Reise Know-How Praxis: Sicherheit in Bärengebieten: Mit vielen praxisnahen Tipps und Informationen. Rainer Höh

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Reise Know-How Praxis: Sicherheit in Bärengebieten: Mit vielen praxisnahen Tipps und Informationen - Rainer Höh Sachbuch

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> Inhalt

      Vorwort

      Sind Bären gefährlich? –

      Sicherheit vor Bären ist Sicherheit für Bären!

      Niemand wäre so verrückt, freiwillig durch ein Bärengehege zu spazieren oder gar darin zu picknicken und sein Zelt aufzuschlagen. Und doch tun jährlich Tausende genau das im Revier wilder Bären – denn viele der beliebtesten Wanderregionen in Skandinavien und Nordamerika sind zugleich Bärengebiete. Ist das überhaupt zu verantworten? Wie gefährlich sind Bären wirklich? Manche behaupten, sie seien scheu wie die Hasen und würden Hals über Kopf durch die Büsche flüchten, sobald sie einen Menschen bemerken. Aber dann liest man ein- oder zweimal im Jahr, dass Wanderer, Jogger oder Angler von Bären angegriffen und verletzt oder gar getötet wurden – einer in einem Park direkt am Stadtrand von Anchorage, ein Radfahrer auf dem Alaska Highway oder ein Camper, der mitten in der Nacht aus seinem Zelt gezerrt wurde.

      Jedenfalls kreist die Phantasie vieler Nordland-Reisenden so unvermeidlich um die Bären wie Fliegen um den Misthaufen. Wer kann behaupten, dass er nie abends im Zelt gelegen und mit beschleunigtem Puls an die Bären „da draußen“ gedacht hätte?! Mir geht es selbst nicht anders, seit mir ein Grizzly in meine Blockhütte eingestiegen ist und ich wochenlang aus Dosen gelebt habe, die erschreckende Bisslöcher abbekommen hatten. Da wird man doch schlagartig etwas argwöhnischer – obwohl ich selbstverständlich weiß, dass Bären statistisch gesehen weniger gefährlich sind als Hunde, Blitze und erst recht Autos. Aber was hilft alle Statistik, wenn ich nachts im Zelt liege und es draußen so verdächtig in den Büschen knackt?! Falls mir je ein Grizzly durch die Leinwand gucken sollte, kann ich ihm doch nicht mit der Statistik kommen!

      Was denn nun?! Werden die Bären verteufelt oder verharmlost?! Wohl beides zugleich. Denn der Mensch ist in der Tat ein sehr unberechenbares Tier und neigt zu extremen Verhaltensweisen – zwischen Panik und Plüschtier-Mentalität. Die einen schildern die Gefahren in den blutigsten Farben und spielen das Thema so hoch, dass sie sich selbst nicht mehr aus dem Auto trauen, nur weil in hundert Meilen Umkreis irgendwo eins dieser Tiere sein Wesen treibt. Die anderen sind verrückt genug, Grizzlys wie Plüschtiere aus dem Disneyland zu behandeln.

      Panik ist genauso fehl am Platze wie mangelnder Respekt, den offenbar vor allem Amerikaner gelegentlich an den Tag legen. In Alaska hat mir ein Ranger erzählt, dass dort Eltern allen Ernstes schon versucht haben, ihre kleinen Kinder auf einen (lebenden!) Grizzlybären zu setzen, um sie für das Familienalbum zu fotografieren. Und wenn dann ein dermaßen belästigtes Tier ausrastet und diesen lästigen Fotografen mit Bärenkräften „eine scheuert“, dann schreit man: „Gefährliche Bestien!“ – So nicht!

      Wer seine natürlichen Instinkte nicht verloren hat, der verhält sich in Bärengebieten angstfrei, aber respektvoll. Und wenn er zusätzlich noch einige grundlegende Dinge über das Verhalten dieser Tiere weiß und beachtet, dann ist dies die beste Lebensversicherung. Besser als Feuerwaffen. Zugegeben: Absolute Sicherheit kann es nie geben (und vielleicht wollen wir das ja auch gar nicht wirklich) – aber bei richtigem Verhalten ist jede Anreise zum Wandergebiet hundertmal gefährlicher als alle dortigen Bären – und selbst das Risiko, von einem Meteoriten getroffen zu werden, dürfte noch höher sein als das eines Bärenunfalls.

      Rainer Höh

      Was kann dieses Buch leisten?

      Seit ich meine ersten Wanderungen in den Pyrenäen und in Lappland gemacht habe, war ich mit Vorliebe immer wieder in Bären-Gegenden unterwegs. Meine ersten Bärenbegegnung hatte ich im Yukon Territory. Während meiner Blockhüttenzeit in einem Tal mit besonders hoher Grizzly-Population sowie auf zahlreichen Touren in Kanada und Alaska habe ich im Laufe von 25 Jahren allerlei eigene Bärenerlebnisse gesammelt und noch mehr Bärengeschichten am Lagerfeuer gehört. Ich habe einige sträfliche Fehler gemacht und einiges dazugelernt. Bei jeder Gelegenheit habe ich mit Trappern und Rangern über Bären geredet, Tipps von Nationalparks gesammelt und mich aus Büchern informiert. Aber ich bin kein Zoologe, ich habe mich nie wissenschaftlich mit Bären befasst, habe keine Feldforschungen unternommen und keine Statistiken erstellt. Deshalb kann und soll dieses Buch kein wissenschaftliches Werk sein und kein Buch, das neue Erkenntnisse enthält. Wer sich für solche Bücher interessiert, der findet im Anhang eine Reihe ausgezeichneter Titel, mit denen ich weder in Konkurrenz treten kann noch will.

      Was dieses Buch leisten soll, ist etwas anderes: Es soll mein im Laufe von 25 Jahren gesammeltes Wissen in klarer und übersichtlicher Weise zusammenstellen. Es soll Ihnen alle Informationen liefern, um in Bärengebieten gefahrlos wandern und zelten zu können, Fehler zu vermeiden und sich unterwegs jederzeit sicher zu fühlen. Daher gebe ich nicht nur „nackte“ Verhaltenstipps, sondern versuche deutlich zu machen, wie Bären „funktionieren“, damit man das Verhalten dieser großartigen Tiere im Kontext erkennt und versteht. Das hilft mehr als „Rezepte“, die nur in bestimmten Situationen gelten. So können Sie das Risiko einschätzen und es minimieren, damit Sie Ihre Wildnistour genießen, anstatt sie sich durch die Angst vor Bären verderben zu lassen.

      Mindestens ebenso wichtig wie die objektive ist die subjektive Sicherheit. Selbst wenn man sämtliche guten Ratschläge missachten würde, hätte man nur eine minimale „Chance“, durch einen Bären verletzt zu werden. Ungleich höher hingegen sind die Chancen, beim leisesten Knacken im Gebüsch (und da draußen knackt es ja ständig) Herzrasen und akute Schlafstörungen zu bekommen. Ich weiß sehr wohl, wie das ist, denn ich habe selbst manch unruhige Stunde im Zelt erlebt, seit mir ein Grizzly in die Hütte eingebrochen ist. Aber ich weiß auch aus persönlicher Erfahrung, dass zunehmendes Wissen über Bären und ihr Verhalten, routinemäßige Sicherheitsmaßnahmen und wachsende Vertrautheit mit der Problematik das subjektive Gefühl der Sicherheit erheblich steigern können. Und ich hoffe, dazu mit diesem Buch beitragen zu können.

      Gleichzeitig soll das Buch aber auch noch einen dritten Zweck erfüllen. Die Sicherheit für den Menschen ist nur eine Seite der Medaille. Die andere Perspektive ist die der Bären. Richtiges Verhalten der Wanderer bedeutet nicht nur Sicherheit vor Bären, sondern auch für Bären. Bär-Mensch-Konfrontationen enden nur sehr selten mit dem Tod des Menschen – viel häufiger hingegen mit dem Tod des Bären! Denn oft wird er erst durch falsches Verhalten des Menschen zur Gefahr, z. B. durch Füttern. „A fed bear is a dead bear“ (Ein gefütterter Bär ist ein toter Bär), heißt es. Und in manchen Regionen ist nicht nur ein einzelner Bär gefährdet, sondern die gesamte Population.

      Indem Sie Grundregeln des Verhaltens in Bärengebieten sorgfältig beachten, erhöhen Sie nicht nur Ihre eigene Sicherheit, sondern auch die der Bären. Und was wäre die Wildnis ohne diese imposanten und majestätischen Tiere?!

      Kleine Bärenkunde

      Je mehr man über Bären und ihr Verhalten weiß, desto eher kann man gefährliche Begegnungen vermeiden bzw. selbst kritische Situationen noch entschärfen.

      Bärenarten

      Bär ist nicht gleich Bär. Beispielsweise gelten Braunbären im Vergleich zu Schwarzbären als die weitaus gefährlicheren. Und um richtig reagieren zu können, ist es immer wichtig, zu wissen, was für einen Bären man vor sich hat – und damit ist hier nicht nur die Spezies gemeint. So kommt es beispielsweise nicht nur darauf an, ob man mit einem Schwarzoder Braunbären konfrontiert ist, sondern auch wo man dem Bären begegnet, in welcher Verfassung er sich befindet und welche Erfahrungen das Tier bisher mit Menschen gemacht hat. Manches kann man vorher wissen oder rasch erkennen und vieles kann man aus Indizien schließen, wenn man stets wachsam ist und aufmerksam beobachtet. Zugegeben, bei plötzlichen Begegnungen kann man vielleicht nicht einmal schnell genug erkennen, ob es sich um einen Schwarz- oder Braunbären handelt. Aber je mehr man über Bären und ihre Gewohnheiten weiß – schon bevor es zu einer Konfrontation kommt, bevor man ihnen begegnet und bevor man überhaupt in ihrem Revier unterwegs ist – desto eher kann man Risiken vermeiden und desto

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