Max schob einen Schein darunter und nickte dem Ober freundlich zu.
Er hatte seinen Wagen unter der Laterne abgestellt. Wie ein braves Tier stand er da und wartete auf sie. Als Max für Marie-Luise den Wagenschlag öffnete, hob sie den Kopf und lächelte ihn an.
»Es war ein wunderschöner Abend, ein wunderschöner Tag. Danke, Max.«
Ihre Natürlichkeit rührte ihn. Nicht eine Minute kam ihm der Gedanke, daß sie Theater spielen könnte. Ihr weiches Lächeln raubte ihm beinahe den Verstand.
»Sie müssen mir sagen, wie ich jetzt fahren muß. Ich kenne mich in dieser Stadt noch nicht aus.«
»Es ist leider ein großer Umweg.« Sie kuschelte sich glücklich auf ihrem Sitz zurück und gähnte ungeniert.
»Ich freue mich, wenn unsere Fahrt nicht so schnell zu Ende ist. Ich genieße sie.«
»Ich muß Ihnen sagen, daß ich das Gefühl habe, einen Ferientag erlebt zu haben. Ich bin zwar müde, aber wohlig entspannt. Das nächste Mal müssen Sie sich von mir zum Essen einladen lassen.«
Es gab also ein nächstes Mal!
»Ich habe einen besseren Vorschlag. So oft Sie Zeit haben, und Lust natürlich, kommen Sie zu uns. Wir können den Kindern keine größere Freude machen.«
»O ja. Vielleicht kann man im Garten essen. Ich bin gar keine schlechte Köchin, Sie werden schon sehen. Mein Geschnetzeltes kann sich sehen lassen, und einen anständigen Apfelstrudel kriege ich auch hin.«
»Das sind ja Aussichten«, schmunzelte er. Immer wieder sah er verstohlen zu ihr hinüber. Licht und Schatten wechselten auf ihrem Gesicht. Er hätte eine Ewigkeit so fahren mögen.
»Das weiße Haus dort ist es.«
Er brachte den Wagen zum Stehen, sah über die Hausfassade und wünschte sich brennend, sie möchte ihn noch hinaufbitten.
»Ich habe eine wunderhübsche kleine Wohnung, ich fühle mich sehr wohl darin. Aber heute abend zeige ich sie Ihnen nicht. Meine Mutter sagte immer, wenn es am schönsten ist, soll man Schluß machen. Der Abend war so herrlich, eine Steigerung kann es nicht geben.«
Sie stiegen aus, sie wartete nicht, bis er die Tür für sie geöffnet hatte. Er brachte sie bis zur Haustür, nahm ihr den Schlüssel aus der Hand und schloß auf.
»Gute Nacht, Max. Und danke.«
»Ich habe zu danken. Nur fehlen mir die richtigen Worte für das, was ich fühle.«
Ihr Kleid raschelte, als sie sich auf die Zehenspitzen stellte und seine Wange küßte. Es war, als hätten Schmetterlingsflügel ihn gestreift, so zart und flüchtig war der Kuß.