Fesselnde Spiele. Kelly Stevens
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Eine Querstraße weiter schließe ich die Haustür zu dem viktorianischen Reihenhaus aus dunklen Backsteinen in West Kensington auf und gehe leise die Treppe hinauf in den dritten Stock. Die Wohnung teile ich mit Joanna und Nadire, beide wie ich Anfang Zwanzig.
Das Türschloss klemmt wieder einmal, aber ich bemühe mich, so leise wie möglich zu sein. Insbesondere Joanna, die morgens früh aufstehen muss, ärgert sich, wenn ich sie nachts wecke. Deshalb habe ich bereits im Club geduscht und nicht hier, weil sich ihr Zimmer direkt neben dem Badezimmer befindet.
In der Hoffnung, dass Joanna nicht aufwacht, stelle ich den Wasserkocher an und mache mir einen heißen Tee. Ein Blick in den Kühlschrank zeigt, dass wir keine Milch mehr haben, und Zucker scheint es auch keinen mehr zu geben.
Leicht genervt verziehe ich mich mit meinem dampfenden Getränk in mein Zimmer und werfe mich in Klamotten aufs Bett. Inzwischen trage ich Jeans und einen Hoodie, nicht mehr das kurze Lederkleid. West Kensington ist zwar ein einigermaßen ruhiges Pflaster, aber ich will mein Glück trotzdem nicht herausfordern, indem ich nachts in Fetischkleidung alleine durch London laufe.
Wie gut, dass der Club fußläufig ist, denn um diese Zeit fahren keine U-Bahnen mehr, und die Nachtbusse kommen hier nicht vorbei. Zwanzig Minuten, wenn man nicht gerade in High Heels unterwegs ist. Auch das war ein Grund, mich für diesen Club zu entscheiden.
Ich seufze und betrachte ein paar Spinnweben an der Decke. Die dazugehörige Spinne muss schon vor Monaten an Altersschwäche gestorben sein, denn ich habe sie noch nie gesehen, und auch die Spinnweben hängen schon lange dort. Inzwischen stören sie mich nicht mehr.
Zwei Jahre lebe ich jetzt schon in London. Zwei Jahre, und keinen Schritt weiter gekommen. Aus der vielversprechenden Jungdesignerin ist jemand geworden, der in Sexclubs arbeitet und sich ab und zu vorführen lässt, um ihre Miete bezahlen zu können. Immerhin nicht als Prostituierte, sondern als Model und Assistentin. Darauf habe ich bestanden, und Frankie hat zugestimmt, weil er wusste, dass er mich nur zu diesen Bedingungen bekommt: Keinen Sex. Mit niemandem.
Vor zweieinhalb Jahren war meine Welt noch in Ordnung. Ich lebte in Manchester, der Stadt, in der ich aufgewachsen war, und studierte Modedesign, was schon immer mein Traum gewesen war. Ich hatte einen großen Freundeskreis und einen Freund, mit dem ich nachts durch die Clubs zog. Sogar mit meinen Eltern verstand ich mich gut, und wenn mein Teilstipendium und mein Studentenjob nicht ausreichten, um finanziell über die Runden zu kommen, steckten sie mir immer mal wieder Geld zu.
Bis zu jener Nacht zwei Wochen vor meinem Abschluss, als ich mitten in der Nacht aus dem Schlaf geklingelt wurde: Meine Eltern hatten einen Autounfall, ich solle doch bitte sofort in die Notaufnahme kommen.
Im Krankenhaus teilte mir eine übermüdete Ärztin mit, dass mein Vater bereits auf dem Weg ins Krankenhaus gestorben sei und meine Mutter gerade notoperiert werde. Drei Tage lang sah es so aus, als könne sie es schaffen, bis auch sie starb.
Wie in Trance beendete ich meine letzten Prüfungen und versuchte mich gleichzeitig um jede Menge Organisatorisches zu kümmern, von dem ich keine Ahnung hatte und mit dem ich völlig überfordert war. Einige Verwandten und Freundinnen unterstützten mich, mein Freund nicht. Auch er beendete zu dieser Zeit sein Studium und wollte feiern, nicht mit mir im Haus meiner Eltern sitzen, Sachen sortieren und Trübsal blasen.
Es dauerte weitere vier Wochen, bis ich mich von ihm trennte. Genauso lange dauerte es, bis ich den Entschluss gefasst hatte, mein Elternhaus zu verkaufen. Selbst dort einziehen wollte ich nicht mehr, es vermieten genauso wenig, und einen Leerstand konnte ich mir nicht leisten.
Leider waren die Hypotheken noch so hoch, dass nach dem Verkauf kaum Geld übrig blieb. Meine Eltern waren beide noch relativ jung gewesen, gerade einmal Mitte Vierzig. Rücklagen besaßen sie nicht. Selbst das Auto, von dem jetzt nur noch Schrott übrig war, war auf Kredit gekauft worden.
Nachdem ich eine Weile in Selbstmitleid versunken war, krempelte ich meine Ärmel hoch, verkaufte bis auf wenige Ausnahmen alles, was sich irgendwie zu Geld machen ließ, und verkündete, dass ich nach London ziehen würde, um eine berühmte Designerin zu werden.
Schöner Plan.
Die Realität holte mich sehr schnell zurück auf den Boden der Tatsachen. London war unglaublich teuer, Wohnraum war heiß begehrt, und auf noch eine hoffnungsvolle angehende Designerin hatte in der Metropole nun wirklich niemand gewartet.
Also nahm ich mir ein WG-Zimmer, mietete mir einen Platz in einem Start-Up-Loft für Jungdesignerinnen, und suchte irgendeinen Job, der mich vorerst über Wasser halten würde.
Nachdem ich aus diversen Job rausgeschmissen wurde, weil ich mich angeblich zu dämlich anstellte, oder selbst kündigte, weil ich wie der letzte Dreck behandelt wurde, hatte ich das Glück, als Fotoassistentin bei Marcel anzufangen, einem Fotografen, der sich auf künstlerische Aktfotografie spezialisiert hatte. Durch ihn bekam ich meinen ersten Einblick in die BDSM-Szene, und er war auch derjenige, der mich zum ersten Mal zu Frankie mitnahm, vormittags, als der Club für die Öffentlichkeit noch geschlossen war, um ein Bondage-Shooting zu begleiten.
Man könnte sagen, dies war der Moment, in dem ich wusste, wohin ich gehörte, obwohl ich vorher noch keinerlei Berührungspunkte mit der Szene gehabt hatte.
Nur wenige Tage später stand ich vor Frankie und fragte nach einem Job. Ich wollte alles über BDSM lernen.
Einen Job wollte er mir als blutiger Anfängerin zwar nicht geben, aber er vermittelte mich an Peter, den Rigger, der das Bondage für Marcels Shooting durchgeführt hatte.
Er war erfahren, verantwortungsbewusst und auf der Suche nach einem neuen Model.
Ich war zierlich, leicht, beweglich und fühlte keine Angst, sondern nur Vorfreude.
Die Seile gaben mir den Halt, den ich verloren geglaubt hatte.
Seine Stimme lockte mich, mich fallen zu lassen und Verantwortung abzugeben, die so schwer auf mir gelastet hatte.
So sehr sie mich auch von außen betrachtet festhielten, in den Seilen fühlte ich mich frei.
Peter war ein guter Lehrer. Er war ruhig und geduldig, erklärte mir viel und behandelte mich nie wie eine Dienerin, sondern immer wie ein Künstler sein Model. Ihm vertraute ich blind, sogar im übertragenen Sinne, denn für viele Shootings trug ich eine Maske, die mein Gesicht verdeckte, nicht nur, weil es ästhetischer aussah, sondern auch, um meine Identität zu verbergen.
Peter war Arzt, keiner, der für den National Health Service arbeitete, sondern er behandelte ausschließlich Privatpatienten in seiner eigenen Praxis. Wie ich bald erfuhr, wohnte er ganz in der Nähe des Clubs und war einer der Ärzte, die entweder standby vor Ort waren oder in Notfällen kurzfristig gerufen werden konnten.
Er bezahlte mich nur, wenn wir offizielle Shootings veranstalteten oder für Performances auf Conventions, aber für ihn hätte ich auch umsonst gearbeitet. Ein netter Nebeneffekt war, dass ich jederzeit, auch wenn Peter nicht da war, freien Zugang zum Club hatte, ohne Mitglied sein zu müssen, denn eine Mitgliedschaft hätte ich mir niemals leisten können.
Es dauerte noch einige Monate, bis ich mich entschloss, mich von meinen normalen Designerträumen zu trennen und stattdessen auf Fetischkleidung zu spezialisieren. Und wie es der Zufall wollte, befanden sich meine potentiellen Kunden direkt vor meiner Nase: im Club.
Nachdem ich ein paarmal in meinen außergewöhnlichen,