Lotte mischt mit. Klaus Heimann
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Die Bedienung brachte die Speisekarte. Ich bestellte ein großes Bier, Lotte einen Rotwein. Dann studierten wir die aufgelisteten Gerichte.
Das Pärchen neben uns setzte sein Gespräch fort. Es ging um Pläne für den nächsten Tag. Sie schienen ebenfalls Fahrräder mitgebracht zu haben. Dann fiel das Stichwort, das uns aufhorchen ließ.
»Im Juni werden wir dann endlich den Ruhrtal-Radweg in Angriff nehmen. Ist ja fast eine Schande. Wir wohnen nebenan und fahren immer nur das Stück zwischen Hattingen und Mülheim.«
Lotte, die mir ohnehin mehr auf das Gespräch nebenan als auf die Speisekarte konzentriert gewesen schien, schnappte gleich nach dem Gesprächsfetzen. Kontakt schloss meine Angetraute schnell.
»Entschuldigen Sie. Ich habe gerade mitbekommen, dass Sie in der Nähe der Ruhr wohnen. Darf ich fragen, woher Sie kommen?«
»Natürlich«, antwortete die Blonde. »Aus Essen.«
»Nein. Was für ein Zufall. Wir kommen auch aus Essen. Wir wohnen in Rüttenscheid. Vorhin haben wir ein Auto mit Essener Kennzeichen gesehen. Könnte das Ihres sein?«
»Wir fahren einen roten Golf.«
»Den Typ weiß ich nicht mehr. Rot war der Wagen. Siebert übrigens, unser Name.«
»Wir sind die Lindemanns.«
Während unsere Frauen Bekanntschaft schlossen, musterten wir Männer uns stumm. Auf den ersten Blick nicht unsympathisch, der Silberbekränzte.
»Rutschen Sie doch näher heran. Wir müssen ja nicht über die Stühle hinweg miteinander plaudern«, schlug Frau Lindemann vor.
Lotte folgte der Einladung spontan. »Gerne.«
Notgedrungen tat ich es ihr nach. Das geht mir manchmal zu schnell mit ihr. Ich hatte mich eigentlich auf eine Woche Familie gefreut. Ohne neue Bekanntschaften.
Lindemanns erhoben sich. Wir reichten uns alle vier gegenseitig die Hände. Dann setzten wir uns.
»Wo wohnen Sie? Auch in Werder?«, trieb die Blonde die begonnene Plauderei weiter.
»Wir haben eine Ferienwohnung gemietet, direkt am Markt. Hier gleich um die Ecke. Und Sie?«
»Wir sind im benachbarten Hotel untergebracht. Wir sind vorgestern angekommen.«
»Wir erst heute Mittag …«
Wieder sahen wir Männer uns an. Wir ahnten, dass sich auf der gegenüberliegenden Tischseite soeben ein echtes Frauengespräch entspann. Da würden wir keinen Satz dazwischen bekommen. Was blieb uns übrig, als eine eigene Unterhaltung anfangen?
»Kennen Sie sich hier aus?«, versuchte ich es mit ihm.
»Wir sind zum ersten Mal hier.«
Pause.
Zum Glück brachte die Bedienung in diesem Moment die Getränke. Reihum in die Augen schauend, prosteten wir uns zu. Meine Göttergattin hatte im ersten Überschwang ganz vergessen, sich ein Essen auszusuchen. Auf ihre diesbezügliche Nachfrage schickten wir die Kellnerin unverrichteter Dinge wieder fort und baten sie, später wiederzukommen.
»Haben Sie hier schon gegessen? Können Sie etwas empfehlen?«, fragte Lotte die Blonde.
»Fisch würde ich vorne essen. In dem Lokal, das auch die Bude betreibt. Da waren wir gestern.«
»Ach, eigentlich reicht mir ein Salat …«, bezog meine Angetraute den Tisch in ihre Entscheidungsfindung ein. Prompt diskutierte die Blonde mit ihr die halbe Speisekarte.
»Was haben Sie bestellt?«, erkundigte ich mich bei meinem Tischnachbar, um dieser Diskussion zu entgehen.
»Steak.«
Präzise, die Auskunft. Ein Wort, alles klar. So mag ich das.
Nachdem Lotte im Anschluss an endloses Palaver endlich feststellte, dass sie richtig Hunger hätte und ein Salat vielleicht doch zu bescheiden sei, schloss sie sich meiner Wahl »Havelschnitzel« an. Ich habe die Frauensleute echt im Verdacht, dass sie nur so kompliziert sind, damit sie quatschen können. Irgendwie müssen sie mehr Worte pro Tag loswerden als wir Männer.
Nachdem wir unsere Bestellung endlich aufgegeben hatten, fühlte sich auch der Silberbekränzte gemüßigt, etwas zur Unterhaltung beizutragen.
Er wandte sich nicht an die Runde, sondern direkt an mich: »Haben Sie Räder dabei?«
»Ja. Hier kann man anscheinend gut fahren.«
»Gestern habe ich mir eine Karte besorgt. Sieht nach schönen Touren aus.«
»In der Nähe des Bahnhofs soll es eine Brücke über die Havel geben. Die haben wir vorhin gesucht, aber den Einstieg nicht gefunden.«
»Es geht über die Eisenbahnbrücke. Den Weg haben wir heute ausprobiert. Fantastische Gegend da drüben!«
Seine Frau hatte unser Gespräch mitbekommen und hakte ein.
»Morgen früh will Jens einen alten Freund treffen. Da bin ich alleine. Darf ich mich euch anschließen? Dann kann ich euch den Weg zeigen.«
»Gerne!«, jubelte Lotte.
Na, das würde morgen eine nette Schwatzrunde zu Drahtesel geben.
»Ach komm, sind wir doch nicht so kompliziert. Ich bin die Charlotte.«
»Ich bin die Frauke und mein Mann heißt Jens.«
»Siegfried. Nennt mich ruhig Sigi. Das tun alle. Und Charlotte dürft Ihr gerne Lotte nennen.«
Ich weiß, dass meine Holde die Verstümmelung ihres Namens überhaupt nicht mag. Das klinge naiv, meint sie. Die kleine Spitze hatte sie aber für ihr übereifriges Anbandeln unbedingt verdient!
Ein grimmiger Mahnblick traf mich, während vier Hände eifrig nach einem Partner zum Schütteln suchten.
»Das begießen wir jetzt aber mit einem Schnaps«, hörte ich mich sagen. Den hatte ich selbst aus etlichen Gründen nötiger als alle anderen, wie mir schien.
Während die Damen zu einem weichgespülten Ramazzotti griffen, wählten Jens und ich einen Willi. Geschmack besaß mein neuer Duzbruder zum Glück. Wir stießen alle vier miteinander an. Dann besiegelte der Schnaps unsere Verbrüderung.
»Von der Sprache her hätte ich dich nicht nach Essen gesteckt, Jens«, stellte ich fest.
»Das stimmt«, antwortete mein Tischnachbar. »Ich bin in Anhalt aufgewachsen. Da bleibt der Slang an dir kleben. Später habe ich in Potsdam und in Chemnitz gelebt. Erst nach dem Fall der Mauer habe ich zu euch rübergemacht.«
Lotte bekam große Augen. »Ach, interessant. Kommst du auch aus dem Osten, Frauke?«
»Ja. Mein Heimatort liegt östlich von Berlin.«
»Das