Mansfield Park. Jane Austen

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Mansfield Park - Jane Austen

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Mr. Crawford war der erste, der sich weiter entfernte, um die Möglichkeiten zu prüfen, die sich auf dieser Seite des Hauses boten. Der zu beiden Seiten von hohen Mauern begrenzte, mit Sträuchern und Blumen bepflanzte Rasenplatz ging zunächst in eine Spielwiese und daran anschließend in eine lange Promenade über, die terrassenartig über die tieferliegende «Wildnis» hinausgebaut war und durch einen Zaun aus spitzen Eisenstäben den Blick in ihre Baumkronen freigab. Der Ort war wie dazu geschaffen, um Kritik herauszufordern. Miss Bertram und Mr. Rushworth gesellten sich bald zu Mr. Crawford, und als nach einer Weile auch die anderen sich zu kleinen Gruppen vereinten, entdeckten Edmund, Miss Crawford und Fanny, die sich ebenso selbstverständlich zusammenzufinden schienen, das andere Dreiblatt in eifriger Beratung auf der Terrasse. Nachdem sie einen Augenblick an ihren Sorgen und Schwierigkeiten teilgenommen hatten, schlenderten sie weiter. Die drei letzten, Mrs. Rushworth, Mrs. Norris und Julia, befanden sich noch weit hinten, denn Julia, deren Glücksstern nun nicht mehr herrschte, sah sich gezwungen, an Mrs. Rushworths Seite zu bleiben und ihre ungeduldigen Füßchen dem langsamen Schritt der alten Dame anzupassen, während Mrs. Norris mit der Haushälterin, die gerade herauskam, um die Fasane zu füttern, ein hochinteressantes Gespräch angeknüpft hatte. Die arme Julia, die einzige der Gesellschaft, die mit ihrem Los nicht wenigstens leidlich zufrieden war, mußte jetzt Buße tun und glich ganz und gar nicht mehr der strahlenden Julia auf dem Kutschbock. Die strenge Pflicht der Höflichkeit, zu der sie erzogen war, machte es ihr unmöglich, ihrer langweiligen Gefährtin zu entfliehen, während der Mangel an jener höheren Art von Selbstbeherrschung, die auf menschlicher Rücksichtnahme, Kenntnis des eigenen Wesens und einem inneren Gefühl für das Rechte beruht und leider einen sehr unwesentlichen Teil ihrer Erziehung gebildet hatte, ihr das kleine Opfer zur Qual machte.

      «Nein, hier ist es unerträglich heiß», sagte Miss Crawford, als sie einmal die Terrasse auf und ab spaziert waren und sich jetzt zum zweitenmal der Tür in der Mitte des Eisenzaunes näherten, die in die «Wildnis» hinunterführte.

      «Hat jemand etwas dagegen, daß wir es uns gemütlicher machen? Dort unten wäre ein hübsches, schattiges Wäldchen, wenn man nur hineinkommen könnte. Wie schön, wenn die Tür nicht versperrt wäre! Das wird sie aber natürlich sein, denn auf diesen großartigen Herrensitzen sind die Gärtner die einzigen, die hingehen dürfen, wo sie Lust haben.»

      Die Tür war jedoch nicht verschlossen, und die beiden anderen stimmten freudig Miss Crawfords Vorschlag zu, der unerbittlichen Sonnenglut der Terrasse zu entfliehen. Über eine beträchtliche Anzahl von Stufen gelangten sie in die sogenannte Wildnis hinab, die in Wirklichkeit ein etwa zwei Morgen großer Wald war, der zwar hauptsächlich aus sorgfältig gestutzten Lärchen, Birken und Lorbeeren bestand und allzu regelmäßig angelegt war, aber im Vergleich zu der Schattenlosigkeit der Spielwiese und der Terrasse erquickende Kühle und Natürlichkeit atmete. Sie genossen dankbar die Erfrischung und gaben sich eine Weile lang nur ihrer Freude und Bewunderung hin, bis Miss Crawford nach kurzem Schweigen begann: «Sie werden also bald ein Pfarrherr sein, Mr. Bertram. Das ist für mich eine nicht geringe Überraschung.»

      «Was ist daran überraschend? Sie mußten ja annehmen, ich sei für irgendeinen Beruf bestimmt, und Sie konnten leicht merken, daß ich weder Jurist noch Offizier noch Seemann bin.»

      «Ja, richtig, aber – kurz gesagt, ich bin nicht auf die Idee gekommen. Und Sie wissen ja, gewöhnlich ist irgendein Onkel oder Großvater vorhanden, der dem zweiten Sohn sein Vermögen hinterläßt.»

      «Eine sehr löbliche Sitte», sagte Edmund, «aber leider nicht allgemein eingeführt. Ich gehöre zu den Ausnahmen und muß mir mein Brot selber verdienen.»

      «Aber warum gerade als Pfarrer? Ich dachte immer, das wäre das Los des Jüngsten unter vielen Brüdern, die ihm alle anderen Berufe weggeschnappt haben.»

      «Sie glauben also, daß die Kirche niemals um ihrer selbst willen gewählt wird?»

      «‹Niemals› ist ein düsteres Wort. Und doch – in dem Sinn, wie man es in der Konversation gebraucht, wo ‹niemals› ‹nicht sehr oft› bedeutet, glaube ich es wirklich. Was für Aussichten bietet die Kirche? Jeder Mann wünscht, sich auszuzeichnen, Ehren zu erringen, und das ist in jeder anderen Laufbahn möglich, nur nicht in der geistlichen. Ein Geistlicher ist gar nichts.»

      «Ich hoffe, das ‹nichts› der Konversation hat seine besonderen Nuancen so gut wie das ‹niemals›. Ein Geistlicher kann keinen äußeren Glanz entfalten, das stimmt. Er darf sich nicht an die Spitze eines Pöbelhaufens stellen oder neue Modetorheiten erfinden. Aber ich kann einen Stand nicht mit ‹nichts› bezeichnen, in dessen Obhut alles gegeben ist, was für den einzelnen wie für die ganze Menschheit, zeitlich wie ewig betrachtet, das Allerwichtigste ist – einen Stand, dem die Sorge um Religion und Moral anvertraut ist und damit auch um die Gesittung, die sich auf beide gründet. Das Amt des Geistlichen kann niemand als ‹nichts› ansehen. Wenn der Mann, der es auszufüllen hat, ‹nichts› ist, dann nur, weil er seine Pflicht vernachlässigt, weil er die wahre Bedeutung seines Berufs nicht erfaßt und die ihm gezogene Grenze überschreitet, um zu scheinen, was er nicht sein sollte.»

      «Sie schreiben dem Geistlichen einen größeren Einfluß zu, als man es gemeinhin tut, und ich begreife nicht recht warum. In der Gesellschaft merkt man nur sehr wenig von dem Einfluß und der Bedeutung, die Sie rühmen, und wie könnte es anders sein? Wie sollten zwei Predigten pro Woche – gesetzt sogar, daß sie hörenswert sind, weil der Herr Pfarrer den Verstand hat, die gedruckten Predigten von Blair seinem eigenen Machwerk vorzuziehen – wie sollten diese zwei Predigten all das bewirken, was Sie behaupten, wie können sie die Lebensführung und die Sitten einer großen Gemeinde für die ganze restliche Woche beeinflussen? Und außerhalb der Kanzel bekommt man den Pfarrer selten zu Gesicht.»

      «Sie sprechen von London, ich spreche von der Nation in ihrer Gesamtheit.»

      «Die Hauptstadt sollte doch ein halbwegs richtiges Bild vom übrigen Land geben.»

      «Nicht, was das Verhältnis von Tugend und Laster anbelangt – das will ich wenigstens hoffen. In puncto Moral stehen die großen Städte nicht an der Spitze, und der Einfluß der Geistlichen – wie übrigens aller anständigen Menschen – macht sich gerade dort am wenigsten bemerkbar. Ein glänzender Prediger findet Anhänger und Bewunderer, aber ein rechter Pfarrer dient seiner Gemeinde und der ganzen Umgegend nicht nur durch glänzende Predigten. Freilich muß die Gemeinde klein genug sein, daß sie ihn als Menschen kennen und seine ganze Lebensführung beobachten kann, und das eben ist in London selten der Fall. Dort verschwindet der Geistliche in der Masse seiner Pfarrkinder; die allermeisten kennen ihn nur als Prediger. Und was den Einfluß auf die allgemeinen Sitten betrifft, darf Miss Crawford mich nicht mißverstehen. Ich will damit nicht sagen, daß unsere Pfarrer in Fragen des feinen Geschmacks und des gesellschaftlichen Raffinements maßgebend sind oder der eleganten Welt als Zeremonienmeister dienen könnten. Wenn ich von Sitten spreche, so meine ich damit die Gesittung, die Lebensführung, die sich aus den richtigen Grundsätzen ergibt, kurz die Auswirkung jener Lehre, die zu verbreiten und zu vertreten die erste Pflicht des Geistlichen ist. Und ich glaube, wohin man auch kommt, wird man eines sehen: wo die Geistlichen so sind, wie sie sein sollen, ist es auch das übrige Volk, und wo sie nicht ihre Pflicht erfüllen, tun es auch die anderen nicht.»

      «Ganz bestimmt», sagte Fanny ernsthaft.

      «Da haben wir es!» rief Miss Crawford. «Miss Price haben Sie bereits überzeugt.»

      «Ich wollte, ich könnte auch Miss Crawford überzeugen.» «Ich glaube nicht, daß Ihnen das je gelingen wird», sagte sie mit schelmischem Lächeln. «Daß Sie die Absicht haben, Pfarrer zu werden, erstaunt mich noch immer genau so sehr wie im ersten Augenblick. Sie sind wirklich für etwas Besseres geschaffen. Kommen Sie, überlegen Sie sich die Sache noch einmal! Gehen Sie unter die Juristen.»

      «Gehen Sie unter die Juristen! Ganz einfach, als ob Sie mich

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