Mutig denken. Aufklärung als offener Prozess. Marie-Luisa Frick

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Mutig denken. Aufklärung als offener Prozess - Marie-Luisa Frick страница 7

Mutig denken. Aufklärung als offener Prozess - Marie-Luisa Frick Reclams Universal-Bibliothek

Скачать книгу

schenken möchte? Fragen, die man sich stellen sollte, sind: Was sind die Methoden, mit deren Hilfe sie ihre vermeintlichen Erkenntnisse gewinnen? Was könnten ihre außerwissenschaftlichen Interessen sein oder in welchen Abhängigkeiten stehen sie? Wie steht es um das ›professionelle Standing‹ der vermeintlichen Fachleute, also wie wird ihre Kompetenz von der Kollegenschaft eingeschätzt? Nichtsdestotrotz sind die Grenzen eines solchen Selbstprüfens allzu offensichtlich: Auch preisgekrönte Journalisten können Schwindler sein, Spitzenforscher sich grob irren oder auch nur fehlerhaft arbeiten. So gilt dann auch: Keine dieser Fragen garantiert, zu einem sicheren Urteil über die Vertrauenswürdigkeit von Expertisen zu gelangen. Doch nur der blinde Glaube hält es für entbehrlich, sie überhaupt erst zu stellen.

      Selbst-reflexives Denken kann nicht als Haltung eingeübt werden ohne gesellschaftlich-institutionelle Gelingensbedingungen. Dazu zählt ein möglichst freier, öffentlicher Diskursraum, in dem Ansichten sich begegnen und im besten Fall gegenseitig korrigieren können. Nur wer gelegentlich Widerspruch erfährt, der den eigenen Standpunkt in Frage stellt und verunsichert, kann lernen, auch sich selbst zu hinterfragen. Eine unersetzbare Verantwortung für Bedingungen des richtigen Selbstdenkens kommt auch Bildungseinrichtungen zu. Jede Rede von der (digitalen) Wissensgesellschaft ist eitel, solange zwar wissenschaftliche (Zwischen-)Erkenntnisse gelehrt werden, nicht aber vermittelt wird, was wissenschaftliche Methodik, ja überhaupt wissenschaftliches Denken ist. Dort, wo die Ansicht vorherrscht, Informationen würde man sich erst dann besorgen, wenn man sie auch wirklich braucht, halten wir uns für aufgeklärter als wir sind. Denn jedes Denken hat als seine Grundlage auch ›trockenes‹ Wissen. Informationen werden erst zu Wissen, wenn sie in einen »epistemologischen Rahmen« eingeordnet werden, wenn ich also überhaupt erst weiß, wie ich Informationen einschätzen, gewichten und aussortieren soll.15

      Es ist dieser Zusammenhang zwischen (Urteils-)Bildung und Befreiung des Menschen, der heute wichtiger ist als jemals zuvor. »Wahre Freiheit«, betont der Philosoph und Pädagoge John Dewey, »ist geistig; sie beruht auf der trainierten Gedankenkraft, auf der Fähigkeit Dinge ›umzudrehen‹, bewusst hinzusehen, zu beurteilen, ob die Menge und Art von Evidenz ausreichend ist für eine Entscheidung«.16 Ohne gezielte Anstrengungen, Menschen darin zu unterstützen, diese Fähigkeiten auszubilden, produzieren technologisch entwickelte Gesellschaften höchstens pseudo-kluge Sklaven. Das gilt besonders dort, wo selbstlernende Algorithmen (»künstliche Intelligenz«) ungeahnte Hilfsdienste und Lebenserleichterungen versprechen. Es reicht demnach nicht, nur Transparenz über ihre einprogrammierten Rechenschritte zu fordern, zumal mit neuen Methoden maschinellen Lernens »künstliche Intelligenzen« zunehmend zu »dunklen Schachteln« werden, in die wir kaum mehr hineinblicken. Zentral, um die Autonomie des Menschen gegenüber seinen Geschöpfen sicherzustellen, sind vielmehr des Denkens fähige Persönlichkeiten, die kontrollieren und nachprüfen, was ihnen möglich ist, und dort, wo es ihnen nicht mehr möglich ist, stets wachsam bleiben. Wo der Glaube wächst, Maschinen könnten das erreichen, was uns Menschen verwehrt ist, nämlich abschließende Gewissheit, geht Selbstbetrug schnell in Selbstverknechtung über.

      So verstanden ist nicht jedes Selbstdenken immer schon aufgeklärt. Daher geht der Imperativ »Denke selbst« ins Leere, es sei denn, er fordert die Haltung selbst-reflexiven Denkens ein. Die krudesten Theorien können als Produkte von Selbstdenken durchgehen (»Ich gegen die Weltverschwörung«), die größten Mythen als kritisches Denken, aber aufgeklärt sind sie damit noch lange nicht. Solange Selbstdenken sich selbst keine Fragen stellt, bleibt es anfällig für die schwerwiegendsten Vorurteile: Urteile über die eigene Urteilskraft. Selbstdenker ist nicht derjenige, der bequem in seinem eigenen Baum der Erkenntnis sitzt, sondern derjenige, der an diesem Baum auch hin und wieder kräftig rüttelt. Selbstdenken, so könnte man es auch ausdrücken, muss philosophisch werden, um sich von seinem Gegenteil, dem Dogmatismus, zu unterscheiden. Das traditionelle Motto aller Dogmatiker*innen (»Es gilt deshalb, weil es gilt – alternativlos«) sollte Selbstdenker*innen nicht nur Ansporn sein, ideologische Halsstarrigkeit in jeder Erscheinungsform herauszufordern. Es sollte sie auch davor warnen, sich diese Denkweise anzueignen, wo es vielleicht für sie selbst bequem ist. Denn nichts gilt, weil es gilt. Alles könnte anders sein.

      Конец ознакомительного фрагмента.

      Текст предоставлен ООО «ЛитРес».

      Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.

      Безопасно оплатить книгу можно банковской картой Visa, MasterCard, Maestro, со счета мобильного телефона, с платежного терминала, в салоне МТС или Связной, через PayPal, WebMoney, Яндекс.Деньги, QIWI Кошелек, бонусными картами или другим удобным Вам способом.

/9j/4Ra4RXhpZgAATU0AKgAAAAgADgEAAAMAAAABB6IAAAEBAAMAAAABC7oAAAECAAMAAAAEAAAA tgEDAAMAAAABAAEAAAEGAAMAAAABAAUAAAESAAMAAAABAAEAAAEVAAMAAAABAAQAAAEaAAUAAAAB AAAAvgEbAAUAAAABAAAAxgEcAAMAAAABAAEAAAEoAAMAAAABAAIAAAExAAIAAAAgAAAAzgEyAAIA AAAUAAAA7odpAAQAAAABAAABBAAAATAACAAIAAgACAAK/IAAACcQAAr8gAAAJxBBZG9iZSBQaG90 b3Nob3AgQ1M2IChNYWNpbnRvc2gpADIwMjA6MDk6MTUgMDk6Mjk6NDIAAAAAA6ABAAMAAAAB//8A AKACAAQAAAABAAAHoaADAAQAAAABAAALuAAAAAAAAAAGAQMAAwAAAAEABgAAARoABQAAAAEAAAF+ ARsABQAAAAEAAAGGASgAAwAAAAEAAgAAAgEABAAAAAEAAAGOAgIABAAAAAEAABUiAAAAAAAAAEgA AAABAAAASAAAAAH/2P/tAAxBZG9iZV9DTQAB/+4ADkFkb2JlAGSAAAAAAf/bAIQADAgICAkIDAkJ DBELCgsRFQ8MDA8VGBMTFRMTGBEMDAwMDAwRDAwMDAwMDAwMDAwMDAwMDAwMDAwMDAwMDAwMDAEN CwsNDg0QDg4QFA4ODhQUDg4ODhQRDAwMDAwREQwMDAwMDBEMDAwMDAwMDAwMDAwMDAwMDAwMDAwM DAwMDAwM/8AAEQgAoABoAwEiAAIRAQMRAf/dAAQAB//EAT8AAAEFAQEBAQEBAAAAAAAAAAMAAQIE BQYHCAkKCwEAAQUBAQEBAQEAAAAAAAAAAQACAwQFBgcICQoLEAABBAEDAgQCBQcGCAUDDDMBAAIR AwQhEjEFQVFhEyJxgTIGFJGhsUIjJBVSwWIzNHKC0UMHJZJT8OHxY3M1FqKygyZEk1RkRcKjdDYX 0lXiZfKzhMPTdePzRieUpIW0lcTU5PSltcXV5fVWZnaGlqa2xtbm9jdHV2d3h5ent8fX5/cRAAIC AQIEBAMEBQYHBwYFNQEAAhEDITESBEFRYXEiEwUygZEUobFCI8FS0fAzJGLhcoKSQ1MVY3M08SUG FqKygwcmNcLSRJNUoxdkRVU2dGXi8rOEw9N14/NGlKSFtJXE1OT0pbXF1eX1VmZ2hpamtsbW5vYn N0dXZ3eHl6e3x//aAAwDAQACEQMRAD8A87hWsLDoyGF19/2ZgsDDa4Asa0Mfe+W+3da5lb/s7N/6 W39D/hP0ftX/AI

Скачать книгу