Die Genies im Hause Habsburg. Sigrid-Maria Größing

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Die Genies im Hause Habsburg - Sigrid-Maria Größing

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Mäßigung, die Leopold zu eigen war, fehlte seinem Bruder Joseph II.

      Es war in der Geschichte der Habsburger verhängnisvoll, dass die Gesetze der Primogenitur absolut bindend waren. Denn so weitblickend und visionär Kaiser Leopold II. auch war, so wenig gelang es seinem erstgeborenen Sohn Franz die Gedanken und Vorstellungen seines Vaters fortzusetzen. Dabei hatte er Söhne wie Erzherzog Johann oder Erzherzog Carl, die für die hohe Position sicherlich wesentlich besser geeignet gewesen wären als Franz II. (I.). Und da dieser wahrscheinlich seine eigene Schwäche erkannte, versuchte er, dem genialen Bruder Johann Schwierigkeiten bei der Umsetzung seiner fortschrittlichen Ideen, die vor allem für die Steiermark von allergrößter Bedeutung waren, zu machen. Mit großer Mühe, vielen Enttäuschungen und persönlichen Einschränkungen gelang es dem Erzherzog doch, die Modernisierung des Landes auf allen Gebieten durchzusetzen. Johann hatte einen unglaublich weiten Geist – er wäre ein Herrscher gewesen, der die Monarchie in eine bessere Zukunft geführt hätte!

      Auch Erzherzog Ludwig Salvator nimmt unter den Habsburgern eine Sonderstellung ein. Der Schriftsteller und Maler, Seemann und Geograf, Historiker und Weinbauer, Parvenü und Weltenbummler hatte niemals eine Chance auf den Thron. In seiner schrulligen Art schuf er aber Bleibendes für die Nachwelt, sodass ihm selbst ein in den strengen Regeln der Tradition verhafteter Kaiser Franz Joseph Achtung entgegenbrachte.

      Der letzte überragende Habsburger in diesem Buch ist nicht auf den ersten Blick als Habsburger zu erkennen, hatte er doch einen portugiesischen Vater, der alles andere als genial war. Aber die habsburgische Mutter Maria Leopoldine, eine Tochter von Kaiser Franz, vererbte Dom Pedro ihre Intelligenz, ihre künstlerischen Neigungen und vor allem ihren Reformgeist. Leopoldine hatte nicht nur das Kaiserreich Brasilien gegründet, sie hatte auch begonnen, grundlegende Reformen zum Wohle der Bevölkerung durchzusetzen. Dom Pedro setzte das Werk seiner Mutter, die nicht einmal dreißig Jahre alt wurde, fort und übernahm viele ihrer Ideen. Er machte aus Brasilien einen modernen Staat. Wie es aber oft passiert, wurden seine Visionen nicht verstanden, sodass er am Ende seines Lebens Schiffbruch erlitt. Ein Schicksal, das er mit manch anderem genialen Menschen teilt.

      Das vorliegende Buch will keineswegs Anspruch auf Vollständigkeit erheben und es sei daher jedem Leser selbst überlassen, die dargestellten Personen und ihre überzeitlichen Handlungen zu beurteilen. Es soll zur Diskussion beitragen.

       Sigrid-Maria Größing

      Ein junger Mann bewirkte Großes

       Rudolf IV.

      War er nun der Sohn des habsburgischen Herzogs Albrecht II., oder war er es nicht? Rätsel um Rätsel gab seine Geburt schon seinen Zeitgenossen auf, denn sein Vater, der verschiedene Beinamen wie Albrecht der Lahme oder Albrecht der Weise im Laufe der Zeit führte, galt ab dem dreißigsten Lebensjahr als gelähmt. Von ungewöhnlicher Weitsicht, aber auch gebildet war Albrecht auf alle Fälle. Ob er wirklich seit seinem dreißigsten Lebensjahr gehbehindert war, darüber sind auch heute noch die Experten geteilter Meinung. Denn seit dem Jahre 1330 war die Mär im Umlauf, dass man dem jungen Mann bei einem Fest vergiftete Speisen vorgesetzt habe, was zu schweren Krämpfen geführt haben soll. Als Albrecht, der jüngste Sohn von König Albrecht I., die zunächst lebensbedrohlichen Komplikationen überwunden hatte, konnte er weder Arme noch Beine bewegen. Sein Zustand besserte sich auch in Zukunft nicht, sodass er sich bis zu seinem Tode im Jahre 1358 in einer Sänfte tragen lassen musste. Wahrscheinlich litt er in dieser Zeit an einer schweren Polyarthritis, die ihm jede Bewegung zur Qual machte.

      Dass Albrecht überhaupt Chancen auf ein Regierungsamt hatte, verdankte er dem Zufall, denn seine Brüder Friedrich, Leopold und Otto, von denen Friedrich als Gegenkandidat zu Ludwig dem Bayern zum König gewählt worden war und der im Grunde ein unglückliches Leben geführt hatte, waren alle vom Tod heimgeholt worden, sodass am Ende nur er als Herzog in den österreichischen Gebieten, die den Habsburgern unterstanden, übrig geblieben war. Albrecht hatte jahrelang ein Schattendasein nach der Ermordung seines Vaters König Albrecht im Jahre 1308 geführt, seine Brüder hatten mehr oder weniger sein Leben bestimmt, auch als es darum ging, für ihn eine Braut zu suchen. Es war sein dynamischer Bruder Leopold, der die Fäden nach Basel gezogen hatte, als er in Erfahrung gebracht hatte, dass der letzte Graf Ulrich III. von Pfirt 1324 überraschend die Augen für immer geschlossen hatte. Denn jetzt war die Chance groß, auf dem Weg über das Brautbett wichtige Gebiete im Elsass für das Haus Habsburg zu erwerben, da Ulrich nur zwei Töchter hinterließ, die beide erbberechtigt waren. Da man aber landauf, landab wusste, dass in der Pfirtfamilie ein gutes Einvernehmen herrschte, hoffte Leopold, dass sich die Erbschaftsangelegenheiten gütlich würden regeln lassen. Und er sollte recht behalten! Denn einerseits wollte der Vormund von Johanna und Ursula, Papst Johannes XXII., keinen Konflikt mit den Habsburgern, andererseits war die Mutter der beiden Mädchen Johanna von Mömpelgard politisch so klug, einen Vertrag mit den Töchtern zu schließen, in dem die jüngere mit einem Batzen Geld abgefunden wurde, sodass es innerhalb der Familie zu keinen Streitigkeiten kommen konnte. Johanna aber brachte interessante Gebiete für Albrecht mit in die Ehe, denn nicht nur der Sundgau, auch die südlichen Vogesen, die Burgunder Pforte und Teile des Jura waren vielleicht begehrenswerter als die Braut!

      Denn Johanna von Pfirt war mit ihren 24 Jahren keineswegs ein junges Mädchen mehr, als sie Albrecht die Hand fürs Leben reichte. Im Allgemeinen wurden im 14. Jahrhundert schon die zukünftigen Ehekontrakte unterzeichnet, wenn Braut und Bräutigam noch in den Windeln lagen. Am 26. März 1324 fand die Hochzeit in Wien statt und jedermann machte sich mit dem Gedanken vertraut, dass die junge Herzogin noch ehe sich das Jahr dem Ende zuneigte, einem Kind das Leben schenken würde. Als sich nach einiger Zeit keine Anzeichen einer Schwangerschaft bemerkbar machten, schüttelte man beinah ungläubig den Kopf, denn ein Erbprinz schien dringend im Hause Habsburg vonnöten zu sein. Jahr um Jahr verging und die Herzogin war immer noch nicht gesegneten Leibes, als 1330 die Katastrophe mit ihrem Gemahl eintrat. Wie sollte der unbewegliche Albrecht in Hinkunft in der Lage sein, ein Kind zu zeugen? Hier konnte nur der Himmel ein Wunder schicken!

      Albrecht, aber auch Johanna waren tiefgläubige Menschen, die die Hoffnung nicht aufgaben, mithilfe der rheinischen Heiligen ein Kind zu bekommen. Albrecht unternahm aus diesem Grunde 1337 eine Wallfahrt nach Köln und Aachen, wo die Reliquien der Heiligen ruhten. Und der Himmel hatte tatsächlich ein Einsehen mit dem Ehepaar.

      Groß war die Freude, als Johanna von Pfirt mit ihren 39 Jahren einem gesunden Knaben im Jahre 1339 das Leben schenkte. Kaum lag das Kind in der Wiege, als sich aber schon Zweifler zu Wort meldeten, ob der Kindsvater tatsächlich der Herzog sein konnte. Als dann noch weitere elf Kinder folgten, waren aber diejenigen, die die Gerüchteküche jahrelang geschürt hatten, nicht etwa mundtot gemacht. Im Gegenteil: Es konnte nicht mit rechten Dingen zugegangen sein, dass sich erst nach 15-jähriger Ehe so ein gewaltiger Kindersegen einstellte, noch dazu, wo sich die Mutter für damalige Begriffe schon beinah dem Greisenalter näherte!

      Die Zweifel an der Vaterschaft Albrechts sind bis heute nicht ganz ausgeräumt, wobei man kaum annehmen kann, dass Johanna, die in vielen Dingen ihren gesunden Menschenverstand bewiesen hatte, sich tatsächlich mit einem Liebhaber vergnügte und dabei Kopf und Kragen riskierte. Denn einerseits hätte ihr Ehemann kaum Verständnis gezeigt und andererseits beobachtete man Johanna von allen Seiten peinlichst genau, sodass es für sie äußerst gewagt gewesen wäre, irgendeinem jungen Mann Zutritt zu ihrer Kemenate zu gewähren.

      Wie immer sich die Geschichte abgespielt haben mochte, so bleibt doch die Tatsache bestehen, dass es auch in unserer Zeit noch sensationell ist, wenn eine Frau mit 51 Jahren ein Kind zur Welt bringt. Heute würde sie höchstwahrscheinlich aufgrund der Kunst der Ärzte überleben, Johanna allerdings starb bei der Geburt des letzten Kindes. Während sechs Kinder am Leben geblieben waren, starben fünf weitere unmittelbar nach der Geburt – eine Tragödie für die ganze Familie, wahrscheinlich aber vor allem für die Mutter!

      Trotz dieser

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