Chefarzt Dr. Norden Box 4 – Arztroman. Patricia Vandenberg

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Chefarzt Dr. Norden Box 4 – Arztroman - Patricia Vandenberg Chefarzt Dr. Norden Box

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seine ehemalige Haushälterin in all den Jahren nicht erlebt. Doch für Reue war im Augenblick kein Platz. Leise surrend schoben sich die Türen zum Operationsbereich auf. Wasserrauschen empfing sie. Professor Lutz stand am Waschbecken. Er warf einen Blick über die Schulter.

      »Da sind Sie ja schon!« Ein Handtuch in den Händen trat er ans Bett. »Wie fühlen Sie sich, liebste Lenni?«

      Mit einem Handkuss und einem Einfühlungsvermögen, das seinesgleichen suchte, hatte er ihr Herz tags zuvor noch zum Flattern gebracht. Dummerweise war Lennis Lebensgefährte Oskar von ihren Schwärmereien alles andere als amüsiert gewesen und hatte das Weite gesucht.

      »Ich bin nicht Ihre liebste Lenni«, fauchte sie den Professor an.

      Dank seiner langjährigen Erfahrungen mit ängstlichen Patienten war Lutz Krugs Lächeln unerschütterlich.

      »Keine Sorge. Ich werde alles dafür tun, damit Sie nicht im Altenheim landen.«

      Lenni schielte hinüber zu ihrem ehemaligen Chef.

      »Was reden Sie denn da? Ich und ein Altenheim! Können Sie jetzt endlich anfangen? Mit Ihrem Gerede machen Sie mich noch ganz nervös.«

      »Ihr Wunsch ist mir Befehl.«

      Die beiden Ärzte tauschten einen amüsierten Blick. Professor Krug gab seine Anweisungen, und die Patientin wurde in den OP geschoben.

      »Tut mir leid, dass Lenni so schlechte Laune hat«, entschuldigte sich Daniel für seine zickige Haushälterin. In all den gemeinsamen Jahren war sie der Familie wie eine Ersatzomi ans Herz gewachsen. Kein Wunder also, dass die Nordens sich verantwortlich fühlten, allen voran Daniel und seine Frau.

      »Schon gut«, winkte der Professor ab. Er streckte die Arme aus, um sich von einer Schwester in den Operationskittel helfen zu lassen. »Als junger Arzt war ich regelmäßig beleidigt, wenn mich Patienten so behandelt haben. Heute weiß ich zum Glück, dass nicht ich, sondern die Angst für die schlechte Laune verantwortlich ist. Das macht mein Leben entschieden leichter.«

      Wohlweislich behielt Daniel für sich, dass Oskar nicht unbeteiligt war an Lennis Gemütsverfassung. Er wünschte dem Kollegen viel Glück und versprach, rechtzeitig nach dem Eingriff wieder zur Stelle zu sein.

      *

      »Ich bin auf den Ellbogen gefallen«, erzählte Julius und verzog das Gesicht, als Fee den Arm vorsichtig betastete.

      Dr. Steinhilber stand neben seinem Enkel und beobachtete die Bemühungen seiner ehemaligen Studentin.

      »Ist er gebrochen?«

      Julius riss die Augen auf.

      »Nächste Woche ist der Scooter-Contest. Da muss ich unbedingt mitmachen, sonst verliere ich meine Sponsoren.«

      »Sponsoren?« Fee zog eine Augenbraue hoch.

      »Julius hat wochenlang herumtelefoniert und Videos verschickt, um Sportartikelhersteller von seinem Talent zu überzeugen«, lieferte Emil Steinhilber die Antwort. »Sie haben ihn mit Kleidung und Schuhen unterstützt und wollen nun natürlich Erfolge sehen.«

      »Meine Güte, was es heutzutage alles gibt.« Felicitas konnte nur den Kopf schütteln. »Allerdings fürchte ich, dass sich die Sponsoren noch ein wenig gedulden müssen. Für Julius fällt der Wettbewerb nächste Woche leider aus.«

      Der junge Sportler zischte wie eine Schlange. Allerdings weniger wegen Fees Prognose, sondern vielmehr, weil sie seinen Arm vorsichtig hin und her drehte.

      »Hämatom mit starker Schwellung des Gelenks und Bewegungsunfähigkeit«, stellte sie schließlich fest. »Ich fürchte, wir haben es mit einer Olekranonfraktur zu tun.«

      Emil legte den Kopf schief und musterte Fee mit sichtlichem Wohlwollen.

      »Sieh mal einer an. Meine Studentin hat sich ganz schön gemausert.« Seine Stimme klang wie Sandpapier.

      »Der Ellenbruch an der Oberkante des Unterarms hat zum Glück auch wenig mit Mikrobiologie zu tun.« Lächelnd sah sie zu ihrem ehemaligen Dozenten hinüber. Noch immer konnte sie nicht glauben, dass er sich so wenig verändert hatte. Möglich, dass er mit den Falten um Augen und Mund und dem silbernen Haar noch besser aussah als früher. Schon damals hatten ihn die Studentinnen umschwärmt wie Wespen eine Sahnetorte. Da hatte sie keine Ausnahme gebildet. Schnell verscheuchte Felicitas diesen Gedanken. »Im Übrigen müssen Sie sich keine Sorgen machen. Das wird ein kleiner Eingriff. Mit bleibenden Schäden ist nicht zu rechnen.«

      »Das klingt doch gar nicht schlecht.« Dr. Steinhilber nickte seinem Enkel zu.

      »Gut. Dann nehme ich jetzt noch Blut für ein großes Blutbild ab. Im Anschluss lasse ich Julius zum Röntgen bringen.« Fee setzte sich auf einen Hocker und rollte zum Schrank hinüber.

      Dr. Steinhilber ließ sie nicht aus den Augen. Obwohl sie schon lange nicht mehr seine Studentin war, machte sein Blick sie nervös. Sie atmete tief durch, staute die Vene und wollte zustechen, als er sie unterbrach.

      »Wenn man die Nadel flach ansetzt, dann tut es am wenigstens weh.«

      »Genau das hatte ich gerade vor.« Ihre Stimme war spitz wie die Nadel in ihrer Hand.

      »Entschuldigen Sie, meine Liebe. Was Julius angeht, bin ich immer übervorsichtig.«

      Sofort hatte Felicitas ein schlechtes Gewissen. Emil Steinhilber hatte Sohn und Schwiegertochter bei einem Unfall verloren. Seine Frau hatte den Tod nicht verwunden und war den beiden nur zwei Jahre später gefolgt. Julius war das Einzige, das ihm geblieben war. Wie sollte er nicht übervorsichtig sein?

      Das Lächeln, das sie ihm schenkte, kam von Herzen.

      »Das ist doch nur natürlich«, sagte sie mit warmer Stimme, ehe sie sich endlich anschickte, ihr Vorhaben in die Tat umzusetzen.

      *

      »In Ordnung. Bitte halten Sie mich auf dem Laufenden«, sagte Dr. Norden in den Hörer. Mit einer geschickten Drehung wich er einem Krankentransport und einer Gruppe Besucher aus, die ihm auf dem Flur entgegenkamen. »Wir hören uns.« Er beendete das Telefonat und ließ das Mobiltelefon in der Kitteltasche verschwinden. Der Kittel umwehte seine Beine, als er in sein Büro abbog. Noch in der Tür blieb er wie angewurzelt stehen. Nach ihrem Urlaub sollte seine Assistentin Andrea Sander heute den ersten Tag wieder hier sein. Doch wer war die Fremde, die an ihrem Schreibtisch saß?

      »Was machen Sie hier?«

      Sie zuckte zusammen und wagte kaum, den Kopf zu heben. Selbst das Makeup konnte die Tränenspuren kaum verbergen.

      »Ist es so schlimm?«

      Daniel zögerte. Diese Stimme kannte er doch, wenngleich sie sonst selbstbewusst und fest war!

      »Um Gottes willen, Andrea! Was ist passiert? Sind sie in ein Wespennest gefallen? Das müssen wir sofort behan…«

      »Ich wusste, dass es ein Fehler ist zu kommen«, heulte sie auf. Neue Tränen machten alles noch schlimmer. »Aber ich kann ja schlecht den Rest meines Lebens Urlaub machen.« Eines nach dem anderen nahm sie die Papiertücher, die ihr Chef ihr reichte.

      Dr. Norden war überzeugt davon, dass Frauentränen

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