Toni der Hüttenwirt Paket 2 – Heimatroman. Friederike von Buchner
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»Wie schön die Aussicht ist, Toni! Die Luft ist heute besonders klar. Obwohl ich den schönen Weitblick jeden Tag genießen kann, erfreue ich mich immer wieder daran aufs Neue.«
»Ja, die schöne Natur, welch herrliches Gottesgeschenk! Ich bin dankbar, daß wir, du und ich, auf der Berghütte sein dürfen. Wir können unseren Traum hier leben.«
»Ja, Toni! Es ist wirklich ein Traum, so hoch oben mitten in den Bergen zu leben. Laß mich dir noch einmal sagen, wie glücklich ich mit dir bin!«
Toni schaute Anna in die Augen. Dann näherten sich ihre Lippen und sie küßten sich wie ein junges Paar, dabei waren sie jetzt schon einige Jahre Mann und Frau.
»Ich liebe dich, Anna! Ich bin sehr glücklich mit dir! Ein besseres Madl hätte ich net finden können, dabei bist net aus den Bergen. Du, das vergesse ich oft! Du bist eine richtige Berglerin geworden!«
Anna kuschelte sich an ihren Mann.
»Das macht die Liebe! Sie fügt alles zusammen. Ich spürte es ganz deutlich! Als ich das erste Mal mit dir dort den Weg von der Oberländer Alm herauf kam und einen Blick auf die Berghütte warf, wußte ich es: Das ist es, was ich gesucht habe. Es war, als käme ich heim! Eine Ruhe und eine Gelassenheit, eine wunderbare Zuversicht ergriffen mein Herz. Ich fühlte mich so geborgen inmitten der Berge. Es war, als schirmten die kahlen hohen Felswände alles ab, was draußen in der Welt geschieht und die Herzen der Menschen betrüben kann. Alle Hektik, jeder Streß löste sich in Luft auf, einfach in Luft auf. Es war, als wäre ich am Ende eines langen Weges angekommen, das Ziel vor Augen. Dabei war es dein Ziel, dein Traum. Aber er sprang auf mein Herz über.«
»Das macht die Liebe! Unsere Herzen verband die Liebe, auch wenn es noch unausgesprochen war. Es war ein Band da, das dein Herz und mein Herz fest miteinander verknüpfte.«
»Ja, so war es! Jeden Morgen, wenn wir hier sitzen und so eine kleine gemeinsame Pause machen, bin ich ergriffen. Ich bin so glücklich, daß es dafür keine Worte in keiner Sprache gibt.«
»Wie wäre es mit einem wortlosen, lautlosen Kuß?«
»Ja, so ein Kuß sagt so viel, mehr als zwei Menschen sich jemals sagen können. Bei einem Kuß verschmelzen ihre Herzen immer wieder aufs Neue.«
»Ja, Anna, das tun sie!«
Toni neigte den Kopf und küßte Anna. Vergessen war all die Mühe und Arbeit, die das Leben auf der Berghütte auch bedeutete. Beide schöpften in der Liebe neue Kraft.
»Mei, was muß die Liebe schön sein!« sagte der alte Alois.
Toni und Anna kannten die Bemerkung schon. Sie nahmen es ihm nicht übel.
»Ich hoffe, du hast einen guten Grund, uns beim Schmusen zu stören, Alois«, konterte Toni.
»Mei, du weißt, daß ich nicht stören will. Es ist eben meine Art, meine Freude auszudrücken, daß ihr die Berghütte übernommen habt. Immer wenn ich euch so sehe, dann denke ich an mich und meine liebe Frau, wie das mit uns gewesen ist, damals vor Jahrzehnten. Da war es auch nicht anders.«
Alois wiegte den Kopf hin und her.
»Doch ein bissel anders, des war es schon. Es kamen längst net so viele Leut’ rauf auf die Berghütte. Des waren alles einfache, aber leidenschaftliche Bergsteiger, die Ehrfurcht vor der Natur im Herzen trugen. Damals, da gab es noch keine moderne Ausrüstung, da hat’s genagelte Schuhe gegeben, Pickel, geschmiedete Haken und schöne Naturseile. Die Rucksäcke waren aus grünem oder grauem Leinen gewesen mit einem Lederbesatz. Die Trinkflaschen waren net aus Plastik oder Aluminium, sondern aus Blech. Oder es waren Beutel aus Tierhaut.«
Toni und Anna lächelten sich zu. Sie kannten Alois Lobrede auf die alten Zeiten schon auswendig. Sie wußten, daß sich der alte Freund und Gönner so die Erinnerung wach hielt.
»Ich will net sagen, daß damals alles besser gewesen ist. Na, des will ich net. Wir waren oft sehr einsam auf der Berghütte. Damals gab es noch keine Handys, mit denen man hätte schnell mal die Bergwacht anrufen können. Ich will net ganz des neumodische Zeug verteufeln, aber ein Stückerl Idylle und ein bissel Ehrfurcht vor der Natur sind in den modernen Zeiten schon abhanden gekommen. Deshalb bin ich ja auch so froh, daß ihr beide die Berghütte in alter Tradition weiterführt, wenn auch mit ein paar Neuerungen. Aber die müssen wohl sein und des ist auch gut so. Ich bin dem Himmel dankbar, daß du, Toni, net zu denen gehören tust, die eine Straße hier herauf bauen wollen.«
Der alte Alois schüttelte den Kopf. Mit großer, weit ausholender Handbewegung zeigte er auf das Geröllfeld.
»Wie des ausschauen würde, wenn da lauter Autos parken würden. Des würde mir in der Seele weh tun. Die ganze Aussicht wäre verschandelt. Bist schon richtig, Toni. Hast Respekt vor den Bergen und der Natur. Des hast schon immer gehabt, schon als kleiner Bub, als raufgekommen bist.«
Toni stand auf und trat zu Alois. Er legte dem alten gebeugt gehenden Mann liebevoll die Hand auf die Schulter. Dann sagte er ihm, was er ihm nach einer solchen Litanei immer sagte:
»Alois! Hier wird nie eine Straße raufgebaut! Des habe ich dir versprochen und des halte ich – und die Anna steht auch für des Versprechen ein. Wenn du eines Tages mal nimmer bist und ich die Berghütte weitergebe, dann wird es auch keine Straße rauf geben. Des habe ich dir versprochen und des werde ich halten.«
Alois blinzelte Toni zu.
»Bist ein guter Bursche! Mei, ich weiß des alles ja! Aber es ist immer wieder schön, es von dir zu hören. Mein Herz hängt an dem Stückerl Erde hier.«
Anna schloß den alten Alois in die Arme.
»Bist uns doch ans Herz gewachsen wie ein Großvater! Gehörst doch zur Familie. Mußt dir wirklich keine Sorgen machen.«
Der alte Alois streichelte Anna mit seinen alten rauhen Händen die Wange.
»Danke! Bist auch wie eine Tochter für mich oder wie eine Enkelin. Beides ist mir nie vergönnt gewesen, bis du gekommen bist.«
Alois schneuzte sich in sein Taschentuch.
Toni und Anna warfen sich Blicke zu. Irgend etwas schien dem alten Alois nahegegangen zu sein.
»Sag, Alois, macht dir etwas Kummer? Grübelst du über etwas?«
Der Alte steckte sein Taschentuch in die ausgebeulte Hose aus grauem derbem Loden.
»Ich habe die letzten Wochen viel nachgedacht. Des ist in dem Alter so, in dem ich bin, daß immer weniger von dem Jahrgang übrigbleiben. Jetzt sind wir nur noch zwei mehr, als ich Finger an einer Hand habe. Dabei weiß ich des net so genau. Seit der Bernreither Hans auf dem Got-tesacker ruht, da muß ich immer an ihn denken. Der geht mir net aus dem Kopf. Das heißt, eigentlich ist es mehr sein Bruder Willi, der damals fort ist. Ist schon Jahrzehnte her, daß ich etwas von ihm gehört hab’. Ich frage mich, ob er noch lebt. Er war mein Freund, ein wahrer Freund. Ein Freund, wie man ihn nur einmal hat.