Denkwürdigkeiten des Pickwick-Klubs. Charles Dickens

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Denkwürdigkeiten des Pickwick-Klubs - Charles Dickens

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donnernden Freudengeschrei empfingen, in das sofort die ganze Menge, denn für die Menge ist es nicht immer nötig zu wissen, wem ihr Freudengeschrei gilt, mit furchtbarem Triumphgebrüll einstimmte, das sogar den Kirschroten auf dem Balkon zum Schweigen brachte.

      »Hurra!« schrie die Menge zum Schluß.

      »Noch ein Hurra«, kreischte der Kleine auf dem Balkon, und wieder brüllte die Menge, als wären ihre Lungen von Gußeisen mit Stahlfedern.

      »Slumkey für immer!« schrien die Redlichen und Unabhängigen.

      »Slumkey für immer!« wiederholte Herr Pickwick, seinen Hut abnehmend.

      »Nicht Fizkin«, schrie der Haufe.

      »In keinem Falle«, rief Herr Pickwick.

      »Hurra!«

      Und es erfolgte ein abermaliges Gebrüll, wie von einer ganzen Menagerie, wenn der Elefant die Glocke zur kalten Küche gezogen hat.

      »Wer ist Slumkey?« flüsterte Tupman.

      »Weiß nicht«, versetzte Herr Pickwick ebenso leise. »Pst! stellen Sie keine Fragen. Es ist immer das beste, bei solchen Gelegenheiten zu tun, was der große Haufe tut.«

      »Aber gesetzt, es sind zwei Haufen«, warf Herr Snodgraß dazwischen.

      »Dann hält man sich an den größten«, entgegnete Herr Pickwick.

      Ganze Bände hätten nicht mehr sagen können.

      Sie traten ins Haus. Die Menge bildete Spalier und brüllte. Der erste Gegenstand, nach dem sie sich erkundigten, war ein Nachtlager.

      »Können wir hier Betten haben?« fragte Herr Pickwick den Kellner.

      »Weiß nicht, mein Herr«, versetzte der junge Mann; »fürchte, es ist alles besetzt, Herr – will nachfragen, Herr.«

      Er entfernte sich, kehrte aber augenblicklich wieder zurück und fragte, ob die Herren »Blaue« wären.

      Da weder Herr Pickwick, noch seine Gefährten ein besonderes Interesse an dem einen oder dem andern Kandidaten nahmen, so war die Frage etwas schwer zu beantworten. Bei dieser Alternative erinnerte sich Herr Pickwick seines neuen Freundes, Herrn Perker.

      »Kennen Sie einen Herrn, Namens Perker?« fragte Herr Pickwick.

      »Ohne Zweifel, mein Herr; Agent des ehrenwerten Herrn Samuel Slumkey.«

      »Ein Blauer, denke ich?«

      »O ja, mein Herr.«

      »Dann sind wir auch Blaue«, sagte Herr Pickwick; aber da er bemerkte, daß der junge Mann bei dieser Erklärung der Anhängerschaft etwas unschlüssig aussah, so gab er ihm seine Karte und ersuchte ihn, wenn Herr Perker gerade im Hause sein sollte, alsbald diesem vorgestellt zu werden.

      Der Kellner entfernte sich und kehrte im Augenblick wieder mit der Einladung zurück, Herr Pickwick möchte folgen. Er führte ihn in ein großes Zimmer im ersten Stock, wo Herr Perker an einem langen Tische saß, der mit Büchern und Papieren bedeckt war.

      »Ah – ah, mein lieber Herr«, sagte der kleine Mann, ihm entgegentretend: »sehr glücklich, Sie zu sehen, mein lieber Herr, sehr glücklich. Bitte, nehmen Sie Platz. So haben Sie also Ihren Plan ausgeführt? Sie sind hierher gekommen, um einer Wahl beizuwohnen – nicht wahr?«

      Herr Pickwick bejahte.

      »Ein großer Kampf, mein lieber Herr«, sagte der Kleine.

      »Ich bin entzückt, dies zu hören«, versetzte Herr Pickwick, seine Hände reibend; »mir ist nichts lieber, als fester Patriotismus, auf welcher Seite er auch sein mag – und so ist es also ein heißer Kampf?«

      »O ja«, antwortete der Kleine, »sehr heiß, in der Tat. Wir haben alle Gasthäuser für unsere Partei in Beschlag genommen und unsern Gegnern nichts als die Bierschenken gelassen – ein vorzüglicher Staatsstreich, mein lieber Herr, nicht wahr?«

      Und der Kleine lächelte selbstgefällig und nahm eine tüchtige Prise.

      »Und wie wird wohl das Ergebnis des Kampfes sein?« fragte Herr Pickwick.

      »Noch zweifelhaft, mein lieber Herr; ziemlich zweifelhaft bis jetzt«, antwortete der Kleine. »Fizkins Leute haben dreiundreißig Wähler im Weißen Hirsch in den Wagenschuppen gesperrt.«

      »In den Wagenschuppen!« fragte Herr Pickwick, über diesen Staatsstreich gewaltig erstaunt.

      »Sie haben sie dort eingesperrt, bis sie dieselben nötig haben«, fuhr der Kleine fort. »Der Zweck ist, wie Sie sehen, daß wir ihnen nicht beikommen sollen; und selbst wenn wir es könnten, würde es nichts helfen, denn ste haben sie absichtlich betrunken gemacht. Ein gescheiter Bursche, Fizkins Agent – sehr gescheit in der Tat.«

      Herr Pickwick starrte dem Sprecher ins Gesicht und sagte nichts.

      »Und doch haben wir Hoffnung«, setzte Herr Perker seine Mitteilungen fort, indem er seine Stimme bis zum Geflüster dämpfte. »Wir hatten eine kleine Teegesellschaft hier, gestern abend – fünfundvierzig Frauen, lieber Herr – und gaben jeder einen grünen Sonnenschirm zum Andenken, als sie nach Hause gingen.«

      »Einen Sonnenschirm?« fragte Herr Pickwick.

      »Tatsache, mein lieber Herr, Tatsache. Fünfundvierzig grüne Sonnenschirme zu sieben Schillingen und sechs Penre das Stück. Alle Frauen lieben den Putz – außerordentlich, die Wirkung dieser Sonnenschirme. Sicherten uns ihre Männer alle, und die Hälfte ihrer Brüder – Strümpfe, Flanell und all das Zeug ist Larifari. Meine Idee, mein Teuerster, ganz meine Idee. Hagel, Regen oder Sonnenschein, Sie können keine zwanzig Schritte auf der Straße gehen, ohne wenigstens einem halben Dutzend grüner Sonnenschirme zu begegnen.«

      Hier brach der Mann in eine Art krampfhaften Gelächters aus, das durch den Eintritt eines Dritten unterbrochen wurde.

      Es war eine kleine, schmale Figur mit rotem Haar, das hin und wieder lichte Stellen zeigte, und mit einem Gesicht, in dem sich feierliche Wichtigkeit neben unergründlicher Gelehrsamkeit ausdrückte. Er trug einen langen, braunen Oberrock, eine schwarze Tuchweste und modefarbene Beinkleider. Ein Monokel hing an seiner Brust, und auf seinem Kopfe saß ein niederer Hut mit breiter Krempe. Der neue Ankömmling wurde Herrn Pickwick als Herr Pott, Herausgeber der Eatanswill-Zeitung vorgestellt. Nach einigen wenigen einleitenden Bemerkungen wandte sich Herr Pott an Herrn Pickwick und fragte in feierlichem Tone:

      »Dieser Kampf erregt großes Interesse in der Hauptstadt, mein Herr?«

      »Ich glaube, ja«, antwortete Herr Pickwick.

      »Ich habe Grund, zu vermuten«, sagte Herr Pott, und sah Herrn Pickwick auf seine Zustimmung hin an – »ich habe Grund, zu vermuten, daß mein Artikel im letzten Sonnabendblatt einiges dazu beigetragen hat.«

      »Ohne Zweifel«, bestätigte der Kleine.

      »Die Presse ist doch ein mächtiger Hebel«, meinte Pott.

      Herr Pickwick gab seine vollste Zustimmung zu dieser Bemerkung.

      »Aber ick schmeichle

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