Fesseln des Verlangens. Kelly Stevens
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Читать онлайн книгу Fesseln des Verlangens - Kelly Stevens страница 4
»Das ist richtig.« Ich will mich weder erklären noch verteidigen müssen.
Er mustert mich. »In Spanien ist es unhöflich, Einladungen nicht anzunehmen.«
Ich runzele die Stirn. Stimmt, er hatte sich mit einer Einladung revanchieren wollen, aber ich war mir nicht sicher, ob das nicht nur eine Floskel war. »In anderen Ländern sagt man so etwas, ohne es zu meinen. Etwa im Stil von ‚bis bald‘.«
»Hast du deshalb nicht angerufen, weil du dachtest, ich hätte es nicht ernst gemeint?«
Es ist mir lieber, dass er das denkt, als irgendetwas anderes. »Tut mir leid. Ich bin wohl noch nicht lange genug hier, um mich mit allen spanischen Sitten und Gebräuchen auszukennen.« Nur, dass Zärtlichkeiten in der Öffentlichkeit nicht gerne gesehen werden, das habe ich schon mitbekommen. Leider erst, nachdem ich ihn in der Bar geküsst hatte.
Er nickt, als würde er mir zustimmen. Um gleich darauf zu sagen: »Gib mir deine Nummer.«
»Nein, ich habe deine Karte, und jetzt, wo ich weiß …«, beginne ich.
»Gib mir deine Nummer.«
Seine Stimme klingt einschüchternd und erweckt genau damit meinen Widerstand. Mein Blick bleibt an seinem Mund hängen, diesen Lippen, mit denen er mich geküsst hat. Schon wieder beschleunigen sich mein Herzschlag und meine Atmung, meine Brustwarzen ziehen sich zusammen. Trotzdem bleibe ich hart. »Nein.«
»Nein?«
»Ich werde dich anrufen.« Mit unterdrückter Rufnummer, notiere ich innerlich.
Louis zieht seine Kamera aus der Tasche und überprüft irgendetwas. Heutzutage, wo fast jeder mit einer kleinen Digitalkamera oder seinem Smartphone fotografiert, fällt das Riesenteil auf. Er schraubt ein Objektiv vor das Gehäuse und macht einige Bilder von unserer Umgebung. Dann richtet er das Objektiv auf mich.
Sofort halte ich meine Hand vor die Linse. »Ich mag es nicht, fotografiert zu werden.«
»Schade.«
Das werde ich nicht kommentieren. Ich sehe ihm zu, wie er die Kamera auseinander schraubt und wieder wegpackt.
»Also, Phuong, wann rufst du mich an, damit ich dich zum Essen einladen kann?«
Er gibt nicht auf. Allmählich werde ich unruhig, weil ich wieder an die Arbeit muss. Außerdem, weil inzwischen einige Leute auf uns starren. »Bald«, weiche ich aus.
»Das genügt mir nicht.« Er zieht eine Postkarte aus seiner Tasche und schreibt etwas darauf. Namen und Adresse eines Restaurants, wie ich erkennen kann. Kurz blickt er auf. »Heute? Morgen? Übermorgen?«
Hat er nie Pläne für den Abend, dass ich die freie Auswahl habe? Mental gehe ich meinen eigenen Kalender durch. Wirklich Zeit habe ich nie, aber es reizt mich, mehr über ihn zu erfahren, deshalb werde ich versuchen, mir ein paar Stunden freizuschaufeln. »Übermorgen.«
»Phönix. Phuong lautet übersetzt Phönix.«
Louis hat sich tatsächlich die Mühe gemacht, nach der Bedeutung meines Namens zu suchen? Ich bin ein klitzekleines bisschen beeindruckt. Er küsst mich zur Begrüßung auf beide Wangen, während ich stocksteif vor ihm stehe. Jeder Instinkt in mir schreit, meine Lippen auf seine zu legen, meinen Körper an seinen zu pressen, mit meinen Händen über seine Haut zu fahren, und noch viel mehr. Aber wahrscheinlich würden wir dann des Restaurant verwiesen. Was schade wäre, denn es duftet verführerisch. Genauso wie Louis.
»Wie schön, dass du Zeit für mich hast.«
Klingt seine Stimme etwa sarkastisch? »Ich arbeite viel.«
»Auch abends?«
»Auch abends.«
Er scheint mir nicht zu glauben, aber das ist mir egal. Meine Arbeit geht vor Vergnügen. Das war schon in meiner Kindheit so und hat sich nahtlos durch Schule, Studium und Job gezogen. Nur deshalb bin ich heute da, wo ich bin.
Ja, ohne Freund und in einem unterbezahlten Job, der dir jegliche Freizeit nimmt, flüstert eine hässliche Stimme in meinem Kopf. Während vor dir ein toller Mann sitzt, der das Leben genießt und jede Frau haben kann, die er will, und den auch du willst.
Ich bringe sie zum Schweigen.
Louis hat ein Restaurant an der Strandpromenade ausgewählt und lässt keinen Zweifel daran, dass er mich einlädt. In Spanien ist es üblich, dass man mit Freunden essen geht, selbst, wenn man wenig Geld hat. Es ist Teil der Kultur, Essen ist ein Gesellschaftsereignis. Um uns herum sitzen viele Paare oder kleinere Gruppen, die sich alle angeregt unterhalten und gute Laune zu haben scheinen.
Nur ich bin gerade stumm wie ein Fisch, als mir auffällt, dass ich nach Wochen in Spanien außer meinen Kollegen und ein paar Leuten aus dem Yogastudio noch so gut wie niemanden kenne.
Apropos stumm wie ein Fisch: Es gibt eine große Auswahl an fangfrischem Fisch, und Louis erzählt mir von den Gerichten, als wäre er der Chefkoch persönlich, kein offensichtlicher Stammgast. Nach kurzer Überlegung entscheide ich mich für Seezunge. Zu meiner Überraschung bestellt Louis das Gleiche. Als Vorspeise empfiehlt er Oktopussalat, der hier angeblich sehr gut sein soll.
Ich verzichte mit dem Hinweis, dass ich abends normalerweise nicht so viel esse. Louis bestellt trotzdem eine Portion, die, als sie serviert wird, auch sehr lecker aussieht. Als er meinen Blick bemerkt, schiebt er seinen Teller in die Mitte des Tisches.
»Probier«, fordert er mich auf.
Kurz zögere ich, dann nehme ich doch eine Gabel. Der Oktopus ist zart und zergeht fast auf der Zunge. Kapern, frischer Zitronensaft, Olivenöl und Kräuter geben ihm ein phantastisches Aroma. Das frische Weißbrot, das dazu gereicht wird, brauche ich gar nicht.
»Bedien dich«, bittet Louis mich, das Gericht mit ihm zu teilen. Doch ich schüttele den Kopf. »Das schmeckt wunderbar, aber dann bin ich gleich satt.«
So habe ich noch eine Weile den Geschmack im Mund – und kann Louis beobachten. Heute Abend hat er sich rasiert, sodass er etwas zivilisierter wirkt als bei unserem ersten Treffen oder in der Bar. Als ich ihn geküsst habe. Mein Blick geht erneut zu seinen Lippen, die sich so wunderbar weich auf meinen angefühlt haben, zu seinen dunklen Augen mit den unverschämt langen Wimpern bis zu seinen Händen mit den langen, gepflegten Fingern. Vielleicht ist er doch Geschäftsmann? Hart zu arbeiten scheint er jedenfalls nicht, auch, weil er ständig Freizeit zu haben scheint.
Er ist bestimmt ein guter Liebhaber, kommt mir in den Sinn. Genauso, wie er sein Essen genießt, würde er auch eine Frau genießen. Sich Zeit lassen, ihren Körper und ihren Geschmack in all seinen Facetten zu erkunden.
Louis macht Small Talk, fragt, wie mir Barcelona gefällt, aber beginnt dann doch geschickt, mich auszufragen. Als mir seine Fragen zu persönlich werden, bringe ich das Gespräch auf unverfänglichere Themen. Er merkt es trotzdem, ich sehe es an den Blicken, die er mir zuwirft.
Die gegrillte Seezunge ist ebenfalls ein Gedicht. Kylan hat mich früher oft in teure, angesagte Restaurants eingeladen, aber geschmacklich liegt