Mami Bestseller Staffel 3 – Familienroman. Jutta von Kampen

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Mami Bestseller Staffel 3 – Familienroman - Jutta von Kampen Mami Bestseller Staffel

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hast!«

      Die Wirtin stand in der Küche vor den dampfenden Töpfen und stemmte vor Überraschung die Hände in die Hüften. »Na also, warum nicht gleich so! Du warst also beim Opa?«

      »Nein, das hat Urte mir mitgebracht!«

      »Soviel möchte ich auch mal geschenkt bekommen! Jeden Tag etwas Neues.«

      Veronika strahlte, und Urte, die hinter dem Kind auftauchte, sagte lächelnd: »Nur arme Waisenkinder bekommen so viele Geschenke.«

      Veronika entschwand. So glücklich wie in diesen Tagen war sie in ihrem ganzen Leben nicht gewesen.

      Mit wachsender Furcht dachte sie an das Kinderheim. Sie war fest entschlossen, keinem Menschen zu verraten, wo sie hergekommen war.

      *

      Ein attraktives Paar schlenderte über den Rothenburger Marktplatz.

      Der junge Mann war groß und schlank. Lose und wellig zog sich sein schwarzbraunes Haar bis tief in den Nacken. In seinen Augen schwelte ein feuriger Glanz.

      Das Mädchen neben ihm war nur wenig kleiner als er. Auf überlangen Beinen bewegte sie sich mit unnachahmlicher Eleganz über das Kopfsteinpflaster. Ihr schwarzes Haar war im Nacken zu einem mächtigen Knoten verschlungen und gab die ebenmäßigen Linien ihres schlanken Halses frei. In den Ohren trug sie riesige, apart ziselierte Goldgehänge. Das Gesicht war von einer vollendeten, klassischen Schönheit.

      »Eigentlich müßte ich jetzt erst einmal meinen Vater besuchen!«, meinte der junge Mann. »Er hat sich diesen Sommer im Toppler-Schlöß­chen eingemietet.«

      »Ich kenne das Schlößchen«, erwiderte das Mädchen mit samtdunkler Stimme. »Es ist zwar recht romantisch, aber meinen Urlaub möchte ich dort nicht verbringen. Es hat nicht den geringsten Komfort. Das wäre doch auch nichts für dich, nicht wahr, H.G.B.?«

      Hans-Günther Buss warf seiner Begleiterin einen raschen Seitenblick zu. »Vater macht dort nicht Urlaub, sondern er arbeitet. Er denkt über die Geheimnisse der Natur nach und schreibt ein Buch.«

      »Wir werden ihn ein andermal besuchen!«

      »Ich wollte eigentlich allein hingehen, Toska«, erwiderte Hans-Günt­her Buss. »Weißt du, Vater ist ein bißchen sonderbar. Er lernt nicht gern fremde Leute kennen.«

      Toska von Tersky zog die Augen schmal. Die angeklebten überlangen Wimpern zitterten leicht.

      »Ich werde für deinen Vater ja nicht immer eine Fremde bleiben«, sagte sie betont langsam.

      Hans-Günther Buss blickte starr geradeaus. Die Hand des Mädchens, eine rassige Hand mit langen hellrot gelackten Nägeln, preßte sich um seinen Arm.

      »Ich meine, dein Vater ist doch nicht gerade ein Einsiedler!« Der Samt in der Stimme hatte sich in Metall verwandelt.

      Irgendwo schlug eine Uhr. Die Sommerhitze brütete zwischen den Häuserwänden. Die Luft flimmerte.

      »Ich schlage vor«, sagte Toska von Tersky bedeutungsvoll, »wir gehen erst einmal ins Hotel und machen uns ein wenig frisch.«

      Der Mann nickte zustimmend, und sie steuerten das Hotel »Eisenhut« an. An der Rezeption empfingen sie ihre Schlüssel.

      Hans-Günther fühlte sich sofort wieder von der zauberhaften Atmosphäre Rothenburgs gefangengenommen. Wie in der Stadt, so glaubte er sich auch in diesem berühmten Hotel in ein anderes Zeitalter versetzt.

      Die beiden Zimmer, die Toska und er bewohnten, lagen nebeneinander. Als sie sich voneinander trennten, zögerte das Mädchen sichtlich. In ihrem Blick lag eine unmißverständliche Lockung. Doch Hans-Günther tat so, als bemerkte er nichts.

      »Bis später, Toska.« Dann trat er in sein Zimmer. Gedankenverloren ließ er sich in einen Barocksessel sinken. Er dachte nach. Er überlegte, warum er Toska von Tersky nicht hundertprozentig bejahen konnte. Sie entstammte einem uralten Adelsgeschlecht und war gleichzeitig eine selbstbewußte, moderne junge Frau. Sie sah phantastisch aus. Man würde ihn um dieses Mädchen beneiden.

      Auf sehr dezente Art hatte ihm

      Toska bisher zu verstehen gegeben, daß er ihr etwas bedeute und sie nicht nur berufliche Interessen verbanden.

      Hans-Günther dachte an seinen Vater. Was der wohl dazu sagen würde, wenn er ihm eine Toska von Tersky als Schwiegertochter vorstellte? Wahrscheinlich würde der alte Herr verständnislos den Kopf schütteln. – Eine Luxuspuppe, mein Junge, aber keine Frau zum heiraten…

      Obwohl sie in zwei völlig verschiedenen Welten lebten, mochte Hans-Günther Buss seinen Vater, und der hatte sich oft nach dem Urteil seines alten Herrn gerichtet – obgleich der Vater davon nichts ahnte.

      Ein leises Klopfen an der Tür schreckte den Mann aus seinen Gedanken.

      »Ja, bitte.«

      Die Tür ging auf, und Toska trat ein, in jeder Hand ein hohes, vom Eishauch beschlagenes Whiskyglas. Eines davon reichte Toska dem Mann nun schweigend.

      Hans-Günther ließ seinen Blick über die Erscheinung des Mädchens gleiten. Sie trug ein schlicht geschnittenes cremefarbenes Sommerkleid, dem ein Laie nicht ansah, daß es aus einem der teuersten Pariser Modehäuser stammte. Um ihre zerbrechlich wirkende Taille spannte sich ein zehn Zentimeter breiter Gürtel aus burgunderrotem Lack.

      Hans-Günther spürte, wie ihn eine prickelnde Erregung durchströmte. Unwillkürlich spannte sich seine Hand fester um das hohe Glas.

      Durch die halbzugezogenen Fenstervorhänge fiel ein Streifen gleißenden Sonnenlichts. Die Wärme des Sommers vermischte sich mit der gedämpften Atmosphäre des Zimmers. Die Luft schien plötzlich elektrisch geladen zu sein.

      Toska stellte ihr Glas ab und näherte sich dem Mann mit langsamen, fast trägen Schritten. Sie legte die nackten gebräunten Arme um seinen Nacken und sah ihm tief in die Augen. Ihre schweigenden Lippen wirkten wie eine große exotische Blüte – wie die herausfordernde Blüte einer fleischfressenden Pflanze.

      Hans-Günther konnte nicht widerstehen. Er küßte das Mädchen. Er spürte diesen weichen Mund, der sich von einem Augenblick zum anderen in ein glühendheißes Feuermal verwandelte. Diese Leidenschaft war es, die in dem Mann ein Warnsignal auslöste.

      Er fürchtete, daß es kein Zurück mehr geben würde, wenn er sich jetzt hinreißen ließ.

      Unmerklich schob er das schwarzhaarige Mädchen zurück. Doch Toska dachte nicht daran, die Lippen von seinem Mund zu lösen. Wie eine Verdurstende trank sie den Kuß.

      Dann aber wich sie ruckartig zurück. In ihren verschleierten Augen stand eine mühsam unterdrückte Wut.

      Obwohl Toska von Tersky sich sehr zu beherrschen versuchte, schwang in ihrer Stimme wieder der metallische Unterton, als sie sagte: »Man wundert sich, daß ein Eisberg an einem so heißen Sommertag nicht schmilzt.«

      Hans-Günther Buss antwortete nicht. Er fühlte sich von den widerstreitendsten Empfindungen hin und her gerissen. Er wußte, daß er an einem Kreuzweg stand. Wie sollte er sich entscheiden? Sollte er der Stimme seines Blutes folgen? Oder der kühlen Vernunft? Ratlos musterte der Mann das hinreißende Mädchen…

      *

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