Mami Bestseller Staffel 3 – Familienroman. Jutta von Kampen
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»Ich dachte, vielleicht magst du nicht gern allein sein.«
»Und du hast die ganze Zeit hier still gesessen?«
Veronika nickte.
Urte Söhrens war gerührt. Dieses Kind mit den Vergißmeinnichtaugen machte einen seltsam verlorenen Eindruck. Auch sie, Urte, fühlte sich verloren. Vielleicht fühlten sie sich deshalb zueinander hingezogen.
»Ist deine Mutti auch hier?« fragte sie das Kind.
Heftiges Kopfschütteln. Die ungekämmten Locken tanzten um das kleine runde Gesicht. »Ich hab’ gar keine Mutti! Nur einen Opa.«
»Ach du liebe Güte!« Unwillkürlich beugte Urte sich nach vorn und strich zärtlich über das blonde Köpfchen und über die Wange. »Wollen wir in die Stadt gehen und ein Eis essen?«
Veronikas Augen leuchteten auf. »Hast du denn so viel Geld?«
»Ich denke, für uns beide wird es reichen!« Urte erhob sich und holte einen kleinen Spiegel aus ihrer Handtasche. Mit raschen geschickten Griffen richtete sie ihr langes seidiges Haar.
»Dein Haar ist auch ordentlich verzottelt, Ika. Komm mal näher.«
Veronika fürchtete sich stets vor dem Kämmen. Es ziepte immer fürchterlich. Erstaunlicherweise merkte sie unter der leichten Hand der Frau kaum etwas und wurde noch gelobt, weil sie so schön still hielt. Daß sie gelobt wurde – das war etwas ganz Neues für das kleine Mädchen.
In der Haustür erschien die Wirtin.
»Ich nehme die Kleine mit in die Stadt, falls ihr Opa fragen sollte«, erklärte Urte. »Bitte, richten Sie es dem Herrn Professor aus, Frau Eckstein.«
»Ist recht, Fräulein Söhrens. Der Herr Professor hat bestimmt nichts dagegen. Ich verstehe gar nicht, daß die Mutter das Kind allein bei dem alten Herrn läßt.«
»Ika hat mir erzählt, daß sie nur den Opa hat, keine Mutti. – Aber einen Vater hast du doch auch?« wandte sich Urte vorsichtig an das Kind.
Veronika schüttelte heftig den Kopf.
Die Wirtin schlug die Hände zusammen. »Dann sollst du wohl für immer bei deinem Opa bleiben? Na, was das wohl wird! So ein Kind muß doch zu seinem Recht kommen! Der Herr Professor vergißt das Essen und das Trinken. Seine Gedanken schweben ja immer im siebenten Himmel. Und jetzt das Kind!«
»Wir gehen erst einmal Eis essen!« sagte Urte rasch.
An der Hand der jungen Frau fand Veronika die Straßen der alten Stadt noch viel schöner und aufregender. Sie hatte plötzlich das Gefühl, beschützt zu sein. Es gab einen Menschen, der für sie da war. Auch das war etwas ganz Neues und Außerordentliches für das kleine Mädchen. Selbst eine nette Tante mußte sie im Heim mit so vielen anderen teilen! Hier war nun jemand, der Zeit hatte und noch viel netter und hübscher war als die Tanten. Veronika war sehr stolz darauf, an der Hand der jungen Frau gehen zu dürfen. »Tante…«
»Ach, sag doch einfach Urte zu mir, Ika.«
»Urte… Urte, darf ich dich jeden Tag besuchen kommen?«
»Aber natürlich! Ich würde mich freuen. Bei deinem Opa im Schlößchen langweilst du dich doch sicher.«
»Ja. Ich spiel’ immer mit dem
Teddy. Aber bei dir bin ich noch lieber.«
»So ein nettes Kompliment habe ich ja lange nicht mehr bekommen!«
Urtes Augen verdunkelten sich. Sie dachte an die Zeit des Schmerzes und der Einsamkeit, die ihr endlos vorkam. Waren wirklich erst ein paar Wochen vergangen, seit sie den niederschmetternden Brief von Dirk bekommen hatte?
Sie hatte an die große, die einmalige Liebe geglaubt.
Für den geliebten Mann aber war es anscheinend nur ein unbedeutender Flirt gewesen. Ein banaler Brief war der Schlußpunkt. Es ist besser, wenn wir uns trennen – so hatte er geschrieben. Keine großen Erklärungen…«
Heiß stieg die Scham in Urte hoch – wie immer, wenn sie daran dachte, wie rückhaltlos sie ihn geliebt hatte. Sie neigte ein wenig zur Melancholie, und es war gerade die leichte Art, die unbekümmerte Fröhlichkeit, die sie an Dirk so fasziniert hatte. Aber diese leichte Art war es auch, die aus dem Abschiedsbrief sprach!
Urte fühlte sich tief verwundet, und sie hatte sich aus dem Norden in den Süden geflüchtet, um genügend Raum zwischen sich und den Mann zu legen.
Sie fürchtete sich vor einer zufälligen Begegnung. Sie fürchtete sich vor dem unbekümmerten Lächeln des Mannes. Im Geist hörte sie ihn sagen: Urte, du mußt dir abgewöhnen, aus allem ein Drama zu machen!
Ein Drama… Für sie war es eine Katastrophe gewesen. Noch immer schlug sie sich mit dem bitteren Schmerz herum und verkroch sich hier in der Stille wie ein waidwundes Wild.
Impulsiv drückte Urte die kleine Hand des Kindes. Die Gegenwart des Mädchens würde ihr guttun. Ihr blieb nicht mehr so viel Zeit zu grübeln.
Jetzt erst kam es Urte zum Bewußtsein, daß sie vor einem Schaufenster standen. Mit verlangenden Augen starrte Ika durch die Scheibe.
»Was gefällt dir denn so besonders?« erkundigte sich Urte.
»Der Teddybär!« kam es atemlos und wie aus der Pistole geschossen.
»Hast du denn keinen?«
Heftiges Kopfschütteln. »Ich habe überhaupt kein Spielzeug.«
»Das ist aber seltsam. Ach, du meinst sicher, du hast hier bei deinem Opa keine Spielsachen.«
Veronika dachte an den abgeschabten Teddybär im Kinderheim und schwieg.
Wenig später hielt Ika den Teddy im Arm und konnte gar nicht begreifen, daß er ihr gehören sollte. »Mir ganz allein?« fragte sie ungläubig.
»Ich bin doch wohl schon zu alt, um noch damit zu spielen?« lachte Urte. »Meinst du nicht auch?« Sie fuhr dem Kind zärtlich über das Haar.
Veronika nickte und preßte das Plüschtier krampfhaft an sich, als fürchte sie, es könnte ihr doch wieder entrissen werden.
*
Am Abend dieses ereignisreichen Tages bummelte Veronika wieder zum Toppler-Schlößchen. Sie war zutiefst erschrocken, als sie die Haustür verschlossen fand.
Die Sonne verschwand bereits hinter den Hügeln.
»Der Opa kommt sicher bald!« tröstete Veronika sich und den Teddybären, den sie im Arm hielt.
Es dauerte nicht lange und der alte Gelehrte tauchte an der Wegbiegung auf. »Da bist du ja wieder!« begrüßte er das kleine Mädchen erfreut.
Veronika hielt ihm strahlend ihren Teddy entgegen.
»Ist der