Dr. Daniel Paket 2 – Arztroman. Marie Francoise
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»Ich hatte keine Ahnung, daß Sie hinter dem Namen Krause stehen«, erwiderte Dr. Daniel. »Eigentlich bin ich gekommen, um mit Ihnen über Ihre Tochter zu sprechen.«
Verlegene Röte huschte über Hedwigs Gesicht, was Dr. Daniel natürlich bemerkte.
»Hat Conny etwas angestellt?« fragte sie, und ihre Stimme bebte dabei ein wenig. »Oder… war sie vielleicht bei Ihnen? Ich meine… sie ist jung und… und sie hat einen Freund…«
Dr. Daniel schüttelte den Kopf. »Nein, Frau Krause, darum geht es nicht. Es ist vielmehr…« Er atmete tief durch. »Ich würde Ihnen eine so indiskrete Frage niemals stellen, wenn es nicht um das Leben eines jungen Mannes ginge.« Wieder zögerte er kurz: »Ist Cornelia Ihre leibliche Tochter?«
Sekundenlang stand Hedwig wie erstarrt, dann brach sie in Tränen aus.
»Ich hätte es ihr sagen müssen, aber… ich wollte nicht, daß sie leidet… sie liebt mich so und… ich hatte Angst, daß sich das ändern könnte, wenn sie die Wahrheit erfährt.«
Impulsiv legte Dr. Daniel einen Arm um die bebenden Schultern der Frau und begleitete sie zu einem Sessel.
»Ich verstehe sehr gut, was in Ihnen vorgegangen ist, und normalerweise hätte das wohl nichts ausgemacht«, meinte Dr. Daniel in der ihm eigenen warmherzigen Art. »Cornelia wuchs in einer intakten Familie auf und wurde geliebt. Doch jetzt… Frau Krause, Sie wissen, daß Cornelia einen leiblichen Bruder hat – Franz, den besten Freund Ihres Sohnes.«
Hedwig nickte. »Dieter hat erzählt, wie krank er ist. Als ich es erfuhr, wollte ich Conny sagen, daß… nun ja, daß Franz ihr Bruder ist, aber Dieter hat gemeint, es wäre sinnlos, ihr das anzutun… ihr von einem Bruder zu erzählen, der doch in wenigen Wochen sterben wird.«
Dr. Daniel runzelte die Stirn. »Ihr Sohn weiß von dieser Adoption?«
Hedwig nickte. »Ich habe es ihm gesagt, als er achtzehn war.« Sie zuckte die Schultern. »Er liebt Conny, aber irgendwie hat er wohl gemerkt, daß sie nicht wirklich seine Schwester ist. Vielleicht hat er auch…« Sie winkte ab. »Das ist jetzt alles uninteressant.«
Für Dr. Daniel war es das durchaus nicht, und er war überzeugt davon, daß er dieser Sache noch näher nachgehen würde, doch jetzt ging es in der Tat erst mal um Wichtigeres.
»Franz Baumgartner hat nur eine Überlebenschance«, fuhr Dr. Daniel fort, »nämlich eine Knochenmarktransplantation, und der einzige Mensch, der als Spender in Frage kommt, ist seine Schwester.«
Hedwig erschrak, dann schüttelte sie den Kopf. »Ich setzte Conny keiner Gefahr aus.«
»Für Cornelia ist es nicht gefährlich«, versicherte Dr. Daniel. »Sie muß nur ihr Blut untersuchen lassen, damit festgestellt werden kann, ob ihr Gewebetyp dem ihres Bruders ähnlich ist. Sollte das der Fall sein, erfolgt ein kleiner Eingriff, von dem sie sich schnell wieder erholen wird. Für ihren Bruder könnte das aber ein zweites Leben bedeuten.«
»Was ist mit Dieter?«
Erschrocken blickten Dr. Daniel und Hedwig Krause auf. Cornelia stand in der geöffneten Tür, und es war klar, daß sie die letzten Worte gehört hatte. Dr. Daniel sah Hedwig an, doch sie schüttelte den Kopf.
»Ich kann es nicht«, flüsterte sie.
Da stand Dr. Daniel auf und ging zu dem jungen Mädchen. Fürsorglich nahm er es beim Arm.
»Bitte, setzen Sie sich. Ihre Mutter hat Ihnen etwas sehr Wichtiges zu sagen.« Dann wandte er sich Hedwig zu und fügte leise hinzu: »Die Wahrheit kann der Liebe nichts anhaben, nur Lügen können sie zerstören.«
*
Völlig apathisch lag Franz Baumgartner im Bett. Seit zwei Tagen hatte er große Schmerzen, und er wußte, daß das der Anfang vom Ende war… einem unvermeidlichen Ende.
Vor wenigen Stunden hatte Annemarie angerufen und gesagt, daß sie stationär in der Waldsee-Klinik lag und das Bett nicht verlassen dürfe, um ihr Baby nicht zu gefährden. Die drohende Fehlgeburt war nur um Haaresbreite verhindert worden. Annemarie hatte auch gesagt, daß sich Dr. Daniel um ihre Verlegung in die Thiersch-Klinik bemühen wolle, doch Franz hatte das Gefühl, als würde Annemarie nicht mehr rechtzeitig hierherkommen. Er würde dazu verurteilt sein, allein zu sterben.
In diesem Moment klopfte es zaghaft an seiner Zimmertür, dann trat ein hübsches junges Mädchen ein. Franz richtete sich ein wenig auf.
»Conny.« Er war sichtlich überrascht, die Schwester seines besten Freundes zu sehen. »Du besuchst mich?«
Mit ernstem Gesicht trat sie an sein Bett, dann griff sie nach seiner Hand.
»Franzl«, flüsterte sie. »Mutti… sie hat mir alles erzählt…«
Verständnislos runzelte Franz die Stirn. »Was hat sie dir erzählt?«
Sehr sanft berührte Cornelia sein schmales, blasses Gesicht. »Unsere Mutter konnte uns nicht ernähren, deshalb hat sie mich weggegeben und dir gesagt, ich wäre gestorben.« Sie beugte sich über ihn und küßte seine Wange. »Franzl, ich bin in Wahrheit nicht Dieters Schwester, sondern deine.«
»Meine…«, stammelte Franz. »Conny… das ist… o mein Gott…«
Sanft legten sich ihre Hände um sein Gesicht, dann lächelte sie.
»Jetzt wird alles wieder gut«, versprach sie leise. »Professor Thiersch hat den Test schon gemacht. Ich werde dir das Knochenmark spenden, das du brauchst, um gesund zu werden. Du wirst leben, Franzl…«
*
Die Sprechstunde bei Dr. Daniel war zu Ende, doch er saß noch am Schreibtisch, um ein paar Dinge aufzuarbeiten, die den ganzen Tag über liegengeblieben waren. Ein leises Klopfen an der Tür schreckte ihn auf.
»Ja, bitte!« rief er.
Mit einem glücklichen Lächeln auf den Lippen traten Franz Baumgartner, seine Verlobte Annemarie und seine Schwester Cornelia ein.
»Wir hätten es nicht gewagt, Sie so zu überfallen«, verwahrte sich Franz sofort. »Aber Ihre Frau hat gemeint, Sie würden sich freuen.«
Rasch kam Dr. Daniel um seinen Schreibtisch herum. »Und wie ich mich freue! Seit wann sind Sie nicht mehr in der Klinik?«
»Ich wurde heute entlassen«, antwortete Franz. »Professor Thiersch sagt, ich wäre gesund, und da meine Annemie jetzt auch nicht mehr die ganze Zeit im Bett liegen muß, haben sie und Conny mich abgeholt.«
Dr. Daniel betrachtete das glückliche Trio. »Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie froh ich bin, daß alles so gut ausgegangen ist.« Er drohte Franz und Annemarie mit dem Finger. »Aber muten Sie sich ja noch nicht zuviel zu.«
»Keine Sorge, Herr Doktor, ich werde auf die beiden gut aufpassen«, versprach Cornelia, schmiegte sich kurz an ihren Bruder und fuhr dann fort: »Bis zur Geburt von Annemaries Baby ziehe ich zu ihr, damit sie sich nicht überanstrengt. Und Mutti wird sich um Franz kümmern.« Ihr Gesicht wurde ernst. »Sie hat ja jetzt niemand mehr, weil Dieter doch im Gefängnis sitzt.«
Dr.